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Die Mordaugen von Brüssel

Die Mordaugen von Brüssel

Titel: Die Mordaugen von Brüssel
Autoren: Jason Dark
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uns auch nur mehr durch Zeichen. Auf dem Grund angekommen, mußten wir uns an die abgeteilten Strecken halten, die für Fußgänger vorgesehen waren. Nicht weit entfernt ratterten die LKWs mit ihren Erdladungen vorbei und krochen den steilen Weg der Ausfahrt in die Höhe. Wir brauchten nicht durch das schlammige Erdreich zu waten. Man hatte extra Wege geschaffen. Sie bestanden aus aneinander und nebeneinandergelegten Holzplatten, die wiederum eine gelbbraune Schicht aus Schlamm zeigten.
    Wenn ich an den Seitenwänden hochschaute, kam ich mir vor wie die Ameise, die vor einem Elefanten steht und dessen Ende so gut wie nicht erkannte.
    Die Wände waren gewaltig, unheimlich hoch. Sie schimmerten braungelb. Heller war das Holz der Gerüste, das die Wände abstützte, weil doch einige Stellen vom Einsturz bedroht waren. Maurice Reuven kannte den Weg genau. Er führte uns in einen Teil der Baugrube, wo nicht gearbeitet wurde. Dafür diente sie als Freilager. Eisenmatten, Holzstempel, Stangen, Bohrer, Hacken, Schaufeln, auch Raupen mit dicken Ketten standen hier.
    Maurice Reuven zündete sich eine Gitanes an. Er paffte drei Wolken und erklärte uns, daß wir uns nur mehr ein paar Schritte vom eigentlichen Ziel entfernt befanden.
    »Was finden wir dort genau?« wollte ich wissen.
    »Zwei alte Steinplatten.«
    »Mit einer Beschriftung?«
    »Sicher.« Er hustete und rauchte. »Sie ist, so würde ich meinen, sehr gefährlich, denn sie beinhaltet eine düstere Prophezeiung. Das erinnert mich ans Mittelalter, als man die großen Weissagungen machte. Für mich ist es einfach ein Teil der Apokalypse, und ich werde das Gefühl nicht los, daß sie sich erfüllen wird.«
    »Wann?« fragte ich.
    »Vielleicht in diesen Tagen?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Kann ich auch nicht sagen. Es ist mehr ein Gefühl, wissen Sie. Obwohl sich schon einiges verändert hat.«
    »Was?«
    »Es stand nichts in der Presse, aber es hat Zeugen gegeben, die Augen gesehen haben wollen. Riesige Augen von einer höllischen Kälte und Grausamkeit. Sie zeigten sich innerhalb der Kugeln des Atomiums. Das war in den letzten Tagen, und ich habe auch mit jemand gesprochen, der vor dem Ende warnte.«
    »Wer war das?«
    »Ein uralter Mönch. Er lebt in einem Kloster und bekommt dort seine letzte Versorgung. Der Mann weiß viel, aber er wurde von den meisten als Spinner abgetan. Meiner Ansicht nach braut sich etwas zusammen, das wir uns gemeinsam ansehen sollten. Außerdem habe ich ständig das Gefühl, verfolgt zu werden.«
    »Von wem?«
    »Fachen Sic mich nicht aus, Sinclair, von einem Unbekannten, verstehen Sie?«
    »Einer Person?«
    »Nein, einer Macht oder Kraft. Wie immer Sie es nennen wollen. Es gibt ja Menschen, die ihren Tod vorausahnen. Darüber habe ich früher gelacht. Heute nicht mehr. Ich werde einfach den Eindruck nicht los, daß man auch mich auf die Liste gesetzt hat.«
    Bill begann zu lachen und schlug Reuven auf die Schulter. »He, Maurice, so kenne ich dich ja gar nicht. Wo ist dein alter Schwung geblieben?«
    »Der ist vorbei.«
    »Ach komm, reiß dich zusammen. Wir sind zu dritt und werden das Kind schon schaukeln.«
    Reuven warf die Kippe zu Boden. »Entschuldigt, laßt uns jetzt weitergehen.«
    Bill warf mir einen langen Blick zu und hob dabei die Schultern. Er wurde aus dem Verhalten seines Bekannten ebenfalls nicht recht schlau. Zwei lehmbeschmierte Raupenfahrzeuge standen dicht nebeneinander. An ihnen schoben wir uns vorbei, und es öffnete sich ein Loch in der gelben Lehmwand.
    »Dort müssen wir rein«, sagte Reuven.
    Ich runzelte die Stirn. »Sieht aus wie ein Tunnel.«
    »Ist auch einer. Er endet dann in einer Höhle. Schalten Sie die Lampe ein, Sinclair, es wird gleich dunkel.«
    Der Strahl war nicht sehr stark. Als wir gingen, hüpfte er auf und nieder. Wie ein heller Fingertasteteer sich durch die Finsternis des Tunnels. Es roch nach feuchtem Lehm und alter Erde. Auf dem Boden zeichneten sich Spuren ab. Sie waren von Maurice Reuven hinterlassen worden, der diesen Weg nicht zum erstenmal schritt.
    Er hatte den Kopf eingezogen, obwohl die Gangdecke hoch genug war. Ich schaute mich in dem engen Tunnel so gut um wie eben möglich. Daß nur wenige Schritte hinter uns eine Großbaustelle lag, war kaum zu begreifen. Wir befanden uns hier in einer anderen Welt, die sich später auch äußerlich von der normalen Baugrube abhob, denn der Lehm an den Wänden verschwand und schuf einem grauen Gestein Platz. Es sah aus wie eine Landkarte, stand
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