Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls
Autoren: Paul Auster
Vom Netzwerk:
war , bevo r sei n Lebe n sic h i n ein e Seifenope r verwandelt hatte, bevor die Erde sich um ihn aufgetan und ihn verschluckt hatte . Vielleich t wa r di e Zei t rei f fü r ein e Veränderung . E r hatte noch über sechzigtausend Dollar auf der Bank, und vielleicht soll t e e r da s Gel d zu m Aussteige n benutzen , solang e e s noch möglic h war.
    E r erzählt e de m Hauptmann , e r werd e nac h Minnesota umziehen. Eine durchaus plausible Geschichte, und Nashe tat sei n Bestes , si e überzeugen d klinge n z u lassen , un d erklärte umständlich, e i n Freun d seine s Schwager s hab e ih m angeboten, be i ih m in s Geschäf t einzusteige n (ausgerechne t eine Teilhaberschaf t a n eine m Eisenwarenladen) , un d da ß seine Tochte r i n eine r anständige n Umgebun g aufwachse n solle , und warum er das dafür halte. Der Hauptmann fie l darau f herein, was ihn aber nicht davon abhielt, Nashe ein Arschloch zu nennen . «Da s komm t nu r vo n deine r Frau , diese r Tussi» , sagte er . «Seitde m di e ihr e Mös e au s de r Stad t geschwenk t hat , tickst d u nich t meh r richtig , Nashe . E s gib t nicht s Erbärmli c here s als einen guten Mann, der an Mösenproblemen zugrunde geht. Reiß dich am Riemen, Mensch. Vergiß diese dämlichen Pläne, und tu dein e Arbeit.»
    «Tu t mi r leid , Captain» , sagt e Nashe . «Abe r mei n Entschluß steh t fest . Ic h hab e gründlic h darübe r nachgedacht. »
    «Nachgedacht? Wie bitte? Soviel ich sehe, kannst du längst nich t meh r denken.»
    «D u bis t doc h blo ß eifersüchtig . D u würdes t deine n rechten Ar m geben , u m mi t mi r z u tauschen.»
    «Und nach Minnesota umziehen? Vergiß es, Mann. Ich kann mi r zehntausen d ander e S achen vorstellen, die ich lieber täte, als neu n Monat e i m Jah r unte r eine r Schneeweh e z u leben.»
    «Na , wen n d u i n di e Gegen d kommst , scha u doc h ma l auf eine n Sprun g vorbei . Ic h verkau f di r dan n einen Schraubenziehe r ode r s o was.»
    «Sage n wir , eine n Hammer , N ashe. Vielleicht kann ich dir dami t ei n bißche n Vernunf t einbleuen.»
    Nac h diese m erste n Schrit t fie l e s ih m nich t meh r schwer , die Sach e bi s zu m End e durchzuziehen . I n de n nächste n fün f Tagen regelte er seine Angelegenheiten, rief den Vermieter an und sagt e ihm, er könne sich einen neuen Mieter suchen, schenkte seine Möbel der Heilsarmee, meldete Gas, Strom und Telefon ab . Al l da s gescha h mi t eine r Unbekümmerthei t un d Brutalität, di e ih m tief e Befriedigun g verschaffte , doc h nicht s davon reicht e a n da s Verg n ügen heran, einfach Dinge wegzuwerfen. Am ersten Abend legte er stundenlang Thérèses Sachen zusammen, stopfte sie in Müllsäcke und entledigte sich ihrer schließlich in einer systematischen Säuberungsaktion, einem Massenbegräbni s sämtliche r Dinge , di e auc h nu r di e leiseste Spu r ihre r Gegenwar t trugen . E r stürzt e sic h au f ihre n Schrank un d ri ß ihr e Mäntel , Pullove r un d Kleide r heraus ; e r zog Unterwäsche , Strümpf e un d Schmuc k au s ihre n Schubladen ; er entfernt e all e ihr e Bilde r au s de m Fotoalbum ; e r war f ihr Schminkzeug und ihre Modemagazine weg; er beseitigte ihre Bücher , ihr e Schallplatten , ihre n Wecker , ihr e Badeanzüge , ihre Briefe . Dami t wa r gewissermaße n da s Ei s gebrochen , un d al s er sic h a m Nachmitta g darau f mi t seine n eigene n Habseligkeiten zu befassen b e gann , gin g e r mi t de r gleiche n brutalen Gründlichkeit vor und behandelte seine Vergangenheit wie einen Haufen fortzuschaffenden Müll. Der komplette Inhalt der Küch e gin g a n ei n Obdachlosenhei m i n Sout h Boston . Seine Büche r schenkt e e r de r Studenti n übe r ih m ; seine n Basebal l - Handschu h ga b e r de m kleine n Junge n vo n gegenüber ; seine Plattensammlung verkaufte er an einen Secondhandladen in Cambridge . Dies e Transaktione n hatte n gewi ß etwas Schmerzliches , doc h Nash e began n diese n Schmer z beinah e zu begrüßen , sic h vo n ih m veredel t z u fühlen , al s würd e e s ihm , je weite r e r vo n seine m alte n Ic h abrückte , i n de r Zukunf t desto besse r gehen.
    E r ka m sic h vo r wi e einer , de r endlic h de n Mu t gefunde n hat, sich eine Kugel in den Kopf zu jagen – nu r da ß i n diese m Fall die Kugel nicht den Tod bedeutete, sondern das Leben; die Explosion , di e di e Gebur t neue r Welte n einleitet.
    E r wußte , auc h da s Pian o würd e verschwinde n müssen , aber da s lie ß e r bi s gan z zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher