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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott
Autoren: Gerd Scherm
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aufrecht gehendes Nilpferd, der schakalköpfige Anubis, der Stier Apis und seine Freundin, die kuhgehörnte Hathor. Dazwischen, in der Mitte des Raumes und anscheinend entspannt plaudernd, der widderköpfige Harsaphes, der ebenfalls widderköpfige Chnum, der immer noch von seinem großen, blutroten, finalen Sonnenuntergang träumte, der falkenköpfige Kriegsgott Month, die katzengestaltige Bastet und die Nachtgöttin Nut. Letztere fiel dadurch auf, dass sie ungeheuer exotisch-menschlich aussah.
    Völlig abseits von den anderen stand im Halbschatten des Raumes ein ungewöhnliches Paar, Toth in seiner ibisköpfigen Ausformung und Toth in seiner Paviangestalt.
    Toth bevorzugte es häufig, in zwei verschiedenen Formen gleichzeitig zu erscheinen. Er begründete dies gemeinhin damit, dass er sichergehen wolle, bei Versammlungen dieser Art einen vernünftigen Gesprächspartner zu finden.
    Alle Gottheiten trugen auf dem Kopf ihre besonderen Insignien, dazu in einer Hand den Stab der göttlichen Macht und in der anderen ihr ganz persönliches Ankh. Alle, bis auf den Stiergott Apis, denn der stand auf vier Hufen und besaß nichts, womit er Stab und Ankh hätte halten können.
     
    Plötzlich flimmerte die Luft zwischen Amun und Suchos, wo Mafdet materialisierte.
    Sie orientierte sich kurz, fixierte den Krokodilgott mit ihren Raubkatzenaugen und blickte dann auf die versammelte Götterschar. Sie stampfte mit ihrem gefürchteten Stab auf den Boden, deutete dann damit auf Suchos und begann zu sprechen.
    »Hört! Hört! Hört! Seit Göttergedenken ist nicht geschehen, was dieser Krokodilschwachkopf zustande gebracht hat: Er hat sein Ankh verloren!«
    Ein Raunen ging durch die Versammlung. Sie alle hatten schon eine Menge hinter sich. Gewaltige Schlachten untereinander, das Buhlen um die Gunst der Gläubigen, das gegenseitige Austricksen um Opfergaben und dazu die täglichen Aufgaben, die ein jeder von ihnen erfüllen musste, vom Sonne- und Mondaufgehenlassen über den Schutz schwangerer Frauen und das Überschwemmen des Nils bis zur Bestrafung der Menschen. Bei all dem und trotz aller Ablenkungen: Nie seit der Schöpfung hatte eine oder einer von ihnen sein Ankh verloren.
    Mafdet blitzte Suchos an: »Nun, was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?«
    Suchos knirschte mit den Zähnen, und er besaß ziemlich viele davon. »Ich weiß nicht, wie es geschehen konnte. Ein Mensch namens Raffim peitschte gerade ein Krokodil, und deshalb wollte ich ihn ärgern. So inkarnierte ich in das Tier, um ihm einmal richtig die Zähne zu zeigen und auch spüren zu lassen. Dummerweise übersah ich dabei, dass dieser Tierquäler dem Krokodil die Klauen abgehackt hatte, und so konnte ich mein Ankh nicht festhalten, und es fiel in den Nil.«
    Suchos sah nun wirklich so aus wie von Raffim persönlich behandelt.
    »Warum materialisiertest du nicht umgehend in deiner göttlichen Gestalt?«, fragte Toth, der Intellek tuelle.
    »Weil ich vor Schmerz rasend war. Ihr wisst selbst, dass wir, wenn wir in eine andere Gestalt hineinschlüpfen, all deren Empfindungen spüren. Deshalb verwandeln sich ja manche hier so gerne in bestimmten Situationen in Menschenmänner und Menschenfrauen, vor allem nachts«, fügte er anzüglich hinzu. »Bis ich wieder klar denken konnte und endlich aus diesem verdammten Krokodil herauskam, war das Ankh weg, spurlos verschwunden, wie vom Nil verschluckt.«
    »Aber du musst doch seine Energie gespürt haben?«, argwöhnte Hathor, die Kuhgehörnte.
    »Nichts habe ich gespürt, nichts außer den Erinnerungen an diese Schmerzen. Als es mir wieder besser ging, konnte ich das Ding nicht mehr erspüren. Irgendetwas anderes muss es energetisch überdeckt haben, ich kann es mir nicht anders erklären«, seufzte Suchos, und es sah aus, als werde der Gott gleich seine berühmten Tränen vergießen.
    Amun, das Oberhaupt der Versammlung, schien Mitgefühl zu zeigen. Eine Regung, die Götter normalerweise nur zur Finanzierung neuer Tempelbauten einsetzen.
    »Ein Missgeschick, ein großes Missgeschick! Doch wollen wir den armen Suchos nicht schelten. Lasst uns gemeinsam überlegen, was zu tun ist. Toth, du, der du der Klügste unter uns genannt wirst, was schlägst du vor?«
    Der ibisköpfige und der paviangestaltige Toth wandten sich gleichzeitig in Richtung Amun und be gannen auch gleichzeitig zu sprechen. Allerdings verschiedene Worte, sodass die Götterschar gar nichts verstand. Ibis-Toth funkelte Pavian-Toth böse an.
    »Schweig, du Affe!
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