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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott
Autoren: Gerd Scherm
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Goldgezähnte Hierophant und der Scharfrichter der Mafdet gaben mir die zweifelhafte Ehre ihres Besuchs.«
    »Hast du schlechte Ware geliefert?«, fragte Aram, der Bademeister.
    »Nein. Wir waren der Gegenstand ihres Interesses. Wir alle, du, du, du und du!« Raffim stocherte mit dem Zeigefinger in Richtung der dunklen Schemen im Raum.
    »Sie wollen wissen, was wir treiben, zu welchem Zweck wir uns versammeln und vor allem, worüber wir reden.«
    »Und? Hast du es ihnen gesagt?«, kam es lauernd aus einer Ecke.
    »Natürlich! Ich habe ihnen alles erzählt, alles. Dass wir im Dreieck springen, dass man hier die Hand nicht vor den Augen sieht, dass wir nicht mehr die Shofarhörner blasen und in der alten Sprache sprechen. Nur nicht, worüber«, grinste Raffim. »Aber ich sage euch, es wird ernst!«
    »Es ist egal. Ich habe einen Plan«, unterbrach ihn Seshmosis.
    In diesem Augenblick kreisten mehr Fragezeichen im Raum als Stechmücken.
    »Willst du einen Aufstand machen?«
    »Wann sollen wir zuschlagen?«
    »Sollen wir die Stadt anzünden?«
    »Plündern wir die Tempel?«
    »Schänden wir die nichtgöttlichen Dirnen?«
    »Schlachten wir die heiligen Krokodile?«
    »Pfählen wir die Tanzende Kuh der Hathor?«
    »Bestechen wir den Statthalter?«
    »Erhöhen wir die Brotpreise?«
    »Vergiften wir das Badewasser?«
    »Machen wir eine Rechtschreibreform?«
    »Beten wir die minderen Triebgötter an?«
    »Entführen wir den Obersten Zwerg des Bes?«
    »Machen wir einen Bummelstreik?«
    »Befreien wir die Sklaven?«
    »Blasen wir wieder nachts die Shofarhörner?«
    »Nein. Nein! NEIN!!!«
    »Nein?«, echote es vielstimmig.
    »Nein. Ihr seid Trottel! Wenn ihr einen Aufstand macht, bringt ihr euch selber um. Wenn ihr die Stadt anzündet, verbrennt ihr eure eigenen Geschäfte. Wenn ihr die Tempel plündert, seid ihr im nächsten Ritual die Hauptdarsteller. Wenn ihr die nichtgöttlichen Dirnen schändet, müsst ihr den doppelten Preis bezahlen. Wenn ihr die heiligen Krokodile schlachtet, schlachtet euch Raffim. Wenn ihr die Tanzende Kuh der Hathor pfählt, wird sie euch auf die Hörner nehmen. Wenn ihr den Statthalter bestecht, werdet ihr arm, aber ihr erreicht gar nichts. Wenn ihr die Brotpreise erhöht, merkt das keiner, weil ihr das sowieso dauernd tut. Wenn ihr das Badewasser vergiftet, verliert ihr eure Arbeit. Wenn ihr eine Rechtschreibreform macht, leidet nur einer wirklich darunter, nämlich ich, ihr Analphabeten. Wenn ihr zu den minderen Triebgöttern betet, hören sie am Ende auf euch, und ihr vermehrt euch wie die Stechmücken. Wenn ihr den Obersten Zwerg des Bes entführt, wird er euch die Haare vom Kopf fressen, zumindest wenn ihr euch bückt. Wenn ihr einen Bummelstreik machen wollt, müsstet ihr euer Arbeitstempo erhöhen. Wenn ihr die Sklaven befreit, müsst ihr deren Arbeit machen. Und wenn ihr wieder nachts die Shofarhörner blast, wird euch Kaf’nkhter persönlich die Haut abziehen. Nein! Nichts von all dem bringt uns nur einen Schritt weiter. Wir müssen taktisch und klug vorgehen. Aber wie ich euch kenne, könnt ihr euch darunter nichts vorstellen.« Seshmosis lehnte sich erschöpft zurück.
    »Was sollen wir tun?«, fragte Almak, der Türwächter, wobei er sich immer noch die rote, dick geschwollene Nase hielt und seine Worte wie »wöässöälläwituän« klangen.
    »Wir brauchen eine neue Identität«, sagte Seshmosis triumphierend. »Wir brauchen einen neuen Namen.«
    »Aber wir haben doch alle Namen?«, wandte zaghaft Aram, der Bademeister, ein.
    »Oder meinst du, wir sollen uns Geheimnamen geben, so wie Krokodiltöter, Luftherr, Unterweltfeuer oder so?«, fragte Shamir, der Bäcker, der ein hoffnungsloser Romantiker war.
    Seshmosis seufzte. »Behaltet eure Namen oder gebt euch neue, das ist mir völlig egal. Wir brauchen einen neuen Namen für uns alle, für uns! Statt Hyksos brauchen wir einen anderen Namen. Und ich habe auch schon einen: Tajarim!«
    »Tajarim?«, echote es aus allen Ecken des Raumes.
    »Ja, Tajarim. Das stammt aus unserer alten Sprache und bedeutet so viel wie Menschen, die von zu Hause weg sind, in ferne Länder ziehen und gerne woanders sind«, erklärte Seshmosis.
    »Du meinst, Tajarim sind Touristen?«, kam es vorsichtig von Raffim.
    »So könnte man sagen, aber Tajarim klingt einfach besser«, nickte Seshmosis zustimmend.
    Und dann erklärte ihnen der Schreiber seinen Plan.

     
    Seshmosis sah sich in seinem Zimmer um. Es waren die ersten Blicke des Abschieds.
    Das also war sein
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