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Die Merowinger - Zorn der Götter

Die Merowinger - Zorn der Götter

Titel: Die Merowinger - Zorn der Götter
Autoren: Robert Gordian
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allen Sinnen bei den Angelegenheiten der Lebenden. Sie ließ ihre Dienstleute wecken und die Pferde aufzäumen und war unterwegs, noch bevor sich der König mit den Seinen zur Jagd auf die Auerochsen in Bewegung setzte. Immerhin war etwas erreicht: Jullus Sabaudus erhielt das Comitat von Paris. So war Hoffnung, dass Lanthild ihre Lieblingsschwester nicht auf Nimmerwiedersehen an einen irgendwo hinter den Bergen hausenden Gotenkönig verlieren würde.
    Schon in der dritten Stunde traf sie Jullus auf dem Gut seines Bruders und berichtete ihm von seinem Glück. Er war außer sich vor Freude. Unverzüglich machte er sich an die Arbeit und verfertigte in gehobenem Latein und schönster kalligraphischer Ausführung seine Ernennungsurkunde. Und schon in den nächsten Tagen wollte er aufbrechen und sich nach dem Zwischenaufenthalt beim König in Berny an seinen Bestimmungsort begeben.
    Lanthild kehrte nach Soissons zurück und erreichte die Stadt um die Mittagszeit.
    Als sie den Palasthof betrat, fand sie dort lange Tische aufgestellt, zwischen denen allerlei Kurzweil getrieben wurde. Die Herren, die die Hochzeitsgesandtschaft der burgundischen Könige bildeten, saßen hier mit fränkischen Dienstleuten zusammen, tranken und sahen Waffenübungen zu, bei denen die Jüngeren beider Seiten miteinander wetteiferten. Viel Gelächter gab es, wenn die Burgunder sich mit der Franziska versuchten und die ins Auge gefassten Zielpunkte weit verfehlten. Dafür zeigten sie zum Erstaunen der Franken vollendete und gewagte Reiterkunststücke.
    Die Stimmung an den Tischen war heiter, fast ausgelassen. Das große Wort führte Bobo, der als Stellvertreter des Königs auf dessen Platz in der Mitte saß, flankiert von den vornehmsten Gästen. Er war gemeinsam mit Ursio gerade aus Cambrai zurückgekehrt und spielte nun laut und gewichtig den Gastgeber. Als er Lanthild vom Pferd steigen sah, erhob er sich und schob ihr gemächlich seinen mit goldenen Zierwaffen und silbernem Gürtelschmuck dekorierten Bauch entgegen.
    Kühl erwiderte sie seinen Gruß und gab kurz angebunden Auskunft, als er sich nach seinem »Freund und Gefolgsherrn« und dessen Befinden erkundigte. Sie wollte sich schon abwenden. Aber breit lächelnd stellte er ihr eine Frage, die sie wie ein Keulenschlag traf.
    »Weißt du schon, Herrin, dass du nun bald nicht nur die Schwester eines Königs, sondern auch die einer Königin sein wirst?«
    »Wie? Ich? Schwester einer … Was meinst du damit?«, stammelte sie.
    »Der König der Ostgoten, Herr Theoderich, schickt uns aus seiner Hauptstadt Ravenna eine Gesandtschaft, die in den nächsten Tagen hier eintreffen wird. Sie soll unsere schöne Audofleda abholen.«
    »Das ist nicht wahr!«, schrie Lanthild so laut, dass die lärmenden Zecher an den Tischen aufmerksam wurden.
    »Oh doch!«, bekräftigte Bobo. »Die beiden Männer dort am Ende des Tisches, die wie bunte Vögel gekleidet sind … siehst du sie? Sie kommen aus Italien und bilden die Vorhut, um uns vorzubereiten. Die eigentliche Gesandtschaft unter Leitung eines Bischofs Albilas ist noch fünf Tagereisen zurück. Zu unserer Hochzeitsfeier wird sie aber rechtzeitig eintreffen. Wie glücklich wird mein Freund und Gefolgsherr sein, wenn er das erfährt! Wie wird er die Botschaft genießen! So hat er doppelten Grund zur Freude!«
    Bobo spitzte die Lippen und erzeugte einige Schmatzlaute, als schmeckte er den Genuss im Voraus.
    »Weiß meine Schwester es schon?«, fragte Lanthild.
    »Gewiss. Ich selbst überbrachte ihr die glückliche Kunde. Vor Überraschung sank sie beinahe in Ohnmacht. Ihre Frauen mussten sich um sie kümmern.«
    »Und habt ihr schon Nachricht nach Berny gesandt?«
    »Noch nicht. Die Männer aus Italien sind ja gerade erst hier eingetroffen. Du siehst, mit welchem Appetit sie sich stärken. Ich hätte sie gleich nach Berny weitergeschickt, aber soviel ich weiß, ist mein Freund und Gefolgsherr zur Jagd aufgebrochen. Die Männer haben einen langen, beschwerlichen Weg hinter sich. So können sie erst einmal hier rasten und sich erholen.«
    »Das ist vernünftig!«, sagte Lanthild rasch. »Chlodwig wird erst in ein paar Tagen zurück sein, frühestens übermorgen. So lange hat die Sache wohl Zeit.«
    »Mag sein. Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es jetzt nicht mehr an. Am Ende ist es nun doch noch ein König. Wie schön! Aber es wird gewiss der Einzige bleiben, denn ringsum sind alle anderen schon vermählt, auch die erwachsenen Söhne der Könige. Ja, so
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