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Die Nacht von Granada

Die Nacht von Granada

Titel: Die Nacht von Granada
Autoren: Brigitte Riebe
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moderne Schliffart erhalten. Die, die das Blau des Himmels in vielerlei Facetten widerspiegelt.«
    Der Goldschmied starrte auf den Saphir, der kornblumenblau war, makellos und ungewöhnlich groß.
    »Was für ein edler Brocken! Das müssen ja mindestens fünfzehn Karat sein«, murmelte er.
    »Das reicht nicht aus«, rief Gaspar und seine Hänge backen zitterten vor Erregung. »Es sind beinahe achtzehn!« Schon lag der Stein in einer der Waagschalen, und in die zweite ließ der Glatzkopf aus einer kleinen offenen Schale einige Samen des Affenbrotbaumes gleiten, die man benützte, um eine möglichst exakte Karatzahl zu bestimmen. »Siehst du? Achtzehn Samen, das bedeutet stolze achtzehn Karat. Genau, wie ich dir gesagt habe!«
    »Solch eine Kostbarkeit gehört bestimmt nicht dir«, sagte Antonio. »Woher hast du den Stein?«
    »Das kann ich leider nicht verraten.« Gaspar zuckte die Achseln. »Meine Anweisungen, du verstehst!«
    Antonio spürte, wie seine Abwehr wuchs.
    »Steck deinen Saphir ein und mach dich davon«, sagte er. »Ich kann dir nicht helfen, das weißt du. Und der, der es könnte, darf es nicht mehr. Kamal muss von morgens bis abends bei Ausbesserungsarbeiten auf der Alhambra buckeln. Dafür sind die Mauren in diesem neuen Granada gerade noch gut genug!«
    »Das kann nicht dein Ernst sein!« Gaspar rührte sich nicht von der Stelle. »Mich so hängen zu lassen, passt doch gar nicht zu dir.«
    Antonio schwieg eine ganze Weile.
    »Für wen soll der Ring denn sein?«, sagte er schließlich. »Zumindest damit müsstest du schon herausrücken.«
    Gaspars Hängebacken gerieten in zitternde Erregung. »Mit deinen unentwegten Fragen bringst du mich noch in Teufels Küche!« Er hob beschwörend die Hände. »Auch das obliegt natürlich allerstrengster Geheimhaltung …«
    Antonio hatte sich brüsk zur Seite gedreht und tat, als sei er wieder ganz mit seinem Kelch beschäftigt.
    »Warte!«, rief Gaspar. »Ich werde dir Auskunft geben, obwohl es gefährlich für mich werden könnte …« Er beugte sich über den Tisch. »Ein hoher Kirchendiener«, flüsterte er. »Verstehst du jetzt? Ein Auftrag von ganz oben.«
    »Ein Ring für einen hohen Kirchendiener, geziert mit einem Saphir, den ausgerechnet ein elender Maure umgeschliffen hat?«, konterte Antonio. »Das kann nicht dein Ernst sein!«
    »Natürlich darf das niemals herauskommen«, rief Gaspar. »Aber das muss es doch auch nicht! Was mich betrifft, so kann ich meine Zunge im Zaum halten, und ich wette, du und dein maurischer Freund, ihr seid ebenfalls in dieser Kunst geübt. Euer Schaden soll es übrigens nicht sein. Kamal schleift den Stein um und du fasst ihn anschließend in schweres Gold.« Er zog einen zweiten Beutel hervor. »Hier drin findest du alles, was du dazu brauchst.«
    »Aber das wäre doch Betrug«, sagte Antonio. »Und wieso legst du nicht selbst Hand an?«
    »Dieses hässliche Wort will ich niemals wieder aus deinem Mund hören! Weil ich dir entgegenkommen möchte, so einfach ist das. Ich biete euch beiden Möglichkeiten, wie ihr sie seit Jahren nicht mehr gehabt habt. Ihr müsst nur einschlagen.«
    »Und wo ist der Haken?« Antonio hatte dem Glatzköpfigen schon damals nicht getraut, das er noch Haare hatte, und er tat es heute ebenso wenig. Nichts an diesem heimlichen Geschäft gefiel ihm. Und trotzdem gab es da diese winzige unvernünftige Hoffnung, die sich unversehens in sein Herz gestohlen hatte.
    »Kein Haken, was denkst du bloß! Lediglich zwei alte Bekannte, die sich einen Gefallen tun und darüber im gegenseitigen Interesse Stillschweigen bewahren. Ich möchte meine Unkenntnis in diesem Bereich …« Gaspar begann zu hüsteln, als wäre ihm die Kehle auf einmal zu eng geworden. »… nicht unbedingt an die große Glocke hängen. Schließlich muss auch ich an die Zukunft denken. Übrigens nicht nur an meine Zukunft. Nach Lage der Dinge bin ich kinderlos geblieben, leider, während dich das Schicksal mit einer schönen Tochter beschenkt hat. Aber da ist der Sohn meiner Schwester, für den ich nach dem frühen Tod seiner Eltern zu sorgen habe. Außerdem hättet ihr das Geld doch dringend nötig, dein Maure und du, oder etwa nicht?«
    Jetzt lag auf einmal ein drittes Säckchen auf dem Tisch, das Gaspar mit vielsagendem Blick öffnete. Dann zählte er die Goldmünzen auf den Tisch, die im Sonnenlicht aufleuchteten.
    Vier Doblas!*
    In Antonios Kopf überschlugen sich die Gedanken. Er könnte endlich das Dach reparieren lassen, das seit dem
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