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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden
Autoren: Will Wiles
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mentalen Arithmetik, die mir die momentane Uhrzeit in Los Angeles erschließen würde, doch alles zerfaserte mir im Hirn wie nasser Zellstoff. Die Nummer von Oskars Hotel war nur eine Reihe unsinniger Symbole, und ich musste mehrmals blinzeln, bis sie leserlich wurde. Die Zeit dehnte sich zäh. Ob ich wohl immer noch betrunken war? Anzunehmen.
    Eine Stimme mit kalifornischem Akzent nannte den Namen des Hotels. Im Augenblick kam diese Stimme mir vor wie das einzig Reale auf der ganzen Welt. Sie verband mich mit Oskars Zimmer, es piepte durchdringend, klickte und klackte, dann setzte Klaviermusik ein – die Warteschleife. Ich versuchte mir die Worte zurechtzulegen, die ich sagen wollte, mir Oskars Gesicht vorzustellen. Doch alles, was ich sehen konnte, alles, woran ich denken konnte, war seine Wohnung, das genaue Abbild dessen, was Oskar sein wollte, von mir ruiniert und jetzt auch noch von fremden Kerlen okkupiert. Fast kamen mir die Tränen, aber dann brach die Musik mit einem knisternden Geräusch ab.
    Â»Ja?«, sagte Oskar.
    Â»Oskar, ich bin’s.«
    Â»Ich weiß.«
    Â»Oskar, hier sind zwei Männer – sie sehen wie Handwerker aus«, sagte ich. »Ich weiß nicht, was sie wollen, offenbar soll ich was unterschreiben.«
    Â»Sie sind früh dran«, sagte Oskar. »Ich hätte nicht gedacht, dass sie schon so bald kommen.«
    Â»Was? Wer sind die denn?«
    Â»Ich hab gestern angerufen«, antwortete Oskar, »aber du bist nicht drangegangen. Das sind Umzugsleute. Sie sind da, um einen Kostenvoranschlag für meinen Auszug zu erstellen.«
    Ich schluckte. Mir war, als würgte ich rostige Kugellager hinunter. Meine Lippen waren trocken. Oskar klang sehr ruhig.
    Â»Du willst ausziehen?«
    Â»Ja.«
    Â»Wegen mir?«
    Â»Ja.«
    In der Leitung ertönten gedämpfte Geräusche, als wechselte er den Hörer von einer Hand in die andere.
    Â»Ich habe deine Nachricht erhalten«, sagte er. Ich merkte, dass ich eine Weile stumm geblieben war. Weinbenebelte Erinnerungen geisterten mir durch den Kopf. Vage entsann ich mich, eine Nachricht hinterlassen zu haben – nur ihr Inhalt war mir entfallen.
    Â»Wegen des Bodens?«, riet ich.
    Â»Ja«, sagte Oskar. »Ich wusste es schon. Michael hatte so etwas erwähnt. Ada auch.«
    Â»Ada?«
    Â»Die Putzfrau. Ich habe gestern Abend mit ihr gesprochen.« Gestern Abend? Wie war das möglich? Vielleicht war sie doch nicht tot. Hoffnung und Entsetzen stiegen in mir auf, ein Erschrecken wie am Ende eines Horrorfilms, wenn sich zeigt, dass der Killer überlebt hat. Dann fiel mir die Zeitverschiebung wieder ein.
    Â»Ach so, gestern Morgen?« Ich fühlte mich wie von Stolperfallen umgeben.
    Â»Ja doch«, entgegnete Oskar, leicht genervt. »Ich wollte ihr sagen, dass die Umzugsleute kommen, damit Ada sie reinlässt.«
    Â»Verstehe.« Mir drehte sich der Kopf. Das Messer. Das Blut. »Sie hat sich ganz schön aufgeregt wegen des Bodens.«
    Â»Ja«, sagte Oskar, ohne sich anmerken zu lassen, was er davon hielt. »Ist jetzt wohl auch egal, da ich ausziehe.« Ich wünschte, er würde noch etwas hinzufügen, einen Hinweis darauf, was er über die Katze, das Messer wusste. »Sind die Umzugsleute noch da?«, fragte er nur.
    Sie waren noch da, beobachteten mich am Telefon, beide mit dem gleichen Ausdruck vorsichtigen Wohlwollens, als wäre ich ein potenziell gefährlicher Fall für die Psychiatrie. Ich fragte mich, wie ich wohl aussah. Wahrscheinlich nicht gut, nach einer Nacht auf dem Boden.
    Â»Ja, sie sind da«, sagte ich.
    Â»Unterschreib das Formular. Lass sie arbeiten, während wir reden. Ich muss dir einiges erzählen.«
    Ich ging zu den Leuten hinüber, nahm das Klemmbrett und unterschrieb. Die Nachwirkung der ganzen Trinkerei ließ meine Hand zittern, sodass der Schriftzug krakelig geriet, kaum als mein Name erkennbar, aber das musste reichen. Die Männer lächelten und begannen, irgendwas zu besprechen, wie Statuen, die zum Leben erwacht waren. Unglaublich – Oskar zog aus, wegen mir. Ich ließ mich auf den wohltuend weichen Ledersessel im Wohnzimmer sinken und nahm den Hörer wieder auf.
    Â»Oskar«, versuchte ich die Initiative des Gesprächs an mich zu reißen, »wieso willst du denn ausziehen? Wieso wegen mir?«
    Â»Natürlich wegen dir«, sagte Oskar. »Die Böden sind doch schwer beschädigt,
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