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Die Namenlose

Die Namenlose

Titel: Die Namenlose
Autoren: Hubert Haensel
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Zustand zu verbergen.
    Es würde ihm eine Ehre sein, die Meermutter und deren Gottheit mit in den Tod zu nehmen.
    Aber noch trug jener Mythor das Rysha-Horn, und er erweckte nicht den Eindruck, als würde er es sich nehmen lassen.
    Während sie durch verlassene Säulengänge hasteten, überlegte Learges fieberhaft, wie er in den Besitz der Waffe kommen konnte. Denn die Meermutter zu besiegen, war seine Bestimmung…
*
    Zaem erschrak, als unverhofft die Namenlose vor ihr erschien. Burra und die anderen waren noch nicht lange fort.
    Der Mantel der Schwarzen Mutter wies die ersten Farben auf. War sie gekommen, um ihren Triumph bis zur Neige auszukosten?
    »Zaem«, sagte sie verächtlich, »ich mußte lange auf die Stunde der Vergeltung warten. Wenn ich erst wieder den Regenbogen in seiner ganzen Pracht trage, soll Vanga erzittern. Nur leider wirst du meinen Sieg nicht mehr erleben.«
    »Was hast du vor mit mir?«
    »Das frage die Göttin.« Die Meermutter lachte schaurig. »Allerdings wird sie dir nicht antworten können. Denn nur mein Wort ist es, das über Tod und Leben entscheidet - ich bin die alleinige Herrscherin über Ptaath. Und bald wird mein Reich sich vom Morgen zum Abend erstrecken; dann werde ich es nicht mehr nötig haben, als höchste Priesterin aufzutreten, dann bin ich selbst die Gottheit.«
    »Du wirst tief fallen«, erwiderte Zaem. »Ich warne dich vor jenem Augenblick, der unweigerlich kommen wird.«
    »Ha«, machte die Namenlose. »Ist das alles, was du kannst: bellen wie ein Köter, der in die Enge getrieben wurde? Schade, wirklich schade, daß unsere Wege sich nun trennen. Grüße die Anemona von mir.«
    Auf einen befehlenden Wink hin stürzten zwei Hohenpriesterinnen herbei, packten die Zaubermutter und schleppten sie mit sich. In ohnmächtigem Zorn mußte Zaem es geschehen lassen.
    »Die Rebellen, die glaubten, mich besiegen zu können, sollen ein Schauspiel haben, das sie nie vergessen werden«, rief die Namenlose ihr noch nach. »Wie Würmer werde ich alle zwischen meinen Händen zerquetschen.«

8.
    Ein kleiner Felsendom öffnete sich vor ihnen, von dem aus reich mit Fresken verzierte Gänge in alle Himmelsrichtungen führten. Das mehr als zwei Schritt hohe, aus blutrotem Marmor gehauene Abbild einer riesigen Nacktschnecke, wie es sich ähnlich auf Ngore fand, beanspruchte fast den halben Raum.
    »Dort hinüber!« Burra deutete in die Richtung, in die auch beide Fühlerpaare wiesen.
    »Mythor«, sagte Learges unvermittelt, »gib mir das Horn.«
    Erstaunt wandte der Gorganer sich um. Dann preßte er die Lippen zusammen und schüttelte langsam den Kopf.
    »Bitte!« drängte Learges. »Es ist meine Aufgabe, die Meermutter zu vernichten. Vergiß nicht, daß ich ein Okeazar bin.«
    Mythor lächelte - dankbar, wie es schien. Doch gleichzeitig trat Verbitterung in seine Züge.
    »Du bist krank, Learges, und du würdest sterben, wenn du das Rysha-Horn bläst. Bringe dich lieber in Sicherheit.«
    »Nein! Ich habe ohnehin nicht mehr lange zu leben. Was auch geschieht, es ist mein eigener Wunsch…«
    Mythor vollführte eine Geste des Bedauerns.
    »Ich kann dich nicht wissend in den Tod schicken, Learges. Ich verriet einmal einen Mann, der mir fast ein Freund war…«
    »Du bist ein seltsamer Mensch, Mythor, hart und doch von weichem Herzen. Aber meine Bestimmung wirst du mir nicht nehmen.«
    Aus den Augenwinkeln heraus nahm Mythor eine flüchtige Bewegung wahr. Instinktiv die Gefahr ahnend, wirbelte er herum.
    Gleichzeitig schlug Burra zu. Der Sohn des Kometen wollte dem Stein den sie aufgehoben hatte, ausweichen. Er schaffte es nicht ganz. Ein fürchterlicher Schmerz, der sich quer durch seinen Nacken zog, lähmte ihn.
    Er wollte schreien, aber kein Laut drang über seine Lippen. Er taumelte und stürzte hart, ohne jedoch das Bewußtsein zu verlieren. Jemand zerrte ihm das Rysha-Horn von der Schulter.
    »Nimm es«, hörte er Burras Stimme, »und beeile dich. Blase das Horn im Mittelpunkt der Kuppel.«
    Irgendwie erfaßte Mythor noch, daß nur Learges gemeint sein konnte. Dann hüllte eine vollkommene Schwärze ihn ein. Das letzte, was er wahrnahm, waren schnell näherkommende Schritte.

    *

    Mit Learges ging eine deutliche Veränderung vor sich, kaum daß er das Instrument in Händen hielt. Von neuen Kräften erfüllt, hastete er weiter. Hätte er geahnt, wer gleich darauf aus einem der Gänge trat, er würde gewartet haben.
    Die beiden Amazonen ließen ihre Waffen sinken, als sie einen der Tritonen
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