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Die Merowinger - Zorn der Götter

Die Merowinger - Zorn der Götter

Titel: Die Merowinger - Zorn der Götter
Autoren: Robert Gordian
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lässt euch nun eure geliebte Schwester zurück … in Kummer und Schmerz. Besonders wird Albofleda leiden, weil sie dann noch einsamer sein wird und kein Ehemann sie tröstet. Die Freude der einen ist das Leid der anderen!«
    Bobo seufzte und wartete auf eine Antwort, die seine Hoffnung auf Albofleda vielleicht noch einmal beleben konnte. Doch Lanthild hatte jetzt anderes im Sinn. Sie ließ ihn stehen und rannte davon.
    »Hochnäsige Ziege!«, brummte der dicke Majordomus. »Wer ist sie schon? Sie hat einen Misthaufen mit zwei Mansen geheiratet!«
    Lanthild stürmte treppauf und fand Audofleda in dem Gemach, das mal ihr gemeinsames Liebesnest war. Die Ältere bewohnte es nunmehr allein. Sie saß im Hemd auf einem Hocker, die Augen verweint, die Haare zerzaust. Mägde standen um sie herum, eine mit einem beschmutzten Gewand über dem Arm, andere mit einer Schüssel und Wasserkannen. Vor Schreck und Aufregung hatte sich Audo, die einen schwachen Magen hatte, erbrechen müssen.
    Lanthild schickte die Mägde hinaus und ging ihrer Schwester selber zur Hand.
    »Jetzt ist alles verloren«, wimmerte Audo. »Jetzt werde ich in der Fremde, in diesem schrecklichen Italien, zugrunde gehen.«
    »So weit ist es noch nicht«, sagte Lanthild. »Du hast eine schlechte Nachricht erhalten – ich komme mit einer guten. Chlodwig hat Jullus zum Comes ernannt. Schon in den nächsten Tagen soll er sich nach Paris begeben und seinen Posten dort antreten.«
    »So werde ich auch meinen süßen Jullus nie wiedersehen!«, rief Audo verzweifelt.
    »Reiß dich zusammen!«, fuhr Lanthild sie an. »Soll man dich hören? Wenn du willst, siehst du ihn sogar heute noch wieder. Noch heute Abend! Wir müssen uns dringend mit ihm beraten. Bevor er sich aufmacht, müssen wir drei gemeinsam einen Entschluss fassen.«
    »Was können wir denn jetzt noch tun?«
    »Darüber denke ich gerade nach.«
    »Ach, es ist sinnlos! Für Jullus und mich gibt es keine Zukunft mehr. Sollen wir uns Chlodwig zu Füßen werfen, ihm sagen, dass wir uns lieben und ihn anflehen …«
    »Nein. Das würde ihn kaum rühren.«
    »Auf keinen Fall wird er die Gesandtschaft zurückweisen. Auch wenn er immer auf die Ostgoten schimpfte, hat er doch sehnsüchtig darauf gewartet, dass sie mich holten. Jetzt sind sie da …«
    »Ja, sie sind da. Doch er weiß es noch nicht.«
    »Er wird es erfahren …«
    »Nicht vor drei Tagen! So lange haben wir Zeit. Wenn wir nun schneller wären als die Gesandtschaft …«
    Lanthild legte nun dar, wie man den Goten zuvorkommen könnte. Noch war der Plan nicht ausgereift, doch je lebhafter die Vierundzwanzigjährige redete, desto mehr Kontur gewann er.
    Audo wagte zunächst kaum zu hoffen, dass es noch einen Ausweg aus ihrer Lage geben könnte. Doch hatte sie keine andere Wahl, als auf all das zu vertrauen, was jetzt noch helfen konnte: Glück und Heil, das Wohlwollen der Götter, einen milde gestimmten königlichen Bruder, einen tapferen Geliebten.
    Der heiße Wunsch, das Schicksal doch noch zu wenden, besiegte schließlich ihre Verzagtheit. Nun konnte ihr alles nicht schnell genug gehen. Auch sie legte Männerkleider an, stopfte ihr langes, blondes Haar unter eine Kappe, hängte zum Zeichen ihrer Kampfbereitschaft sogar ein Schwert an den Gürtel und stieg zu Pferde. Und da sie eine vortreffliche Reiterin war, legte sie immer wieder einen Galopp vor, so dass die Schwester und ihre Begleitung kaum folgen konnten. Noch ehe die letzte Stunde des Tages anbrach (das hieß damals: die letzte Stunde bei Tageslicht), war das Gut der Sabauder erreicht. Den Schein zu wahren, hielt Audo hier nicht mehr für nötig. Vor den Augen seiner Verwandten und der Leute vom Gut stürzte sie dem verblüfften Jullus in die Arme.
    »Die einzige Hoffnung für euch besteht darin«, sagte Lanthild, als sie später zu dritt unter sich waren, »Chlodwigs Einverständnis zu bekommen, bevor er erfährt, dass die Ostgoten hier sind. Wenn er eurer Verlobung erst einmal zugestimmt hat, kann er nicht mehr zurück. Und selbst wenn er es wollte, würden die Goten nicht wagen, ihrem König eine Braut zu bringen, die vorher einem fränkischen Grafen verlobt war.«
    »Aber wie soll ich ihn der Sache geneigt machen«, sagte der junge Mann seufzend. »Ja, wäre ich schon eine Weile im Amt und könnte Verdienste aufweisen. Doch so … kaum ernannt und gleich der Griff nach dem Höchsten … der Heirat mit seiner Schwester …«
    »Du musst es wagen«, sagte Audo und schmiegte sich an
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