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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott
Autoren: Gerd Scherm
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Folklore also? Und warum im Schutze der Nacht?«, fragte der Hierophant lauernd.
    »Nun, Hochwürdigster, wir müssen tagsüber alle arbeiten«, stammelte Raffim so ehrlich, dass selbst der Priester überrascht war.
    »Ihr sprecht wirklich nicht über Politik? Ihr schmiedet keine Pläne, wie ihr die Stadt in eure Gewalt bringen könnt?«, schlug er nun einen Verhörton an.
    »Politik? Gewalt über die Stadt? Hochwürdigster, wer sind wir denn, uns mit solchen Dingen zu beschäftigen? Seht, ich bin froh, wenn meine Geschäfte gut gehen, und die anderen sind auch froh, wenn sie ihr Auskommen haben. Außer Seshmosis vielleicht, weil der kein richtiges Einkommen hat«, antwortete Raffim nun mit Unschuldsmiene. Er begriff langsam, worauf seine beiden Besucher hinauswollten. Ihm fiel ein Stein vom Herzen.
    »Nun gut, ich glaube dir, Raffim. Vorerst. Aber sei sicher, wir werden euch im Auge behalten. Und sollte sich an euren Heimattreffen etwas ändern, so wirst du unaufgefordert zu mir kommen und mir davon berichten. Du wirst es nicht vergessen?«
    »Sicher. Auf jeden Fall. Unaufgefordert. Sofort. Umgehend. Selbstverständlich, Hochwürdigster. Sofort«, Raffim begleitete jedes Wort mit einer tiefen Verbeugung.
    »Dann ist es ja gut, Krokodilmann. Wir verlassen uns auf dich!«, sprach der Goldgezähnte Hierophant und verließ ohne weiteren Blick auf Raffim den Raum. Lautlos, wie in der gesamten Begegnung, folgte ihm der Scharfrichter der Mafdet.

     
    Der Tag in Theben war verlaufen wie fast alle anderen Augusttage in Theben, langsam, träge und unspektakulär. Einige Hyksos dankten den Göttern, dass es nicht zu einem Pogrom gekommen war, dass ihre Kunden weiter bei ihnen kauften, dass ihr Dienstherr sie nicht im Rausch erschlug, dass ihre Dienstherrin sie im Rausch verführte, dass ihre eigenen Dienstboten keinen Rausch hatten und dass alles in allem alles wie immer war.
    Atum, der Herr der Abendsonne, kreierte an diesem Tag einen besonders stimmungsvollen Sonnenuntergang, der siebenundvierzig Liebeserklärungen und acht Heiratsanträge zur Folge hatte. Der widderköpfige Gott Chnum, ebenfalls für die Abendsonne zuständig, ließ seinem Kollegen heute den Vortritt. Er arbeitete gerade an einem Sonnenuntergangsexemplar von etwas größerer Bedeutung und Tragweite.
    Sein Konzept war schon sehr ausgereift, nur die einzelnen Details des Spektakels wollten sich noch nicht recht ineinander fügen. Auf jeden Fall wusste Chnum, dass die Farbschattierungen Blutrot, Blutrot und Blutrot eine wesentliche Rolle spielen sollten.
    Die Sterne zogen auf, und die Göttin Nut hob wie jede Nacht die Mondbarke in den Himmel. Es war die Stunde, in der die Schlafende Buhlin der Nut ihr Ritual im Tempel zelebrierte, derweil die göttliche Spitzmaus, m’m-Tier genannt, im Keller des Tempels wie jede Nacht die Sonne restaurierte und polierte. Morgen früh, kurz vor Sonnenaufgang, würde sie damit fertig sein, wie jede Nacht, und dann die Sonnenkugel dem heiligen Käfer Chepre übergeben, der sie auf Geheiß des Gottes der Morgensonne Harachte wie jeden Tag über den Horizont rollen würde.
    Es war ein komplexes System von Zuständigkeiten, Kompetenzen und Arbeitsaufgaben, in dem jeder und jede nach seinen Fähigkeiten eingesetzt wurde.
    Die Spitzmaus pflegte die Sonne, der Käfer rollte die Sonne, und die Götter sagten, wann und wohin.
    Die Spitzmaus begann gerade ihr Nachtwerk, ärgerte sich wie jede Nacht ein wenig darüber, immer noch keinen göttlichen Namen zu haben, sondern nur m’m-Tier zu heißen, als Raffim durch eine wohl bekannte Gasse hastete, wissend, wieder einmal zu spät zu kommen.

     
    Almak, der Türwächter mit der langen Nase, lauerte schon auf Raffims Ankunft.
    Nach Klopfzeichen und Gegenklopfzeichen öffnete er die Tür einen Spalt und fragte hämisch: »Parole?«
    »Der Kopf trennt Himmel und Erde. Und wenn du mich nicht sofort und ohne Gequatsche einlässt, trenne ich deinen Kopf von Himmel und Erde, du Zähmer von Blutegeln«, herrschte ihn Raffim an, schmiss die Tür auf und trat in den Raum.
    »Aua!«, schrie Almak und hielt sich die rot anlaufende Zierde seines Gesichtes.
    Seshmosis schüttelte den Kopf und sah Raffim fragend an. »Schlechte Geschäfte? Lachen dich die Krokodile aus?«
    »Nein, keines von beiden. Die Geschäfte gehen gut, und die Krokodile weinen zum Steinerweichen«, schnauzte Raffim zurück. »Nur dass ich heute Besuch von zwei Gästen hatte, gegen die Krokodile Schmusetierchen sind. Der
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