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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls
Autoren: Paul Auster
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, da ß e r wußte , w o wi r z u finde n sind.»
    «Wußte er nicht», sagte der Anwalt. «Und glauben Sie mir, es wa r ein e Heidenarbeit , Si e aufzuspüren . Ha t mic h sech s Monate gekostet.»
    «Für mich wäre es viel besser gewesen, wenn Sie diesen Anru f a m Ta g de r Beerdigun g gemach t hätten.»
    «Manc h ma l ha t ma n Glück , manchma l nicht . Vo r sechs Monate n wußt e ic h noc h nich t einmal , o b Si e to t ode r lebendig sind.»
    Trauer zu empfinden war nicht möglich, aber Nashe nahm an, da ß e r au f irgendein e ander e Weis e berühr t sei n würd e – von etwa s mi t Traue r Verwa n dtem, vielleicht von einem Anfall späte r Wu t un d Reue . Immerhi n wa r diese r Man n sei n Vater gewesen , un d da s allei n hätt e ei n paa r tiefschürfend e Gedanken übe r di e Geheimniss e de s Leben s auslöse n sollen . Abe r e s stellte sic h heraus , da ß Nash e kau m etwa s an d ere s al s Freud e empfand. Da s Gel d wa r fü r ih n etwa s s o Außerordentliches , hinsichtlich seiner Konsequenzen so Umwälzendes, daß es alles andere unter sic h begrub . Ohn e allz u sorgfälti g darübe r nachzudenken, bezahlt e e r di e zweiunddreißigtausen d Dollar , di e e r dem Pleasan t Acres - Pflegehei m noc h schuldete , kauft e sic h einen neue n Wage n (eine n rote n zweitürige n Saa b 90 0 – de r erste Neuwagen , de n e r j e besesse n hatte ) un d nah m de n i n den letzte n vie r Jahre n angesammelte n Urlaub . A m Aben d vo r seiner Abreis e au s B osto n ga b e r sic h selbs t z u Ehre n eine verschwenderisch e Party , macht e mi t seine n Freunde n durc h bis dre i Uh r morgens , stie g dann , ohn e noc h ma l in s Bet t z u gehen, i n de n neue n Wage n un d fuh r nac h Minnesota.
    Und da begann die Decke über ihm einzustürzen. T rot z al l der Feier n un d Erinnerungen , i n dene n e r währen d diese r Tage schwelgte , wurd e Nash e allmählic h klar , da ß sein e Lage hoffnungslo s verfahre n war . E r wa r z u lang e vo n Juliette getrenn t gewesen , un d al s e r jetz t hinfuhr , u m sie zurückzuholen , schie n e s , al s hätt e si e gan z vergessen , we r er war . E r hatt e geglaubt , sein e Anruf e würde n reichen , irgendwie werd e e r fü r si e lebendi g bleiben , wen n e r zweima l wöchentlich mi t ih r telefonierte . Abe r wa s wisse n Zweijährig e von Ferngesprächen ? Sech s Monat e lan g wa r e r fü r si e blo ß eine Stimm e gewesen , ein e Ansammlun g diffuse r Geräusche , und nac h un d nac h hatt e e r sic h i n eine n Geis t verwandelt . Noch nac h zwe i ode r dre i Tage n verhiel t Juliett e sic h ih m gegenüber schüchter n un d zaghaf t un d wic h seine n Versuche n aus , si e in de n Ar m z u nehmen , al s glaub e si e nich t meh r richti g a n seine Existenz . Si e wa r ei n Tei l ihre r neue n Famili e geworden , un d er wa r kau m meh r al s ei n Eindringling , ei n fremde s Wesen , das vo n eine m andere n Planete n herabgefalle n war . E r verwünschte si c h , si e dor t abgegeben , alle s s o gu t organisier t z u haben. Juliett e wa r di e vergöttert e klein e Prinzessi n de r Familie geworden . E s ga b dor t dre i älter e Vetter n un d Kusine n zum Spiele n fü r sie , e s ga b de n Labrador , e s ga b di e Katze , e s gab di e Schauke l i m H i nterhof , e s ga b alles , wa s si e sic h nur wünsche n konnte . De r Gedanke , vo n seine m Schwager verdräng t worde n z u sein , ärgert e ih n maßlos , un d nac h einigen Tage n mußt e e r seh r a n sic h halten , seine n Grol l nich t z u zeigen. Ra y Schweikert , ei n ehemalige r Footb a l l - Spieler , de r e s zum Hig h - Schoo l - Traine r un d Mathelehre r gebrach t hatte , wa r Nashe imme r wi e ei n Blödman n vorgekommen , abe r da ß de r Ker l mit Kinder n umgehe n konnte , stan d gan z auße r Frage . E r wa r Mr. Good , de r großherzig e amerikanisch e Papa , un d mi t Don n a , die alle s zusammenhielt , wa r di e Famili e solid e wi e ei n Fels . Nashe hatte jetzt zwar Geld, aber war dadurch irgend etwas wirklich ander s geworden ? E r versucht e sic h vorzustellen , wi e Juliettes Lebe n sic h verbesser n ließe , wen n si e mi t ih m nac h Boston z u rückginge, vermochte aber kein einziges Argument zu seinen Gunste n anzuführen . E r wollt e egoistisc h sein , au f sei n Recht pochen , abe r imme r wiede r verlie ß ih n de r Mut , un d endlich beugt e e r sic h de r augenfällige n Wahrheit . Juliett e au s alldem herauszureiß e n würd e ih r meh r schade n al s
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