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Die Namenlose

Die Namenlose

Titel: Die Namenlose
Autoren: Hubert Haensel
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gierigen Maul nicht entrinnen konnte.
    Der Tempel stürzte ein, riß die eine Wand des Grabens mit sich. Gorma konnte noch erkennen, wie die Anemona von Felsen erschlagen wurde, dann erfaßte die entstehende heftige Flutwelle die Qualle und nahm sie mit sich.
*
    Um Learges her versank die Welt in einem einzigen Chaos. Aber er war glücklich. In Gedanken sah er Mergesa vor sich. Sie nickte ihm zu.
    Und Learges spielte das Rysha-Horn. Die Töne, die er hervorbrachte, ließen ihn taub werden.
    So hörte er nicht, daß der Tempel einstürzte. Learges starb mit einem Ausdruck der Zufriedenheit auf seinem Gesicht. Noch im Tod umklammerte er das magische Instrument.
    Im Grundlosen Wassergraben würde sein Name weiterleben.
*
    Die frei gewordenen Töne aus der Schattenzone peitschten die Wellen haushoch. Selbst die Sturmbrecher, von Learges’ Rebellen über Untiefen hinweg und an tückischen Klippen vorbei nach Ptaath geführt, stampfte und schlingerte in der aufgewühlten See. Hin und wieder sah man von Bord aus kämpfende Okeazar. Tertish hatte jedoch verboten, einzugreifen. Sie wartete auf eine weitere Nachricht Burras.
    »He! Dort!« Die Kriegerin, die neben ihr auf dem Vordeck stand, mußte schreien, um sich verständlich zu machen. Mit ausgestrecktem Arm zeigte sie auf etwas, das vielleicht hundert Schritte entfernt im Wasser trieb.
    Im nächsten Moment tauchte die Sturmbrecher in ein Wellental ein. Endlos lang schien die Zeit, bis das mächtige Schiff wieder hoch kam.
    Der dunkle Fleck entpuppte sich als Mensch.
    »Das - das muß Gorma sein«, brüllte die Kriegerin.
    Befehle gellten über das Schiff. Die Sturmbrecher holte über, setzte sich schwerfällig gegen den Wind. Jemand warf ein Tau ins Wasser.
    Mehr tot als lebendig stand Gorma kurz darauf auf den Planken. »Die Rebellen… sie holen die anderen«, keuchte sie.
    In unmittelbarer Nähe wölbte sich eine riesige Luftblase auf, um krachend zu zerplatzen. Tertisch glaubte ihren Augen nicht trauen zu dürfen, als sie Burra und Gudun heftig winken sah. Die beiden schleppten eine allem Anschein nach bewußtlose Gestalt mit sich, die sie in großflächige Geflechte aus Pflanzenfasern gehüllt hatten. Tertish konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte. Wohl hegte sie eine ganz bestimmte Vermutung.
    »Schnell unter Deck mit ihm«, war das erste, was Burra befahl. »Und zu niemandem ein Wort.«
    Gerrek und Kalisse wurden von Tritonen herangeschleppt, die sofort wieder tauchten. Langsam beruhigte sich der hohe Wellengang. Die eintretende Stille wirkte beinahe gespenstisch nach all dem, was ihr vorangegangen war. Der Beuteldrache und die Amazone wurden gefangengenommen.
    Dann kam Zaem. Sie schwebte mit Hilfe ihrer Zauberkräfte über dem Wasser. Scida und Sosona betraten kurz nach ihr das Schiff. Sogleich nahm Burra die Hexe zur Seite und redete auf sie ein.
    Zaem hielt sich nicht mit Erklärungen auf. Magische Formeln riefen ihren Regenbogenballon herbei, der unmittelbar über der Sturmbrecher verharrte. Die Zaubermutter brauchte nur zuzugreifen, um eine kurze Strickleiter zu entrollen.
    »Komm!« rief sie Burra. Und während die Amazone an Bord der Gondel ging, wandte Zaem sich den Tritonen zu.
    »Hört, Bewohner des Nassen Grabes«, hallte ihre Stimme weithin. »In meiner grenzenlosen Großmut will ich davon absehen, euch für das zu bestrafen, was die Meermutter getan hat. Aber…«, sie machte eine Pause, in der sich eine deutliche Drohung ausdrückte, »in Zukunft wird sich vieles ändern müssen. Fangt damit an, bevor mein Zorn euch ebenso vernichtet wie eure Göttin und deren höchste Priesterin.«
    Dann begab auch sie sich an Bord der Zaemora.
    »Wir fliegen zum Hexenstern, um endlich zu tun, was zu tun ist«, sagte sie zur Burra. »Nichts wird uns nun noch aufhalten.«
    Die Amazone zuckte kaum merklich zusammen, hatte sich aber sofort wieder in der Gewalt.
    »Verzeih, meine Mutter«, erwiderte sie ehrfürchtig, »wenn ich dich bitte, mich nochmals auf die Sturmbrecher zu schicken. Es gibt manches mit meinen Kriegerinnen zu besprechen. Sie benötigen neue Befehle.«
    »Ist es wirklich nur das?«
    »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    »Läßt du dich nicht vielmehr von deinen Gefühlen leiten?« fragte Zaem lauernd. »Du bedauerst, daß Mythor, der Sohn des Kometen, geopfert werden mußte. Aber er starb, weil es erforderlich war. Denn wäre er jemals zum Hexenstern gelangt, hätte Zahda ihr Vorhaben wahrmachen können, ihn und Fronja zu verbinden. Das
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