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Die Namenlose

Die Namenlose

Titel: Die Namenlose
Autoren: Hubert Haensel
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lassen sollen.«
    »Scida, du?«
    »Niemand sonst würde dich retten.«
    »Das ist wahr«, pflichtete Gerta bei. »Wegen eines Sklaven vergieße ich keinen Schweiß.«
    »Ich bin kein Sklave!« fuhr Gerrek auf.
    »Seid still!« zischte Gorma. »Wir haben es also geschafft. Aber wie lange wird es dauern, bis die Okeazar uns hier herausholen? Learges, falls er noch lebt, und seine Leute wissen nicht, daß jemand in dieser Röhre Schutz gesucht hat.«
    »Was schlägst du vor?«
    »Wir gehen weiter«, entschied die Amazone, und an Gerta gewandt, fragte sie: »Sagtest du nicht, die alte Straße führe zum Mittelpunkt von Ptaath?«
    Die Frau machte eine zustimmende Geste.
    »Dann werden wir den Weg gehen, so weit er reicht.« Gorma trat bis unmittelbar an den Rand des Wassers hin. Ein fahler Lichtschein schien aus der Tiefe zu kommen, und sie spiegelte sich in der leicht bewegten Oberfläche.
    »Niemand weiß, was uns erwartet. Ist es da nicht sicherer, zu verweilen?« sagte Kalisse.
    »Nein!« Gorma spie aus. »Mein Ziel ist die Tempelkuppel, und ich werde sie erreichen. Wer lieber bleiben will, soll es tun, aber ich lasse mich von niemandem aufhalten.«
    Der Weg stieg noch immer sanft an. Aber zweifellos ging es irgendwann ebenso wieder abwärts, sonst hätte der Tunnel vollständig geflutet sein müssen.
    Gerrek war es, der die Kiste in einer seitlichen Nische entdeckte: »Soll ich nachsehen, was sie enthält?«
    »Du nicht!« Gorma betonte das » Du «so eigenartig, daß der Beuteldrache zusammenschreckte. »Am Ende machst du wieder lange Finger.«
    »Das müssen die Fackeln sein und Brotfladen, von denen der Tritone gesprochen hat«, erinnerte Gerta sich.
    Tatsächlich enthielt die Kiste mehrere mit Pech und Stoffetzen umwickelte ellenlange Hölzer, zwei Feuersteine und Gebackenes, das sich jedoch schwammig anfühlte.
    »Was ist?« Gerrek machte den Versuch, sich zwischen die Frauen zu drängen, wurde aber kurzerhand zurückgestoßen. »Wer hat denn das Ding entdeckt, hä?« knurrte er gereizt. Daß er nicht einmal eine Antwort erhielt, schien ihn zutiefst zu kränken. Jedenfalls wandte er sich ab und schlenderte davon. Hinter ihm wurden erregte Stimmen laut. Gorma forderte, endlich eine der Fackeln anzustecken.
    »Ich habe nur einen Feuerstein«, erklärte Gerta. »Was soll ich damit anfangen.«
    »Der zweite muß auch irgendwo liegen, schließlich hatte ich ihn eben zwischen den Fingern.«
    »Dann gib ihn mir. Hier ist jedenfalls nichts.«
    Gorma schnaufte unterdrückt auf. Für den Bruchteil eines Augenblicks war Stille. Dann gellte ihr wütender Aufschrei durch den Tunnel:
    »Gerrek, wo steckst du vermaledeiter Drache?«
    Er antwortete nicht, hörte aber gleich darauf Schritte hinter sich herhasten.
    »Bleib stehen, oder du bekommst meine Klinge zu spüren.« Der Tonfall ließ erkennen, daß Gorma es bitterernst meinte.
    »Ich habe mich nur umgesehen«, murmelte Gerrek.
    »… und dabei rein zufällig einen Feuerstein mitgehen lassen.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Vielleicht hilft das deinem Gedächtnis auf die Sprünge.« Die Spitze von Gormas Klinge ritzte Gerreks zähe Drachenhaut. Er zuckte zusammen.
    »Ja, ja, jetzt erinnere ich mich wieder«, stöhnte Gerrek und versuchte, die Waffe zur Seite zu schieben.
    »Also…!«
    Gerrek setzte die unschuldigste Miene der Welt auf, als er den Stein aus seinem Beutel hervorzog.
    »Ich habe ihn gefunden«, grinste er. »Aber, wie du schon sagtest, rein zufällig.«
    Gorma verzichtete auf eine Antwort. Kurz darauf flammten die Fackeln auf und rissen rauhen, nackten Fels aus der Dunkelheit. Rötlich schimmernde Adern durchzogen das Gestein, das verschiedentlich ausgebrochen war. Verkrustete Salzablagerungen zeigten sich in unterschiedlichen Höhen an den Wänden. Allem Anschein nach hatte das Wasser früher den Stollen zur Gänze ausgefüllt und war erst in jüngerer Vergangenheit zurückgedrängt worden.
    »Sollten die Rebellen dafür verantwortlich sein?« fragte Scida.
    Sosona hob die Brotfladen hoch, die wohl zu lange in der feuchten Umgebung gelegen hatten. Eine dicke Schimmelschicht bedeckte sie.
    »Ungenießbar«, stellte die Hexe fest. »Taugt nur noch dafür, um es zur schnelleren Heilung auf Wunden zu legen.«
    Gerta winkte ab. Ohne Gerrek auch nur eines Blickes zu würdigen, schritt sie an dem Beuteldrachen vorbei.
    Die Fackeln würden lange brennen, zu dem hatte Gorma lediglich zwei angesteckt und die restlichen drei an sich genommen. Einen Tag
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