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Die Midlife-Boomer

Die Midlife-Boomer

Titel: Die Midlife-Boomer
Autoren: Margaret Heckel
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Firmen ist also noch sehr viel zu tun, bis ihre Arbeitsbedingungen so gut sind, dass Ältere sich lieber für das Weiterarbeiten statt für die Rente entscheiden. Sobald jedoch der Fachkräftemangel in den einzelnen Branchen offensichtlich ist, dürfte dieser Prozess sehr schnell gehen.
    Wie die Firmen auf den Lehrlingsmangel reagieren, berechtigt zu der Hoffnung, dass im Bereich der älteren Arbeitnehmer Ähnliches passieren wird. Hinzu kommt, dass flexible Arbeitsbedingungen allen Mitarbeitern zugutekommen. Und wie das Beispiel des Ditzinger Maschinenbauers Trumpf zeigte, sind Wertschätzung der Mitarbeiter und angenehme Arbeitsbedingungen ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil auch beim Anwerben von jüngeren Fachkräften.
    Ein zweites großes Handlungsfeld ist die Rentengesetzgebung. Auch wenn die Regierung die Frühverrentung in den vergangenen Jahren nach und nach zurückgefahren hat, gibt es noch etliche Regeln, die nicht zu längerem Arbeiten einladen.
    So wird die bisherige Altersteilzeitregelung nur in den seltensten Fällen dazu genutzt, einen gleitenden Übergang in den Ruhestand zu schaffen. Fast immer handelt es sich um ein Blockmodell, bei dem bis zu einem gewissen Punkt voll gearbeitet wird. Danach wird die Arbeitszeit auf null reduziert, aber Lohn und Gehalt laufen weiter.
    Alternativ sehen die Rentenregeln eine sogenannte Teilrente vor. Dabei können Arbeitnehmer ab 63 Jahren entscheiden, ob sie ein Drittel, die Hälfte oder zwei Drittel der Rente antreten und gleichzeitig weiterarbeiten. Doch diese Regelung ist mit den möglichen Hinzuverdienstgrenzen so kompliziert und bürokratisch, dass gerade mal 3000 oder 0,02 Prozent 181 aller Rentner sie nutzen.
    Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen will die Teilrente deshalb ab dem Jahr 2013 in eine Kombi-Rente umwandeln und flexibilisieren. »Die vorzeitige Rente, der abrupte Ausstieg von heute auf morgen aus dem Job – das wird langsam zum Auslaufmodell. Immer mehr Menschen können und wollen länger arbeiten, wünschen sich aber für die letzten Berufsjahre einen anderen Rhythmus aus Beruf und Freizeit«, sagte von der Leyen der Rheinischen Post 182 .
    Von der Leyen möchte, dass Kombi-Rentner sich künftig beispielsweise für eine halbe Rente entscheiden und gleichzeitig in Teilzeit weiterarbeiten. Sie könnten dann deutlich mehr hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird.
    Ein Rechenbeispiel: Der Bruttoverdienst vor dem möglichen Rentenbezug liegt bei 2600 Euro, die zu erwartende Vollrente bei 1100 Euro. Wer sich jetzt für eine 50-prozentige Teilrente entscheidet, bekäme monatlich 550 Euro von der Rentenkasse und könnte bis zu 2050 Euro im Monat hinzuverdienen.
    Das ist deutlich attraktiver als das bisherige Teilrentensystem. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen will es noch vor der Sommerpause 2012 im Parlament einbringen. Bis ihre Idee im Gesetzblatt steht, dürfte sie dann allerdings noch etliche Änderungen erfahren.
    Auch wäre die Kombi-Rente wohl nur ein Schritt hin zur vollständigen Flexibilisierung der Altersgrenzen, wie sie beispielsweise durch von der Leyens Vorgänger Franz Müntefering gefordert wird. »Die starren Altersgrenzen sind ein Produkt der alten Industriegesellschaft mit ihren standardisierten Arbeitsprozessen«, sagt der Erfinder der »Rente mit 67« 183 .
    Wo sie aufgegeben werden, blühen neue Formen der Arbeit und wächst die Wertschätzung der Älteren. So haben Dänemark und Schweden ihre Rentengesetze auf den Kopf gestellt und damit ausgezeichnete Erfahrungen gemacht. Ab dem 60. Lebensjahr wird dort eine stark verringerte Teilrente gezahlt. Jedes Jahr, das der Beschäftigte länger arbeitet, erhöht die Rente. »Das Alter, in dem ein Ausscheiden möglich ist, hat wenig Bedeutung für den tatsächlichen Abschied vom Job, für die allermeisten Arbeitnehmer ist es nur eine Größe zur Berechnung des Alterseinkommens vom Staat«, schreibt die Wirtschaftsjournalistin Elisabeth Niejahr 184 .
    Darin liegen viel mehr Chancen, als auf den ersten Blick offensichtlich sind: Ein fixes »Enddatum« für das persönliche Arbeitsleben gibt es nicht mehr. Jeder kann jedes Jahr neu entscheiden, wie lange er weiter im Beruf bleiben will.
    Die Konsequenzen wären enorm. Für Unternehmen wäre es viel attraktiver, auch Ältere noch weiterzubilden. Die Arbeitnehmer gewönnen eine Fülle neuer Handlungsoptionen – und bekämen von der Öffentlichkeit die Ermunterung, auch als Midlife-Boomer noch mal
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