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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten
Autoren: Unbekannter Autor
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seiner Väter zu begeben.
    Das Hühnerfrikassee war köstlich und leicht bekömmlich gewesen, der Hummer a la Fra Diavolo war würzig und schmeckte nach Meer. Cesare legte eben seine Serviette hin, als ein Wagen in den Schloßhof fuhr.
    Wenige Minuten später brachte ihm der alte Diener einen Brief.
    Cesare riß ihn auf. Es waren Instruktionen, zwei eng maschinegeschriebene Seiten. Er las sie schnell durch, dann legte er den Brief langsam auf den Tisch und griff zum Espresso.
    Zwölf Jahre waren vergangen, und jetzt hatte ihm Matteo -nein: Don Emilio - seinen »Wechsel« zur Zahlung präsentiert. Mit Zinsen.
    Sechstes Kapitel
    Sie kamen aus dem Speisesaal. Am Eingang zum Spielkasino blieben sie stehen.
    Es war zehn Uhr abends, an den Spieltischen im Maharajah drängten sich die Gäste. Cesare blickte forschend in den Saal.
    »Du hast meine Frage gar nicht gehört«, sagte Barbara.
    Er drehte sich zu ihr um. In seinen Augen glomm eine sonderbare Erregung. »Nein, habe ich nicht, Liebste. Was fragtest du denn?«
    Sie sah ihn indigniert an. Andere Männer hätten sich entschuldigt oder behauptet, zugehört zu haben, doch er sagte einfach »nein«. »Ob Würfel oder Roulett, hatte ich gefragt.«
    Plötzlich lächelte er. »Roulett. An diese verrückten kleinen Elfenbeindinger habe ich schon genug verloren. Mit denen komme ich nie zurecht.«
    Sie gingen hinunter zu den Roulett-Tischen. »Zu dumm, daß hier nicht Bakkarat gespielt wird«, sagte Cesare. »Das ist wenigstens ein Spiel für zivilisierte Menschen. Man braucht dazu auch etwas Geschick, Glück allein tut’s dabei nicht.«
    Barbara steuerte auf einen Tisch zu. Er faßte sie am Arm. »An diesen nicht, der ist mir zu voll. An den da drüben«, sagte er.
    Der Tisch stand dem von Barbara gewählten gegenüber. Cesare hatte recht. Hier drängte man sich im Augenblick nicht so sehr.
    Er zog einen Stuhl für sie vor, sie setzte sich und schaute lächelnd zu ihm hoch. »Meinst du, daß heute ein Glückstag für dich ist?«
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Gewiß, ein großer Glückstag sogar.« Und damit legte er einen Stapel großer Chips vor sie hin.
    Auf Bakers Schreibtisch klingelte das Telefon. Er stellte seinen Kaffeebecher hin und nahm den Hörer.
    »Anruf von Jordan aus Las Vegas«, sagte die Zentrale.
    »Stellen Sie zu mir durch.«
    Ted Jordan meldete sich. »Hallo, George, wie geht’s bei euch in New York?«
    »Nicht gut«, antwortete Baker müde. »Wir stecken fest. Wir können uns nicht erklären, wie Dinky Adams umgebracht wurde. Wie benimmt sich dein Schützling?«
    Jordan lachte. »Ganz prima. Gerade jetzt hockt er beim Roulett und macht Einsätze, als ginge morgen die Welt unter.«
    »Wird er genügend abgesichert?«
    »Ich habe je einen Mann rechts und links von ihm postiert und einen direkt hinter ihm. Es kann niemand an ihn heran«, erklärte Jordan.
    »Das beruhigt mich nicht. Auch Adams hielten wir für abgesichert.«
    »Wenn du dir solche Kopfschmerzen machst, George, müssen wir ihn eben einschließen. In einer Zelle könnten wir ihn vor jeder Annäherung schützen.«
    »Du weißt doch, wo der Haken sitzt, Ted. Wenn wir das tun, erfährt die Verteidigung sofort, wer die Zeugen sind, bevor wir sie ins Gericht bringen. Und sobald sie das weiß, verweigern die Zeugen prompt die Aussage, und der Prozeß ist geplatzt.«
    »Matteo lacht sich bestimmt jetzt schon schief«, sagte Jordan.
    »Er wird nicht mehr lachen, sobald das Verfahren weitergeht«, prophezeite Baker.
    »Mein Knabe hier will zwanzig zu eins wetten, daß er nie bis
    in den Gerichtssaal kommt«, sagte Jordan.
    Ungläubig fragte Baker: »Soll das etwa heißen, daß er tatsächlich damit rechnet, umgelegt zu werden? Und geht trotzdem noch ständig ins Spielkasino?«
    »Genau das«, antwortete Jordan lakonisch. »Er meint, dagegen kann ihn sowieso kein Mensch schützen, deshalb will er sein Leben noch genießen, solange es möglich ist.«
    Baker beendete das Gespräch und ergriff wieder seinen Kaffeebecher. Das war etwas, was er bei diesen Typen nie ganz verstand: Sie waren Feiglinge, Kuppler und Mörder und trotzdem irgendwie Lebenskünstler. Oder war es nur Fatalismus?
    Der »Twister« saß am Roulett-Tisch und starrte auf die rotierende Scheibe. Als sie stillstand, fiel die Kugel in die rote Zwanzig. Er machte wieder eine Notiz auf einem schmalen Blatt Papier und addierte rasch die Zahlenkolonnen. Ja, er hatte recht: An diesem Abend war Schwarz entschieden öfter dran. Zeit für ihn, zu
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