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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten
Autoren: Glenn Cooper
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Hand.
    Vor etlichen Stunden war er von Frazier und einem Sicherheitsteam, das eigens vom Groom Lake angeflogen war, in Hollywood auf der Straße geschnappt worden. Sie hatten ihn in einen schwarzen Tahoe geladen und waren zum Terminal für Privatflugzeuge am Flughafen gerast, wo sie ihn ohne jedes Verhör in einem Konferenzraum schmoren ließen, bis Lester eintraf. Will hatte den Eindruck, dass Frazier ihn am liebsten auf der Stelle umgebracht oder wenigstens ein bisschen gefoltert hätte; wenn jemand eines seiner FBI-Teams zusammengeschossen hätte, wäre es ihm vermutlich genauso gegangen, dachte Will. Aber er hielt Frazier auch für einen guten Soldaten, und gute Soldaten befolgten ihre Befehle.
    Frazier klappte Shackletons Laptop auf, betätigte ein paar Tasten und knurrte: »Wie lautet sein Passwort?«
    »Pythagoras«, antwortete Will.
    Frazier seufzte. »Verfluchter Klugscheißer. P-I?«
    »P-Y«, sagte Will.
    Kurz darauf sagte Frazier: »Hier ist sie, wie angekündigt, Mr. Secretary.«
    »Wie wollen Sie beweisen, dass Sie eine Kopie gemacht haben, Agent Piper?«, fragte Lester.
    Will zog eine Quittung aus seiner Brieftasche und warf sie auf den Tisch. »Memorystick heute bei einem Radio Shack gekauft, nach der Schießerei.«
    »Dann wissen wir also, dass Sie ihn irgendwo in der Stadt versteckt haben«, sagte Frazier verächtlich.
    »Die Stadt ist groß. Andererseits hätte ich ihn auch per Post verschicken können. Oder ich hätte ihn jemandem geben können, der möglicherweise nicht weiß, was er da in der Hand hat. Jedenfalls kann ich Ihnen garantieren, dass der Memorystick an die Medien geschickt wird, wenn ich mich nicht regelmäßig bei einer oder mehreren Personen melde, deren Namen ich nicht nennen werde.« Er rang sich ein knappes Lächeln ab. »Also, meine Herren, am besten vergreifen Sie sich weder an mir noch an jemandem, an dem mir etwas liegt.«
    Lester rieb sich die Schläfen. »Ich weiß, was Sie sagen wollen und warum Sie es sagen, aber in Wahrheit möchten Sie doch gar nicht, dass diese Daten jemals an die Öffentlichkeit gelangen, hab ich recht?«
    Will stellte das Glas ab und sah, wie der beschlagene Boden einen Ring auf dem Holz bildete. »Wenn ich das wollte, hätte ich das Ding persönlich an die Presse geschickt. Ich weiß nicht, ob die Öffentlichkeit etwas davon erfahren sollte. Wer, zum Teufel, bin ich schon? Ich wünschte jedenfalls, ich hätte nie davon erfahren. Ich hatte noch keine Zeit, in Ruhe darüber nachzudenken, aber schon das Wissen darum, dass diese Datenbank vorhanden ist, ändert – alles.« Er kicherte, als wäre er nicht ganz bei Sinnen.
    »Was ist so komisch?«, fragte Lester.
    »Für jemand, der Will heißt, hat der freie Wille eben eine ganz besondere Bedeutung.« Im nächsten Moment wurde er wieder ernst. »Tja, und inzwischen weiß ich gar nicht mehr recht, ob es so etwas wie einen freien Willen überhaupt gibt. Alles ist im Voraus festgelegt, stimmt’s? Nichts lässt sich ändern, wenn Ihr Name auftaucht. Habe ich recht?«
    »Sie haben völlig recht«, sagte Frazier bitter. »Andernfalls befänden Sie sich in diesem Moment nämlich in einem freien Fall aus neuntausend Meter Höhe.«
    Will ließ die gehässige Bemerkung an sich abprallen. »Sie haben damit gelebt. Wirkt sich das nicht auf Ihre Lebenseinstellung aus?«
    »Natürlich tut es das«, gab Lester scharf zurück. »Es ist eine Last. Mein jüngster Sohn, Agent Piper, ist zweiundzwanzig und leidet an zystischer Fibrose. Uns allen ist klar, dass er nicht die normale Lebenserwartung hat, und wir finden uns damit ab. Aber glauben Sie etwa, ich möchte wissen, ob sein Todestag bereits feststeht? Glauben Sie, ich möchte das genaue Datum wissen oder es ihm mitteilen? Natürlich nicht!«
    Frazier hatte eine andere Einstellung, und die jagte Will einen Schauer über den Rücken. »Für mich ist durch dieses Wissen alles einfacher. Ich habe schon vorher gewusst, dass Kerry Hightower und Nelson Elder an dem Tag sterben würden, an dem es sie erwischt hat. Ich musste nur noch zielen und abdrücken. Ich mache mir deswegen keine schlaflosen Nächte.«
    Will schüttelte den Kopf und gönnte sich noch einen Drink. »Genau da liegt das Problem, finden Sie nicht auch? Wie, zum Teufel, würde es auf der Welt zugehen, wenn die Sache bekannt wäre und jeder so denken würde wie Sie?«
    Nur das hohe Jaulen der Triebwerke war zu hören, bis Lester eine typische Politikerantwort gab. »Deshalb unternehmen wir ja auch alles in
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