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Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)

Titel: Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)
Autoren: Hubert Wolf
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Diese rief aus: «Das ist Verrat! Das hier ist kein Rizinusöl. Bringt mir einen Löffel, ich will es probieren.» Das restliche Öl am Boden des Fläschchens schmeckte eindeutig nicht wie Rizinusöl. Deshalb befahl die Äbtissin Giuseppa Maria, das Fläschchen zu einem Apotheker außerhalb des Klosters zu bringen, um eine genaue Analyse des Inhalts durchzuführen. Diese machte sich umgehend auf den Weg, Maria Luisa holte sie aber vor dem Tor ein, nahm ihr das Fläschchen weg und sagte nur: «Man hat der armen Frau ranziges Öl gegeben.»
    Eine Nonne, die der Prinzessin wegen der «körperlichen Bedürfnisse aufgrund des eingenommenen Rizinusöls» beistand, berichtete dem Untersuchungsrichter, Katharina habe, «von grausamen Eingeweideschmerzen gequält», mit den «Exkrementen auch Stücke von weißem Zeug ähnlich wie Fett» ausgeschieden. Dabei dürfte es sich um Teile ihrer Magenschleimhaut gehandelt haben – eine Folge des Brechweinsteins. Nachdem die Durchfälle abgeebbt waren, scheint sich Katharina im Laufe des Freitags jedoch wieder etwas erholt zu haben.
    In der Zwischenzeit suchte Maria Luisa fieberhaft nach neuen Wegen, die Fürstin endgültig zu vergiften. Und sie hatte rasch eine zündende Idee. Sie sagte zu Maria Ignazia:[ 33 ] «Schwester Agnese Celeste hat mir gesagt, dass Atropa belladonna, das heißt Belladonna-Extrakt, das wirksamste Gift überhaupt ist. Ich selbst werde an diesem Morgen alles aus der Apotheke besorgen lassen; ich werde es aber nicht über den Gutsverwalter machen, sondern über den Rechtsanwalt Franceschetti; und um bei ihm keinen Verdacht zu erregen, werde ich ihn zusätzlich Magnesia, Weinstein und noch etwas anderes zusammen mit dem Belladonna-Extrakt und dem Opium holen lassen.» Und tatsächlich lieferte Franceschetti wenige Stunden später die gewünschten Medikamente an der Klosterpforte ab. Er besorgte, wie er in seinem Verhör bestätigte, etwa neun oder zehn Arzneien, unter anderem Magnesiumoxid, Weinstein und Opium.[ 34 ] Über eine Bestellung auf Maria Luisas Liste habe er sich freilich gewundert: Atropa belladonna. Er bezweifelte, dass der Apotheker ihm dieses gefährliche Gift überhaupt verkaufen würde, aber dieser tat es anstandslos. Sallua konnte den Apotheker – Barelli an der Salita del Tritone – identifizieren, den Rechnungsbeleg zu den Akten nehmen und die gelieferten Medikamente sicherstellen. Die Klosterapothekerin sagte außerdem aus, dass man in Sant’Ambrogio damals gar keine Arzneimittel gebraucht habe, weil für die Kranken alles Notwendige vorhanden gewesen sei. Damit war klar: Die Besorgung der Gifte ging ausschließlich auf das Konto von Maria Luisa.
    Am Abend des 10. Dezember unterhielt sich die Novizenmeisterin erneut mit der Arzttocher und fragte sie, ob ihr nicht doch noch weitere Gifte eingefallen seien.[ 35 ]
    Agnese Celeste antwortete Maria Luisa:
    «‹Lässt man Dinge in Kupfer liegen, werden diese giftig.›
    Sie: ‹Verursacht es negative Effekte?›
    ‹Es führt zu Aufblähungen›, sagte ich ihr.
    Sie: ‹Damit kann man nichts machen. Sagen Sie mir lieber, wie man ihr Opium verabreichen kann.›
    ‹In Pillenform›, antwortete ich.
    Sie: ‹Nein, so nimmt sie es nie ein.›
    Also empfahl ich ihr, das Opium mit Kassia zu vermischen, da es dieselbe Farbe hat. Sie fragte mich erneut nach der Dosis, und ich antwortete, im Zweifel solle man lieber etwas zu viel als zu wenig geben. Sie ermahnte mich erneut, das Gespräch für mich zu behalten, und verließ mich. Mir ging es angesichts der Befürchtung, die Meisterin wolle die Prinzessin wirklich vergiften, nicht gut, aber ich beruhigte mich, als ich daran dachte, wie die schöne Judith Holofernes[ 36 ] ermordete und dadurch eine Tat in göttlicher Herrlichkeit beging.»
    Nun musste Maria Luisa eine passende Gelegenheit abwarten. Sie blieb die nächsten Tage äußerst vorsichtig und sprach mit niemandem mehr über die Vergiftung – auch mit ihren Vertrauten nicht, denn die Zeugenaussagen weisen für den 11., 12. und 13. Dezember eine Lücke auf. Maria Luisa brachte an diesen Tagen Katharina Fleischbrühe und Reissuppe, die wieder den scharfen Geruch hatte.
    Katharina war misstrauisch und füllte, wie sie in ihrer Denunzia berichtete, am 12. Dezember ein Fläschchen von der Fleischbrühe ab und übergab es Pater Peters mit der Bitte, es auf Gift untersuchen zu lassen. Peters behauptete, der von ihm beauftragte Apotheker habe darin kein Gift, sondern lediglich Alaun gefunden.
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