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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder
Autoren: Joerg Kastner
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fragte Findig.
    »Der Vogt weiß nichts von Manegolds Machenschaften«, antwortete Sundra. »Er lässt sich nur von seinem Hass leiten.«
    »Und mein Vater?«, rief Gerswind, wobei sie die Rotelbin mit einer Mischung aus Abscheu und Unverständnis anblickte. »Warum hast du ihn und den Mönch Graman getötet?«
    »Manegold wollte es so. Die beiden schnüffelten zu viel herum. Der ganze schöne Plan drohte dadurch aufzufliegen.«
    Rohon trat dicht vor Sundra und betrachtete seine Töchter wie ein fremdes Wesen. »Du wolltest also den Stamm der Rotelben zu neuer - oder alter - Macht führen, ja? Und wer sollte auf dem Thron sitzen, du oder ich?«
    »Wir beide. Und es ist immer noch möglich. Alles, was hier gesagt wurde, kann unter uns Rotelben bleiben.«
    Als Albin diese Worte hörte, ließ er Gerswind los und zog sein Schwert mit dem goldverzierten Griff, das Königsschwert der Braunelben. Sundra hatte soeben das Todesurteil für Gerswind, Findig, Arne und ihn verkündet. Findig hielt seinen Dolch noch in der Hand. Aus den Augenwinkeln sah Albin, dass Arne sich bückte und das schwere Richtschwert vom Boden aufhob, das der geflohene Volko zurückgelassen hatte.
    »All unsere Mühen vergebens, zerstört durch deine Machtgelüste«, sagte der enttäuschte Rohon zu seiner Tochter. »Wir standen kurz davor, die Ehre der Rotelben wiederherzustellen. Du hast dieses Ziel in weite Ferne gerückt.«
    »Nicht unbedingt«, rief Findig. »Ich glaube dir, dass du unschuldig bist, Rohon. Und Albin glaubt dir auch. Wenn die Rotelben jetzt bedingungslos zur Sache der Nebelkinder stehen, wird Sundras Schande vergeben sein.«
    »Lächerlich!«, schnaubte Sundra. »Die Rotelben werden sich niemals unterordnen. Unsere Bestimmung ist es, zu herrschen. Erhebt die Waffen, Krieger!« Niemand folgte dem Aufruf. Zögernd sahen die Rotelben ihren Anführer an.
    Der sagte nach einem langen Blick in die Runde: »Einige von euch haben Sundras Schandtaten unterstützt. Vielleicht hat sie euch etwas vorgemacht, ich weiß es nicht. Aber ich will jedem verzeihen, der sich jetzt von ihr lossagt.«
    Sundra hielt ihre Zweiklingenwaffe mit beiden Händen hoch über den Kopf und rief: »Befolgt meinen Befehl, erhebt die Waffen! Wir werden die Rotelben wieder stark machen!«
    Aber nur einer erhob die Waffe: Rohon. Er stieß die Schwertklinge tief in Sundras Brust. Die Rotelbin brach vor ihm zusammen.
    Aus aufgerissenen Augen starrte sie ihren Vater an und röchelte: »Warum hast du...« Ihre Stimme erstarb, aber Sundra nahm alle Kraft zusammen. »Ich... deine Tochter...«
    »Nein, ich habe keine Tochter mehr«, sagte Rohon mit harter Stimme. »Ich habe meine Tochter in dem Augenblick verloren, als sie beschloss, den Weg der Schande zu beschreiten.«
    Kraftlos fiel Sundras Kopf zur Seite, das Leben hatte sie verlassen.
    Ein Stich ging durch Albins Brust. Er hatte Sundra gemocht, ohne aber zu wissen, dass sie alle Nebelkinder verraten hatte. Und doch machte sich das Gefühl eines Verlustes in ihm breit. Sie war klug und stark gewesen, hätte viel für ihr Volk leisten können. Er empfand Bedauern, dass sie auf diese Weise enden musste.
    Gelärme am Fuß des Hügels erregte seine Aufmerksamkeit. Wenrich und Volko hatten einen Teil der geflohenen Soldaten um sich geschart. Dreißig oder vierzig Männer setzten zum Angriff auf die Nebelkinder an. Bei ihnen war Waldo, der sich einen Speer gegriffen hatte. War der Mischler noch immer auf der Jagd nach Albin und nach dem Schatz, den es nicht gab?
    »Weg hier, bevor es ein Gemetzel gibt!«, befahl Albin.
    »Die Rotelben fürchten sich nicht«, sagte Rohon. »Im Kampf gegen die Männer des Vogts können wir zeigen, dass Ehre in uns steckt. Und euch sichert es die Zeit, die ihr zur Flucht benötigt.«
    Albin schüttelte den Kopf. »Ich kann keine Ehre darin entdecken, sich gegenseitig abzuschlachten. Und für die Deckung unserer Flucht ist gesorgt. Folgt mir!«
    Er nahm Gerswind an der Hand und lief den Hügel auf der den Soldaten abgewandten Seite hinab, gefolgt von Arne, Findig, Rohon und den Rotelben. Albin konzentrierte seine Gedanken auf den Nebel und er spürte, dass auch Findig seine Kräfte darauf richtete. Das Gewölk breitete sich aus und wurde dichter, aber es reichte noch nicht aus, um die Flüchtenden zu verbergen. Die Verfolger kamen ihnen gefährlich nahe. Wo blieb nur Gordo?
    Kaum hatte Albin an den Hauptmann gedacht, der nach Durins Tod den Treueschwur auf den neuen König der Braunelben geleistet
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