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Die Nonne und die Hure

Die Nonne und die Hure

Titel: Die Nonne und die Hure
Autoren: Christa S. Lotz
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dafür kann ich mich verbürgen, Euer Seligkeit.«
    Die Anrede hatte Suor Mathilda ihnen eingeprägt.
    »Könnt ihr anderen das bestätigen?«, fragte der Patriarch und schaute eine nach der anderen an. Die jungen Frauen nickten scheu und demutsvoll.
    »Schreib es auf!«, wandte sich der Patriarch an einen seiner Begleiter. »Und nun wollen wir die Küche inspizieren.«
    Die Klosterküche befand sich gleich neben dem Refektorium; durch eine Öffnung in der Wand wurden die Speisen an die Laienschwestern gereicht, die sie auf den Tischen verteilten. Es war ein großer Raum mit gemauerten Wänden und einem Steinfußboden. Unter einem riesigen Rauchfang brannte ein Feuer, darüber kochte eine würzige Brühe in einem Eisenkessel. An den Wänden waren die Gerätschaften aufgehängt, und in der Mitte stand ein schwerer Holztisch, an dem vier Schwestern damit beschäftigt waren, dasGemüse fürs Mittagessen zu putzen. Die Schwestern hielten in ihrer Arbeit inne.
    »An euch hätte ich nur zwei Fragen«, sagte der Patriarch. »Wird darauf geachtet, dass nur Fleisch von zweibeinigen Tieren auf den Tisch kommt, also von Geflügel, wie Benedikt es vorschreibt? Gibt es das Laster der Völlerei oder der Trunksucht?«
    »Nein, Euer Seligkeit«, antwortete eine der Novizinnen. »Bei uns herrscht stets das Maß der Zurückhaltung und Demut vor den Gaben Gottes. Meist gibt es gar kein Fleisch, und wenn, dann nur für die Kranken, Schwachen und für die Gäste.«
    »Das höre ich gern«, meinte der Patriarch. »Aber wehe, mir kommt etwas zu Ohren!«
    Sie verließen die Küche, durchquerten den Kreuzgang mit seinem Grasboden und gingen zu den Ställen hinüber.
    »Ihr besitzt aber viele Pferde, Kühe und Schweine«, bemerkte der Patriarch, während er sich umschaute.
    »Die Pferde sind von Besuchern, die Kühe brauchen wir für Milch und Butter und die Schweine für die Kranken«, erwiderte Suor Mathilda. Eine leichte Röte überflog ihr Gesicht.
    »Ich sehe, hier wird fleißig gearbeitet«, stellte der Patriarch mit einem Blick zur Wäscherei fest. »Wenn genauso viel gebetet wird, bin ich zufrieden. Jetzt will ich noch die Zellen sehen.«
    Celina spürte das Gewicht des Geldbeutels auf ihrem Bauch. Hoffentlich fiel die leichte Wölbung dem Patriarchen nicht auf. Die Zelle von Suor Mathilda war als Erste an der Reihe. Es waren keine Spuren von dem Luxus, der hier normalerweise herrschte, zu erkennen. Als sie zur letzten Zelle kamen, verengten sich die Augen des Patriarchen.
    »Was befindet sich hinter jener Decke an der Wand?«, wollte er wissen.
    »Nichts«, antwortete Suor Mathilda. »Die Decke hängt dort lediglich, um die Kälte abzuhalten.«
    Ohne auf ihre Worte zu achten, ging der Patriarch mit schnellen Schritten in den Winkel und riss die Decke zur Seite. Ein Aufseufzen ging durch die Gruppe der Nonnen. In der Wand gähnte ein Loch.
    »Was ist das für ein Loch?«, fragte der Patriarch mit unheildrohender Stimme.
    »Ich … ich weiß es nicht«, stammelte Suor Mathilda.
    »Und was ist das?« Der Patriarch zog angewidert eine Männerhose aus dem Loch und hielt sie hoch. Celina sah, wie die Zornesadern an seinen Schläfen anschwollen.
    »Ihr braucht nicht zu antworten, Suor Mathilda. Schreib«, sagte er zu seinem Begleiter. »In diesem Kloster wird gegen die Regeln Benedikts verstoßen. Wer bewohnt diese Zelle?«
    »Ich«, meldete sich das Mädchen, das seinen Namen mit Alessia angegeben hatte.
    »Wie kommt diese Hose in deine Zelle?«
    »Sie ist von … meinem Bruder!«, stammelte das Mädchen.
    »Du lügst! Es war Männerbesuch da. Und was hat das Loch zu bedeuten?«
    »Das war schon immer da, ich weiß nicht, was es zu bedeuten hat«, sagte Alessia, die rot geworden war.
    »Nenn mir die Namen der Männer, die sich Zutritt zum Kloster verschafft haben.«
    Die junge Frau wirkte deutlich eingeschüchtert.
    »Sie heißen Giovanni und Angelo«, sagte sie mit leiser Stimme.
    »Wer hat dir geholfen, sie hereinzulassen?«
    »Ich«, sagte Giulia.
    »Wie habt ihr das Loch in den Stein gehauen? Die Wand scheint mir sechs Steine dick zu sein.«
    »Wir haben eine Stange aus dem Zellengitter von Alessiagebrochen und damit das Loch in die Wand gehauen. Es dauerte einen Monat.«
    »Wie kommt es, dass das Loch in der Mauer nicht bemerkt wurde?«
    »Wir haben von außen einen Stein dagegengerollt. Innen haben wir das Loch mit schwarzem und weißem Kalk gefüllt.«
    »Wie oft sind diese Männer gekommen?«
    »Sie kamen immer mit einem Boot. Sie
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