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Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger

Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger
Autoren: Kai Meyer
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Wagner!«, flüsterte er dankbar. »Und Spiritus.«
    Zu viert stürmten wir davon. Nur einmal noch verharrte Spiritus, um ein Fallgitter herabzulassen. Dahinter blieb der Oberste der Garde zurück und mit ihm die wenigen Soldaten, die seinem Befehl gehorcht hatten.
     
    Viel später krochen wir durch einen Schacht der alten Kanalisation ans Tageslicht. Vor uns lag das Ufer des Tiber, und ganz in der Nähe befand sich ein Steg mit Ruderbooten. Spiritus sprach mit einem der Bootsleute, eine Münze wechselte den Besitzer, und bald befanden wir uns zu viert auf dem Wasser. Faustus und ich ruderten, während Angelina nachdenklich zur Engelsburg blickte, die sich in einiger Entfernung als Umriss vor dem dunstigen Dächermeer des Borgo Leonino abhob.
    »Wie seid ihr und Spiritus euch begegnet?«, fragte Faustus, nachdem ich ihm in Kürze berichtet hatte, was seid unserer letzten Unterredung im Gasthaus geschehen war.
    Der weißblonde Junge, der dem toten Borgia so ähnlich sah, lächelte verschmitzt. »Die beiden haben reichlich dumm dreingeschaut, als sich neben ihnen plötzlich die Wand eines Flurs öffnete und ihnen jemand vor die Füße sprang.«
    Prahlerisch hob ich die Stimme, trotz aller Erschöpfung gut gelaunt nach der gelungenen Flucht aus dem Palazzo. »Ich habe ihn erst für Alexander gehalten und wollte mich tollkühn auf ihn stürzen und ihn den Stahl meiner Klinge schmecken lassen, als plötzlich …«
    Faustus lachte und winkte ab. »Ein tollkühner Recke warst du schon immer.«
    Beleidigt legte ich die Stirn in Falten. »Habe ich Euch nicht aus dem Kerker zu Wittenberg befreit, Meister?«
    »Und fraglos wirst du mich bis an mein Lebensende täglich daran erinnern.«
    Spiritus schob seine Finger über Angelinas Hand auf dem Bootsrand. Ich bemerkte es mit einem eifersüchtigen Brennen in der Brust, doch Spiritus zog seine Hand rasch wieder zurück. Es war die Geste zweier Stiefgeschwister, die sich einst sehr nahe gestanden hatten, nicht mehr.
    »Angelina hat mich erkannt. Sie hat Euren braven Schüler davon abgehalten, mich in Fetzen zu hacken.«
    »So ist es«, grummelte ich.
    Faustus lächelte noch immer. »Auf alle Fälle kamt Ihr zur rechten Zeit. Der Papst hat von mir verlangt, ihm Angelina auszuliefern. Ohne sie hätte er mich kaum laufen lassen – nun, vermutlich auch nicht mit ihr –, und Ihr habt mich aus einer misslichen Lage befreit.«
    Düster blickte ich an ihm vorbei. »Wieder einmal.«
    Lachend schlug er mir auf die Schulter. »Mach nicht so ein Gesicht, Wagner. Ich habe nie abgestritten, dass ihr beide mir mehr als einmal aus der Patsche geholfen habt.«
    »Das will ich meinen.« Es sollte grimmig klingen, doch meine Laune hellte sich schon wieder auf. Als Angelina sich zu mir umwandte und mir einen aufmunternden Blick aus ihren magischen Augen schenkte, war meine gute Stimmung wieder hergestellt.
    Wir gingen an Land, und der Junge führte uns über Schleichwege zu unserem Gasthaus. Während Spiritus und ich Wache hielten, suchten Angelina und Faustus unsere Sachen zusammen. In Windeseile verließen wir die Schenke durch den Hinterausgang, hinterließen dem Wirt einen Beutel mit Münzen und machten uns auf unseren Pferden davon. Bald schon würde es im Borgo nur so wimmeln von Gardisten, die die Gassen und Häuser nach uns durchkämmten.
    Wir zügelten die Pferde erst wieder auf einem Hügel am Rande der Stadt. Spiritus war hinter mir aufgesessen und bat darum, hier abgesetzt zu werden.
    »Rom ist meine Welt«, sagte er mit seinem starken Akzent, »und mir ist nicht wohl, wenn ich es länger als nötig verlasse. Ich will zurückkehren in meine Gassen und Tunnel.«
    »Du könntest uns begleiten«, schlug ich vor, ehe mir einfiel, dass es wohl angebracht wäre, erst Faustus Erlaubnis für solch ein Angebot einzuholen. Doch ein rascher Blick versicherte mir, dass der Meister mir zustimmte.
    »Der Papst wird uns von nun an noch gnadenloser hetzen«, sagte Faustus. »Wir könnten ein weiteres Schwert an unserer Seite gut gebrauchen.«
    Doch Spiritus schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich nackt, wenn mich keine Mauern umgeben, und ich brauche den Dunst der Stadt zum Atmen. Habt Dank für Euer Angebot, doch ich bleibe. Zum Römer hat der Borgia mich gemacht, und ein Römer will ich weiterhin sein.«
    »Dann ist dies die Zeit des Abschieds.« Faustus schwang sich aus dem Sattel und fasste den Jungen an den Schultern. »Ohne dich wären wir vermutlich alle tot.«
    Spiritus schaute verlegen zu
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