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Die Namenlose

Die Namenlose

Titel: Die Namenlose
Autoren: Hubert Haensel
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hätte schlimme Veränderungen gebracht, die niemand in Vanga wünschen kann.
    Deshalb ist es gut, daß Mythor in den Trümmern des Tempels den Tod fand. Vergiß ihn! Auch die Hohe Frau Fronja muß sterben, denn sie droht ein Werkzeug des Bösen zu werden.«
    Burra schwieg dazu. Sie hatte etwas ganz und gar Ungeheuerliches begangen, hatte ihrer Zaubermutter die Treue gebrochen, die sie vormals durch den empfangenen Kuß besiegelte. Aber als sie handelte, hatte sie darüber nicht nachgedacht. Sie wollte nicht auf Mythor verzichten - auf einen Mann wie Caeryll.
    »Dich bedrückt mehr«, stellte Zaem fest.
    Burra erschrak. Wußte die Zaubermutter gar um ihre Gedanken? Damit hätte sie ihr Leben verwirkt. Doch das konnte nicht sein.
    »Es ist wegen Scida, Kalisse und Gerrek«, sagte sie schnell. »Sie sind Gefangene des Schwertmonds.«
    »Du willst, daß sie am Leben bleiben.«
    »Ja«, nickte Burra erleichtert. »Vielleicht kann man aus ihnen brauchbare Kämpfer machen, die unserer Sache dienen.«
    »Weshalb sollte ich dir gegenüber, weniger nachsichtig sein als den Okeazar. Lasse die drei nach Ganzak bringen, wo man sich ihrer annehmen soll.«
*
    Burras erster Weg führte unter Deck. Dort, tief im Bauch der Sturmbrecher, gab es einen verriegelten Laderaum, in dem Sosona auf sie wartete.
    »Nie werde ich gutheißen können, was du tust«, platzte die greise Hexe heraus, kaum daß die Tür hinter Burra und ihren drei Amazonen wieder zugefallen war. »Wenn Zaem je dahinter kommt, wird ihr Zorn sich gegen uns alle richten.«
    »Weshalb hast du mir dann geholfen?«
    »Ich weiß es selbst nicht«, gestand Sosona ein. »Mag sein, daß ich wissen wollte, was geschieht.«
    Burra bedeutete ihr, die Tücher von der reglosen Gestalt zu entfernen. Mythor hatte die Augen geschlossen, sein Gesicht wirkte entspannt. Kaum merklich hob und senkte sich sein Brustkorb. Sosona hatte ihn auf der hölzernen Liege festgebunden, damit auch hoher Seegang ihm nichts anhaben konnte, wenn niemand in seiner Nähe weilte.
    »Wie Caeryll«, nickte die Amazone gedankenverloren. »Ja, so könnte ich mir den Mann vorstellen.«
    »Mythor liegt im magischen Schlaf«, sagte Sosona. »Das war dein Wunsch.«
    »Dann bist du mir auch weiterhin für seine Sicherheit verantwortlich. Die Welt braucht nie zu erfahren, daß er noch lebt - ich will ihn für mich haben. Bringt ihn nach Ganzak, wo wir uns wiedersehen werden. Und gebt seine Kleider Scida zurück - sie soll ebenfalls glauben, daß ihr Schützling tot ist.«
    »Ich gehe zu ihr«, meinte Tertish. »Wenn wir den Stoff naß machen, wird sie überzeugt davon sein, daß ein Tritone den Umhang und das andere gebracht hat.«
    Nur das Gläserne Schwert mitsamt der Scheide konnten sie Mythor nicht abnehmen. Selbst im Schlaf hielt er beides so fest umklammert, als sei es ein Stück seiner selbst.
    Burra begab sich schließlich auf die Zaemora zurück, die von magischen Winden getrieben gen Süden flog.
    Nur wenig später setzten die Amazonen der Sturmbrecher die Segel und nahmen Kurs Südwest.
*
    Gerrek schniefte laut.
    »Diese verdammten Weiber«, preßte er hervor. »Sie haben ihn umgebracht. Er war mein Freund.«
    Aus feuchten Augen starrte er auf die klitschnassen Kleider, die Scida in Händen hielt.
    »Er ist gestorben wie ein Held«, sagte sie. »Vergiß das nicht. Er gab sein Leben für das Wohl Vangas.«
    »Und was tut Vanga für uns, he?«
    Kalisse erwiderte nichts. Was hätte sie auch sagen sollen?
    Sie sahen einem ungewissen Schicksal entgegen.
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