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Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)

Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)

Titel: Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)
Autoren: Volker Ferkau
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Madeleine. »Sonst bist du morgen im Gefängnis.«
    » Wie? Ich lach mich kaputt!«
    » So, mein Lieber!« Sie weist auf ihr Bücherregal. Henry starrt ihrem Finger hinterher und kapiert nichts. Ganz ruhig geht Moritz dorthin und nimmt den Camcorder raus.
    » Ist alles auf Film, Henry«, sagt er leise und lächelt.
    » Film?« Henry sieht aus wie ein Narr.
    » Ja«, sagt Madeleine. »Alles ist auf Film, und wenn du mich noch einmal belästigst, geht die Kassette an die Kripo. Dann wanderst du wegen Erpressung in den Knast.«
    » Also wissen diese Leute hier, was für eine du bist?«
    Madeleine überläuft es eiskalt und sie sagt ruhig: »Ja, sie wissen es. Seit einer halben Stunde wissen sie es. Lieber verliere ich meine Freunde, als den Rest meines Lebens einem wie dir ausgesetzt zu sein.«
    » Freunde verlieren?«, lacht Evelyn. »Madeleine wird immer meine Freundin sein.«
    » Ich wüsste nicht, warum sie nicht mehr meine Freundin sein sollte«, kichert Hugo. »Wegen so einer dämlichen Sache?«
    » Wie sind alle Sünder, oder etwa nicht?«, fragt Moritz, der Theologie studiert, und nimmt die Kassette aus dem massigen Gerät, das sie nur mit Mühe im Bücherregal verstaut hatten. »Und hier...« Die Kassette klatscht in seine freie Handfläche. »ist Ihr Geständnis, Henry. Also sehen Sie zu, dass Sie verschwinden, damit wir unser Fondue genießen könne, bei dem Sie uns gestört haben.«
    Henry Durand stiert vor sich hin wie ein Idiot. Er nickt. Dann geht er. Sieht nicht mehr zurück. Sein Gang ist staksig. Seine Schultern nach vorne gebogen.
    Die Tür fällt hinter ihm zu.
    Madeleine starrt ihm hinterher.
    Als sie nach einer unendlichen Weile zu ihren Freunden geht, empfängt sie Lachen. Moritz hatte ihr gemeinsames Fonue gefilmt und den Rekorder an den Fernseher angeschlossen. Die Aufnahmen sind lustig und jeder ist begeistert. So hat sich noch niemand gesehen.
    Henry Durand ist auf der Kassette nicht zu finden. Moritz hatte vergessen, das Gerät einzuschalten.

Stille Nacht, heilige Nacht ... 2
     
    Arndt sitzt im Sessel und betrachtet das leere Bett und danach den Holzbalken. Beides sind Orte des Todes.
    Es schaudert ihn und er überlegt, dass es besser ist, wenn er umzieht. Zu viel Leid hat diese Wohnung gesehen, zu viel Verlust.
    Er blättert versonnen in Thomas Willes Manuskript und hofft auf ein gutes 1985. Mit diesem Roman wird er endlich den Erfolg haben, den er sich wünscht. Dann hat er einen neuen Autor entdeckt, der von sich reden machen wird.
    Arndt fragt sich, wie er diesen Abend verleben wird. Im Fernsehen laufen Schmonzetten, einen Weihnachtsbaum hat er nicht, überhaupt konnte er Weihnachten noch nie etwas abgewinnen. Zu viel Hektik zuvor, zu sehr kommerzialisiert.
    Hier ist kein Raum für Kerzen und Weihnachtsstimmung.
    Er legt das Manuskript zur Seite und geht ins Badezimmer.
    Berlin ist eine große Stadt mit vielen Clubs, in denen X-Mas-Partys stattfinden.
    Noch immer ist er ein attraktiver Mann, etwas ergraut, aber schlank und auf wissende Weise sexy. Er duscht, zieht sich seine schönsten Sachen an, duftet sich ein und ist zufrieden mit sich.
    Fürchtet er sich vor der Krankheit, deren Herd er ist?
    Ja, das tut er. Doch er verdrängt es. Er hat sich schlaugemacht und weiß, dass ihm nicht mehr viele Jahre bleiben. Die nächste Erkältung kann ausreichen, um Mike zu folgen.
    Es ist nicht zu wenig Zeit, die ihm bleibt, sondern vielleicht zu viel Zeit, die er nicht nutzt.
    Er wird schenken, womit man ihn geißelt. Er wird das Kellerloch sein, von dem Dostojewski schrieb. Er wird bescheren, auf seine Weise. Das ist grausig, oh ja, aber es ist auch gleichzeitig erhaben, denn es macht ihn zum Gott über Leben und Tod.
    Während in anderen Familien Bescherung ist, Kinder mit glänzenden Augen den Weihnachtsbaum bestaunen und Eltern zu Tränen gerührt das gestotterte Weihnachtsgedicht ihrer Kleinen hören, macht Arndt sich wieder einmal auf, um zu leben.
    Solange es noch geht.

Stille Nacht, heilige Nacht ... 3
     
    Ottilie schiebt Hans vor sich her, jedenfalls ein bisschen. »Nun sei nicht so schüchtern«, sagt sie, obwohl Hans alles andere als schüchtern ist. Jedenfalls nicht, wenn sie im Bett sind.
    Hans, zwei Jahre älter als sie, Taxifahrer mit einem eigenen Unternehmen und Trainer des FC Bergborn, grinst verlegen.
    Mama kommt aus der Küche – kam sie eigentlich jemals woanders her? – und reicht Hans die Hand, der sie nimmt und fest schüttelt. »Schön, Sie kennenzulernen, Frau
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