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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder
Autoren: Joerg Kastner
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ist. Oder ist es Elbenkönigen verboten, eine Menschin zum Weib zu nehmen?«
    Es war wohl die schnellste Königshochzeit gewesen, die man jemals im Reich der Nebelkinder gefeiert hatte. Und die letzte. Schon am nächsten Morgen hatten die Vorbereitungen zum Abmarsch begonnen. Beim Abschied hatte Albin Gerswind versprochen, dass sie sich wiedersehen würden. Und Gerswind hatte tapfer genickt.
    Jetzt, als er die schroffen Felsen betrachtete, die im erstarkenden Licht allmählich an Konturen gewannen, fragte er sich, ob er den Mund zu voll genommen hatte. Während der letzten Tage hatten kleinere Elbentrupps, von Albin ausgesandt, immer wieder gegen Wenrichs Heer gekämpft. An die hundert Nebelkinder hatten dabei ihr Leben verloren. Immerhin war es tatsächlich gelungen, Wenrich in die falsche Richtung zu locken. Und heute würde der Vogt, wenn Albins Rechnung aufging, mit seiner gesamten Streitmacht in das Steinerne Meer einfallen.
    Findig und Rohon traten zu ihm und der Braunelb sagte: »Die siehst so zweifelnd drein, mein König. Sorgst du dich um den Sieg?«
    Albin wandte sich zu ihnen um. »Findig, ich habe dir schon hundertmal gesagt, du sollst mich nicht König nennen. Für dich bin und bleibe ich einfach Albin! Und wenn ich an das denke, was heute hier geschehen wird, wünsche ich mir, ich wäre der Knecht Albin geblieben.«
    Rohon schüttelte verständnislos den Kopf. »Die Nebelkinder hätten sich keinen besseren Heerführer wünschen können. Angesichts dessen, was du in den letzten Tagen erreicht hast, sind unsere Verluste gering. Und wenn die Götter mit uns sind, werden wir heute den Sieg davontragen und unserem Volk einen entscheidenden Vorsprung sichern.«
    »Ob wir siegen oder verlieren, viele werden sterben«, seufzte Albin. »Ist es nicht gleich, ob hier Elben oder Menschen ihr Leben aushauchen?«
    »Das ist es nicht!«, erwiderte Rohon mit Nachdruck. »Wenrich ist der Angreifer, er bringt Hass und Zerstörung in unser Land. Wenn der Tod heute Ernte halten muss, dann besser unter seinen Männern!«
    »Bald werden wir wissen, wem die Götter gewogen sind«, meinte Findig. »Ich spüre die Gedanken vieler Menschen, die sich auf den Kampf vorbereiten.«
    Die ostfränkischen Soldaten kamen, noch bevor die Sonne ganz aufging. Von allen Seiten preschten Reiter auf die Ebene. Sie rissen brennende Aste aus den Feuern und steckten die behelfsmäßigen Zelte in Brand. Fußsoldaten folgten ihnen, um jeden niederzustechen, der aus den Zelten floh.
    Doch niemand lief in ihre eisernen Klingen und allmählich dämmerte ihnen, dass sie in eine Falle getappt waren.
    Aber da hatte Albin schon eine Fackel ins Tal geschleudert: der Befehl zum Angriff. Aus den nahen Höhlen stürmten unter Amons Führung an die dreihundert Schwarz- und Lichtelben, warfen Speere, schössen Pfeile ab und schleuderten Steine in die dichten Reihen der Menschen. Fünf Salven nur, so war es verabredet. Bevor Wenrich die Seinen zur Gegenwehr sammeln konnte, tauchten die Nebelkinder schon wieder in die Dämmerschatten der Bergwelt ein.
    Einer Bergwelt, die zu unglaublichem Leben erwachte. Die Felsen lösten sich von dem Boden, auf dem sie geruht hatten, und traten den Menschen als riesenhafte steinerne Kämpfer entgegen. Die Erde erzitterte unter den Schritten der Felsgiganten und die mächtigen Steinfäuste hoben sich, um die Soldaten zu zerschmettern. Das war zu viel für die von dem Uberfall noch verwirrten Männer. Viele stoben in Panik davon, ohne auf Wenrichs wütende Schreie zu hören, dies alles sei nur Elbenspuk, Zauber der Nebelkinder. Der Vogt hatte Recht. Albin und alle anderen konzentrierten ihre Kräfte darauf, in den Köpfen der Menschen das Trugbild aufrechtzuerhalten.
    Wenrich trieb sein Pferd an und ritt gegen einen der Felsen, nein, er ritt in ihn hinein - hindurch. Als die Soldaten das sahen, begriffen sie. Und die, die nicht geflohen waren, begannen unter Wenrichs Führung gegen die Felshöhlen vorzurücken.
    Als sie nur noch wenige Schritte entfernt waren, gab Albin den lautlosen Befehl: Die Lawine-jetzt!
    Auf den Hügeln über der Ebene standen zahlreiche Latschen, außer Moosen und Flechten der einzige nennenswerte Pflanzenwuchs im Steinernen Meer. Die Bäume, die oft so verkümmert waren, dass sie eher Sträuchern glichen, hielten das lose Geröll an den Hängen zurück. Den ganzen letzten Tag und die Nacht hindurch hatten die Nebelkinder daran gearbeitet, die Latschenwurzeln zu lockern. Als Albin den Befehl gab, hängten
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