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Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Titel: Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)
Autoren: Hubert Wolf
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Luisa, selbst zu handeln. Agnese Celeste beobachtete, wie sie vor der Zelle Katharinas «in ihren Ausschnitt fasste und etwas hervorzog», das sie in den Brei mischte, der für die Fürstin bestimmt war.[ 25 ] Katharina aß den Brei, der bei ihr offensichtlich Unwohlsein auslöste. Im Verlauf des Donnerstagmorgens, des 9. Dezember, verlangte sie deshalb nach einer Tasse Schwarztee, der ihr auch umgehend gebracht wurde. Doch ihr wurde davon nicht besser. Im Gegenteil: Der Tee löste heftige Magenschmerzen, Schwindel und Erbrechen aus.
    Die Übelkeit dürfte auf die Versetzung des Tees mit Brechweinstein zurückgehen. Die Krankenschwester und Apothekerin von Sant’Ambrogio, Schwester Maria Giuseppa, berichtete dem Inquisitor, dass die Novizenmeisterin sie um Brechweinstein gebeten habe. Sie zeigte ihr ein Fläschchen davon und sprach die eindringliche Warnung aus: «Ein kleiner Tropfen genügt, um heftigen Brechreiz auszulösen.»[ 26 ]
    Brechweinstein enthält Antimon, das in die gleiche chemische Gruppe wie Arsen gehört. Antimonyl-Kaliumtartrat schmeckt widerlich süß, danach ekelhaft und löst einen fürchterlichen, unstillbaren Brechreiz aus. In niedrigen Dosen wurde es im 19. Jahrhundert zur Schleimlösung bei Husten verwendet. Die tolerierte Tagesdosis beträgt maximal 0,5 Gramm, höhere Dosen führen zu einer Entzündung des Magens und des Darms mit heftigem Erbrechen und Durchfällen sowie einer Zerstörung der Darmschleimhaut.
    Katharina muss an diesem Donnerstag hundeelend gewesen sein, worüber Maria Luisa ihre Freude nicht zurückhalten konnte. Die damals noch kranke Maria Giacinta berichtete, die Novizenmeisterin sei äußerst fröhlich zu ihr gekommen und habe gesagt:[ 27 ] «Wisst Ihr? Der Prinzessin kommen schon die Schmerzen.»
    Maria Giacinta berichtete weiter: «Später traf ich Maria Ignazia, und auf die Frage nach der Gesundheit der Prinzessin antwortete sie scharf: ‹Ja. Es geht ihr schlecht. Sie liegt misstrauisch im Bett mit offenen Augen, wie ein Henker. Sie möchte weder Medizin noch Kamillentee zu sich nehmen und von dem Essen probiert sie kaum etwas und lässt es wieder zurückgehen, da sie vermutet, vergiftet zu werden. ›
    Ich erwiderte vollkommen verwundert: ‹Ja sind wir denn bei der Macchia della Faiola?›»
    Durch die Nennung dieser Ortschaft spielte Giacinta auf einen sprichwörtlich gewordenen Versammlungsort der Briganti, der italienischen Räuberbanden an, die im 19. Jahrhundert von sich reden machten.[ 28 ] So unglaublich klang für Maria Giacinta die Vergiftungsgeschichte.
    Maria Luisa wollte aber auf Nummer sicher gehen, die Wirkung des zerstoßenen Glases und des Brechweinsteins reichte ihr nicht aus. Deshalb wandte sie sich im Verlauf des Tages an Agnese Celeste und schuf sich damit eine neue Mitwisserin. Über dieses Gespräch berichtete die Novizin dem Inquisitor ausführlich:[ 29 ]
    «Abends kam die Meisterin in mein Zimmer, verschloss die Tür und sagte zu mir, sie müsse mich was fragen. Ich solle das aber um Himmels willen geheim halten, besonders vor Maria Giacinta und dem Pater Peters. Ich versprach es, und sie fragte mich: ‹Da Sie Tochter eines Chirurgen sind, können Sie mir sagen, was man benötigt, um eine Person durch Gift zu töten. Man sollte aber die Ursache nicht herausfinden können. Also, dass die Leiche sich etwa nicht aufbläht.›
    Bevor ich antwortete, fragte ich sie: ‹Meisterin, Sie haben es auch mit Glas versucht, das Sie letzten Abend zerbrochen haben?›
    Sie erwiderte: ‹Ach! Das Glas richtet nichts aus.›
    Ich: ‹Sinkt das Glas etwa auf den Grund?›
    Sie: ‹Ja, das Glas sinkt hinab.›
    Ich: ‹Und wenn man es feiner mahlt und gut im Brei verteilt?›
    Sie: ‹Haben wir versucht, aber es sinkt dennoch ab.›»
    Und Agnese Celeste fuhr fort: «Aber obwohl ich vermutete, dass dieses Gespräch darauf abzielte, die Prinzessin zu vergiften, sagte mir die Meisterin: ‹Denken Sie sich nichts dabei, weil eine Oberin viele Gründe haben kann, solche Fragen zu stellen.›
    Daraufhin antwortete ich auf ihre Frage, dass eine große Menge Opium zum Tode führen kann. So hatte ich es anlässlich einer Erkrankung meiner Schwester gehört. Auf Nachfrage der Meisterin fügte ich hinzu, dass das Opium schwarz war. Auf ihre Frage nach der genauen tödlichen Menge antwortete ich: ‹Meistens verabreicht man eine geringe Menge als Heilmittel, aber erhöht man die Menge ein klein wenig, kann sie auch zum Tod führen.›
    Ich erinnerte sie daran,
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