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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler
Autoren: Gerd Scherm
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halten. Dann heißt es, ein jeder weiß doch, dass der Fürst von Byblos ein Analphabet ist. Der kann doch gar nicht lesen, was ihr in seine Erlasse schreibt. Ihr Schreiber seid die wahren Beherrscher von Byblos. Und natürlich von der Levante und dem ganzen Rest des Weltenkreises. Schaut nur nach Ägypten! Regiert nicht der Schreiber den Pharao?
    Manchmal könnte man mit dem Kopf gegen die Wand laufen. Es gibt Tage, da möchte ich mein Schreibried verbrennen, die Wachstafeln einschmelzen und mich ins Viertel der Töpfer begeben, um einen anderen Beruf zu erlernen.
    Keiner sieht uns als das, was wir Schreiber wirklich sind: ein Schaf im Wolfspelz. Ein Scherz der Hirten, um die Kinder zu erschrecken.
    Von wegen: Die Feder ist mächtiger als das Schwert. Hat je einer einen Menschen gesehen, den man mit einer Feder erschlagen hat?
    Weniger Macht als wir kann man kaum haben. Und wenn es dem Mächtigen gefällt, vernichtet er uns mit einem Erlass, den er uns selbst diktiert.
    Deshalb, junger Adept der Schriften, schließe dich uns nur an, wenn du all dies ertragen kannst. Lerne wissend zu lächeln, wenn dir die Dummheit gegenübertritt. Danke für die Macht, die man dir andichtet. Und wenn dir in der Schänke wieder einmal jemand erzählt, dass du ein Verschwörer bist, so deute ihm an, wie gefährlich sein Wissen für ihn ist. Erinnere ihn daran, dass so manch redseliger Mann schon zungenlos bei Ebbe am Strand gefunden ward. Und wer, wenn nicht wir, sollte dafür verantwortlich sein?
    Wir, die wir im Feuer lesen und Namen ins Wasser schreiben. Wir, die ehrwürdigen Schreiber von Byblos.
     
     
     

Im Osten ein Licht
     
    Qazabal herrschte immer noch in Byblos, mal mehr, mal weniger streng, je nach dem Zustand der Staatskasse. Nach wie vor gelang es dem Herrscher, das Gleichgewicht zu halten zwischen den ägyptischen Interessen im Süden und den begierigen hethitischen Händen aus dem Norden.
    Selbstständigkeit war in Byblos ein hohes Gut, vor allem wenn es um Qazabal und seine Schatzkammer ging. Ließ man diese beiden unangetastet, dann war die Stadt ein Muster an Toleranz und Freiheit.
     
    Seshmosis genoss gerade die Vorzüge seiner gut gefüllten Kasse. Entspannt lag er auf seinem Bett und träumte vor sich hin. Die Rückreise durch die Zeit war dank GONs Hilfe ohne Schwierigkeiten gelungen. Und er hatte es geschafft! Er war vom mittellosen Schreiber zum mittelmäßig wohlhabenden Schreiber aufgestiegen. Angesichts seiner Vergangenheit ein immenser Fortschritt. Vor allem, weil er es nun wagen konnte, um Tanis Hand anzuhalten. Zu seiner Freude hatte sie ihn nicht vergessen oder sich gar einem anderen zugewandt. Inzwischen hatte er schon wieder zweimal mit ihr Händchen haltend am Hafen gesessen.
    Und dann stand da ja noch seine Aufnahme in die Gilde der Schreiber bevor. Der Meister der Schreiber hatte sich bereit erklärt, beim nächsten Vollmond das Ritual durchzuführen.
    Da polterte Raffim in den Raum und riss Seshmosis aus seinen Träumen.
    »Wir haben ein Problem!«
    »Wir oder du? Meinst du wirklich ›wir‹?«, fragte der Schreiber.
    »Wir! Wir alle. Wir Tajarim! Es ist wegen Barsils Raub im Tempel. Man verdächtigt uns.«
    »Nicht ganz zu Unrecht, würde ich sagen.«
    »Papperlapapp! Was schlägst du vor, Herr Oberschlau?«
    »Wir liefern Barsil aus, dann haben wir unsere Ruhe«, meinte Seshmosis kühl. »Solange ich ihn kenne, dreht er krumme Dinger.«
    »Ja, schon. Aber wenn sie erst mal einen von uns am Haken haben, werden sie in Zukunft mehr auf uns achten. Sie werden uns ganz genau auf die Finger schauen. Das engt meine Geschäfte erheblich ein.«
    »Machst du immer noch solche Geschäfte?«
    »Nein! So etwas mache ich doch nicht!«, empörte sich Raffim scheinheilig. »Aber ich bin im religiösen Bereich tätig. Du weißt schon, mein Handel mit Amuletten, Talismanen, Artefakten, heiligen Schriften, Obsidian-Opfermessern, Blutschalen, künstlerisch gestalteten Kanopen zur Aufbewahrung der Eingeweide und so weiter. Das ist ein überaus sensibler Bereich. Da brauche ich bei den Priestern einen guten Ruf und absolutes Vertrauen. Immerhin berühren meine Waren das Heiligste.«
    »Du und Religion! Dich interessiert doch nur die Religion, die dir am meisten Profit bringt.«
    »Religion ist immer ein Gewinn für die Menschheit. Das solltest du als Prophet doch wissen, Seshmosis. Vor allem ist sie ein Gewinn für den Teil der Menschheit, der Raffim heißt«, lachte der Dicke.
     
    *
     
    In der großen
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