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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten
Autoren: Unbekannter Autor
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aufhalten. Ein Nickerchen halte ich für eine gute Idee. Ich muß um Mitternacht zu einem Bankett in Peking sein.«
    Sofia verließ den Tisch und zog sich in ihre Kabine zurück. »Nun, was halten Sie von ihr?« fragte Judd leise, nachdem sie gegangen war.
    »Ich weiß nicht.« Merlin zögerte. »Sie macht einen ehrlichen Eindruck. Ob sie allerdings als Ärztin gut ist, kann ich nicht beurteilen.«
    »Darüber müßte uns der Bericht Auskunft geben«, erwiderte Judd. »Wecken Sie mich, wenn er eintrifft.«
    Merlin runzelte die Stirn. »Ich kenne Sie, Sir. Irgend etwas beunruhigt Sie.«
    »Es geht nicht um ihre medizinische Qualifikation. Es ist ihre Wachsamkeit. Sie ist irgendwie mehr als eine Ärztin. Sie scheint auf etwas zu warten.«
    Merlin begleitete ihn bis zur Treppe. »Sobald der Bericht da ist, gebe ich Ihnen Bescheid.«
    Kaum zwei Stunden später wurde Judd durch den Summer des Telefons geweckt. »Darf ich zu Ihnen heraufkommen?« fragte Merlin.
    »Ja, natürlich.« Judd stand auf und ging in seinen Aufenthaltsraum. Einen Augenblick später betrat sein Assistent das Zimmer.
    »Die Angaben über ihre medizinische Ausbildung stimmen.« Merlin legte den Computerausdruck auf den Tisch. »Aber die letzten Zeilen klingen recht interessant.« »Nicht überprüften CIA-Angaben zufolge«, las Judd, »ist die Betreffende auf Befehl Andropows vom KGB rekrutiert worden. Weitere Quellen werden noch überprüft.« Merlin kratzte sich am Kinn. »Wenn das wahr ist, was kann sie dann von uns wollen?«
    Judd schüttelte den Kopf. »Von uns wollen die nichts. Die interessieren sich nur für Dr. Zabiski.« »Ich verstehe nicht ganz.« Merlin war verwirrt. »Dr. Zabiski ist ein Genie«, erklärte Judd. »Aber sie ist auch nicht dumm. Sie verrät niemandem, was sie tut. Auch die Russen wissen nicht, welche Methoden sie anwendet.
    Deshalb hat sie mir Sofia angehängt. Auf diese Weise
    kann sie eine Weile ungestört arbeiten.«
    »Und was haben wir davon?«
    Judd lächelte. »Wir spielen eine Weile mit. Ich glaube, Frau Dr. Zabiski wird sich schon bei uns melden, wenn es für uns interessant wird.«
    »Glauben Sie wirklich?« fragte Merlin zweifelnd. »Ja.« Judd wirkte selbstsicher. »Ich habe der alten Dame das Händchen gehalten und ihr dabei fest in die Augen gesehen. Ich habe genau gespürt, daß sie zu uns hält.«
    6
    »Quaaludin und Interferon«, sagte Judd. »Das verstehe ich nicht. Das ist doch eine verrückte Kombination.« »So verrückt nun auch wieder nicht.« Li Chuan lehnte sich auf dem Rücksitz der großen Limousine zurück. »Unter dem Strich stehen harte Devisen.« Li Chuan war der Generalvertreter der Firma Crane Pharmaceuticals für ganz Südostasien. Er war in den Vereinigten Staaten geboren, lebte aber schon seit Jahren in Hongkong. »Im Jahre 1980 wird wahrscheinlich in der ganzen westlichen Welt kein Quaaludin mehr hergestellt werden dürfen. In Europa und Lateinamerika wurde die Produktion schon vor einiger Zeit gestoppt, und auch in den Vereinigten Staaten wächst der Druck der Öffentlichkeit. Die Firma Lemon bereitet sich auf die Einstellung der Produktion vor. Die meisten dieser Präparate sind heute schon Fälschungen von schlechter Qualität, die nur noch von Dealern verkauft werden.«
    »Und warum forcieren dann ausgerechnet die Chinesen die Produktion des Präparats?«
    »Bei ihnen scheinen diese Antidepressiva besser zu wirken als bei den Weißen. Die Verarbeitung im Stoffwechsel erfolgt sehr viel langsamer als bei anderen Rassen, deshalb bleiben den Chinesen die gefährlichen Rauschzustände erspart. In China sind es anerkannte Medikamente.« Li Chuan erlaubte sich ein Lächeln. »Die chinesische Regierung vertritt den Standpunkt, daß es gesünder ist, wenn ihre Leute Quaaludin schlucken, statt Opium zu rauchen. Opium ist schlecht für die Arbeit.«
    »Aber sie müssen doch wissen, wie die übrige Welt darüber denkt«, warf Judd ein. Li Chuan nickte.
    »Und trotzdem wollen sie, daß wir das Zeug weltweit verbreiten?« fragte Judd. »Crane Pharmaceuticals als globale Dealer?«
    »Ja«, bestätigte Li Chuan, »aber nicht ohne Gegenleistungen. Sie stellen uns fast hundert Prozent der Weltvorräte an Interferon in Aussicht. Crane Pharmaceuticals hätte praktisch das Monopol.«
    »So ein Mist«, fluchte Judd. »Wenn wir einsteigen in die Ge schichte, sind wir am Arsch, und wenn wir es nicht tun, genauso.«
    »So wie ich unsere Freunde kenne, werden sie das Quaaludin auf jeden Fall exportieren, ob
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