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Die Moralisten

Titel: Die Moralisten
Autoren: Unbekannter Autor
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Arzt holen«, sagte Baker hastig, »und schafft die Frau hier raus.«
    Captain Strang betrat das Zimmer, als Luke Nichols und ein Polizist hinausgingen. »Die Baronin hat’s gut überstanden«, sagte er zu Baker. »Sie muß ein paar Tage liegen, hat aber nichts gebrochen.«
    »Aber. Ileana ist doch tot!« flüsterte Cesare.
    »Nein.« Baker schüttelte den Kopf. »Die untere Terrasse springt weit vor. So fiel sie nur ein Stockwerk tief, und eine Markise dämpfte noch ihren Sturz.«
    Cesare begann zu lachen.
    Strang sah Baker an und fragte: »Was ist mit ihm?«
    »Er liegt im Sterben. Hat Gift genommen«, antwortete Baker. Cesare sah die Männer an. Das war ja der ungeheuerlichste Witz von allem. Diese Narren wußten nicht, daß kein Borgia sich selbst vergiftete. Fast hätte er ihnen erzählt, was sich in Wirklichkeit abgespielt hatte, doch er behielt es für sich. Mochte auch das zu den vielen Einzelheiten gehören, die die stupiden carabinieri nie aufklären konnten. Er lachte wieder. Baker beugte sich über ihn. »Wo sind Matteo und Dandy Nick?«
    Lächelnd antwortete Cesare: »Tot. Alle sind tot.«
    »Warum haben Sie das getan, Cardinali - warum nur?« fragte Baker schnell. »Sie hatten doch ganz andere Ziele als diese Leute, und Ihnen hat das Leben alles beschert, was Sie sich wünschten.«
    Cesare versuchte, Bakers Gesicht genau zu betrachten, doch es verschwamm vor seinen Augen. »Das sagte mein Vater auch immer, Mr. Baker«, erwiderte er, »doch er hat mich nur in sein Haus aufgenommen, um den Namen Cardinali fortleben zu lassen. Aus keinem andern Grund. Und ich weiß nicht, ob Sie dafür Verständnis hätten. Es gibt nur zwei Dinge im Leben, die Bedeutung haben: Geburt und Tod. Alles, was dazwischen liegt, ist nichts. Leere.«
    Er rang nach Luft. »Nur wenn er mit diesen zwei Augenblicken konfrontiert ist, lebt ein Mann wirklich. Deshalb will er sich in die Frauen versenken, um erneut geboren zu werden. Deshalb stehen Sie jetzt alle da und sehen zu, wie ich sterbe, und sind freudig erregt über meinen Tod. In diesem Augenblick fühlen Sie sich lebendiger als je zuvor.« Erschöpft ließ er den Kopf zurücksinken. Sein Gesicht war schweißüberströmt.
    »Der Mensch ist wahnsinnig.« Es war Captain Strang, der das sagte. »Total wahnsinnig.«
    Cesare hob wieder den Kopf, um Strang anzublicken. Es kostete ihn seine ganze Kraft, durch den Schleier zu sehen, der sich vor seine Augen legen wollte. In der Ferne konnte er ein Kind weinen hören. Ja, vielleicht hatte der Mann recht. Vielleicht war er wirklich wahnsinnig. Aber wie kam ein Kind hierher, und weshalb weinte es? Und plötzlich wurde ihm bewußt: Es war sein Kind. Das war es, was Luke ihm noch hatte sagen wollen. Sie erwartete ein Kind von ihm.
    Er sammelte seine letzten Kräfte, um noch einmal sprechen zu können, und spürte, wie seine Lippen sich bei dieser schmerzhaften Anstrengung verzerrten. »Ist nicht. die ganze Welt. wahnsinnig?«
    Dann senkte sich der Schleier. Endgültig.
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