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Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger

Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 03 - Die Engelskrieger
Autoren: Kai Meyer
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so bekannten Teufelsanhängers einen besonderen Rahmen zu finden.
    »Bevor ich Euch der hochnotpeinlichen Befragung unterziehen lasse, habt die Güte, mir zu verraten, was Euch bewogen hat, aus freien Stücken Eure Verbrechen zu gestehen.«
    Faustus lächelte. »Davon kann keine Rede sein. Ein Geständnis – wenn es denn überhaupt etwas zu gestehen gäbe – ist nicht in meinem Sinn, Eure Eminenz.«
    Ein Raunen ging durch die Reihe der Umstehenden.
    »Warum seid Ihr dann hergekommen?«
    »Ich will Euch einen Handel vorschlagen.«
    Das Geflüster wurde lauter, bis Kardinal de Rossi es mit einer ungeduldigen Handbewegung ersterben ließ. »Ihr seid unverschämt, Doktor Faustus«, donnerte er. Offenbar hatte er seit ihrer Begegnung in der Verhörkammer neuen Mut gefunden. Er wollte noch etwas hinzufügen, doch der Papst brachte ihn mit einer knappen Geste zum Schweigen.
    »Was für ein Handel soll das sein?«
    »Es geht um die Engel in Euren Katakomben. Und um die Wiedergeburt des Borgia.« Mit großer Befriedigung nahm Faustus die plötzliche Blässe in den Gesichtern des Papstes und seines Kardinals wahr. »Gewiss, ich weiß davon. Aber seid Ihr sicher, dass auch all die anderen hier im Saal davon erfahren sollen?«
    Faustus hatte gehofft, dass die Halle schnell geräumt werden würde – doch dass es so eilig vonstatten gehen würde, erstaunte ihn. Zuletzt blieben nur er selbst, Papst Leo, Kardinal de Rossi und die beiden Armbrustschützen übrig, denen man zuvor die Ohren mit flüssigem Wachs versiegelt hatte. Beide Männer ertrugen die würdelose Prozedur stillschweigend und ohne ersichtlichen Widerwillen.
    »Alexander Borgia ist wieder geboren«, sagte Faustus, nachdem die Türen des Saales verschlossen waren. »Ich denke, dass Ihr davon wisst – oder es zumindest befürchtet.«
    Kardinal de Rossi wollte auffahren, aber wieder schnitt der Heilige Vater ihm mit einem Wink das Wort ab.
    Der Papst sah Faustus durchdringend an und nickte, ganz kurz nur, eine Bewegung, die man leicht hätte übersehen können. Doch Faustus nahm sie überdeutlich wahr, und seine Gedanken erglühten schier vor Triumph. Der Fisch hing an der Angel.
    Er fuhr fort, berichtete alles, was er über den Zug der Erleuchteten wusste, über die Ausbildung der Engel und über die Pläne des Borgia mit jenen drei Kindern, denen er eine besondere Behandlung zugedacht hatte. Faustus war nicht sicher, wie viel davon der Papst bereits wusste; es musste jedoch eine Menge sein, denn niemals fiel er ihm ins Wort oder brachte auf eine andere Weise Zweifel zum Ausdruck. Gelegentlich legte er die Stirn in Falten, verlagerte sein Gewicht auf dem Thron oder tupfte sich mit dem Ärmel seines kostbaren Gewandes Schweiß von der Stirn – vor allem, als Faustus an jene Stelle seines Berichts kam, in dem von der Wiedergeburt Alexanders im Körper des kleinen Jungen die Rede war.
    »Der Junge ist noch am Leben«, sagte er schließlich, »und in ihm lebt der Borgia.«
    »Hirngespinste!«, rief de Rossi, erntete dafür jedoch einen unwilligen Blick des Papstes.
    »Ich habe mit ihm gesprochen«, fuhr Faustus unbeeindruckt fort. »Erst vor wenigen Stunden.«
    »Wo hat dieses Gespräch stattgefunden?«, wollte Leo wissen.
    Faustus gestattete sich ein neuerliches Lächeln. »Dies ist die Stelle, an der unser Handel ins Spiel kommt.«
    »Noch sprechen wir nicht von einem Handel«, sagte der Papst. »Noch geht es um ein Wissen, das Ihr besitzt. Und ich besitze die Mittel, es Euch zu entreißen.«
    »Ihr enttäuscht mich. Ich hoffe doch sehr, Ihr haltet mich nicht für einen dahergelaufenen Ketzer, den Ihr mit der Androhung der Folter gefügig machen könnt.«
    »Vielleicht nicht mit der bloßen Androhung«, warf de Rossi warnend ein.
    Faustus sah nur den Papst an. »Einige Eurer engsten Berater teilen mein Wissen, Eure Eminenz. Ich bin nicht sicher, auf welcher Seite Kardinal de Rossi steht.«
    Der Kardinal fuhr von seinem Platz auf. »Das ist infam!«
    »Setzt Euch«, bestimmte der Heilige Vater sanft. »Und Ihr, Faustus, nehmt Abstand von Euren haltlosen Anschuldigungen. Kardinal de Rossi ist ein enger Vertrauter des heiligen Stuhls.«
    »Daran will ich nicht zweifeln«, entgegnete Faustus diplomatisch. »Doch das tut jetzt nichts zur Sache. Ihr wollt wissen, wo sich der Borgia versteckt, und ich kann es Euch sagen.«
    »Was verlangt Ihr dafür?«
    »Das Versprechen, dass Ihr sein Rattennest aushebt und ihn zur Verantwortung zieht.«
    Der Papst hob eine Augenbraue.
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