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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus
Autoren: Ralf Isau
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nickte.
    »Bravo!«, rief Eibo.
    Der Reverend starrte erschrocken die Puppe an, dann ziemlich streng den Bräutigam, dessen Bauchrednerkunst stadtbekannt war. Hiernach wandte sich der Priester an die Gemeinde und teilte ihr umständlich mit, dass Arian und Mira in den heiligen Bund der Ehe eingewilligt hätten, dies von allen bezeugt werden könne und sie außerdem ihre gegenseitigen Schwüre durch das Geben und Empfangen eines Ringes und die Verbindung ihrer Hände veranschaulicht hätten.
    Aus dem Hintergrund hörte man Schluchzen und Schniefen, als habe er gerade einen Toten ins Jenseits verabschiedet. Von den hinteren Bänken erscholl das Seufzen von Meggy, dem Dienstmädchen. »Was für ein hysterischer Augenblick!«
    »Historisch!«, knurrte sie jemand an.
    Nach einem abschließenden Segen für das Brautpaar sprach der Priester endlich die erlösenden Worte. »Du darfst die Braut jetzt küssen.«
    Darauf hatte Arian nur gewartet. Er griff nach Miras Hand und umarmte die Braut. Ihr glückliches Lächeln trieb ihm die Tränen in die Augen. Er legte seinen Mund auf ihre Lippen und dankte Gott, dass doch erst Sonntag war.

    Das anschließende Fest auf Hercules Hall war so rauschend, wie Arian es befürchtet hatte. Indes störte ihn der Trubel nicht mehr. Das Glück, das er an Miras Seite empfand, war wie eine Droge. Er schaffte es sogar, auf einem Bein zu tanzen, wenn auch nur sehr kurz.
    Irgendwann, er saß eng umschlungen mit Mira auf einem Sofa, kamen Tarin und Charlotte zu ihnen – Hand in Hand.
    Arian schmunzelte. »Werden wir bald die nächste Hochzeit feiern?«
    »Gut möglich«, antwortete Tarin grinsend. »Doch zuvor sollten Charlotte und ich in Frankreich noch etwas Dringendes erledigen. Wir müssen einen letzten Namen von Miras Liste streichen. Erst am Tag unserer Abreise haben wir erfahren, wo wir den dazugehörigen Körpertauscher finden. Schon mal was von Jean-Baptiste Carrier gehört?«
    Arian schüttelte den Kopf. »Sagt mir nichts.«
    Aber Mira kannte ihn. »Ein Abgeordneter der Montagnards – der ›Bergpartei‹. Was hat er getan?«
    »Der Konvent hat Carrier als Kommissar nach Nantes geschickt, wo er sechzehntausend Menschen töten ließ«, antwortete Charlotte.
    »Mein Gott!«, entfuhr es Arian.
    »Wohl eher der Teufel«, brummte Tarin. »Dieser Scherge des Metasomenfürsten hat sich die ›patriotische Taufe‹ einfallen lassen, um Kugeln zu sparen. Im letzten Winter befahl er, gefesselte Aufständische mit Barken auf die Loire hinauszufahren und zu ertränken. Seine Gehilfen haben die armen Hunde einfach mit Stangen unter Wasser gedrückt, bis sie nicht mehr zappelten. Ungefähr zweitausend sollen so verreckt sein.«
    »Wann wollt ihr abreisen?«
    »Morgen früh. Deshalb dachten wir, es sei klug sich gleich von euch zu verabschieden.« Tarin zwinkerte. »Könnte ja sein, dass es heute Nacht spät bei euch wird.«
    Arian umarmte ihn. »Danke. Für alles. Ich war manchmal eifersüchtig auf dich, aber du warst mir trotzdem ein treuer Kamerad.«
    Tarin klopfte ihm auf den Rücken. »Was heißt hier war? Übrigens bin ich froh, dass du mir das Mädchen ausgespannt hast. Ich hab eins gefunden, das besser zu meiner Größe passt.«
    »Möge Gott seine Hand über euch halten.« Arian reichte seinen Freund an Mira weiter, die selbst gerade Charlotte an sich gedrückt hatte.
    »Was ist eigentlich aus dem Feuerkristall geworden?«, fragte die ihn.
    »Er ist im Theater verbrannt.«
    »Ganz sicher?«
    »Wir lassen nach ihm suchen. Aber ich habe wenig Hoffnung. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich ihn wiederhaben will. Er würde mich immer an Morpheus erinnern.«
    Sie nickte. »Das verstehe ich. Meine Vergangenheit möchte ich auch nicht ständig mit mir herumtragen. Manchmal ist es besser loszulassen.«
    In den kommenden Wochen und Monaten wurden viele Pläne gemacht. Philip Astley, der Arian ein väterlicher Freund blieb, plante ein neues Theater, das nicht nur einen Ring, sondern auch eine Bühne bekommen sollte. Für Ostern 1795 plante er die erste Vorstellung.
    Zedekiah Blacksmith plante, dem jungvermählten Paar weiterhin als Diener zur Verfügung zu stehen, ob sie wollten oder nicht.
    Elizabeth Fulhame plante, nach Schottland heimzukehren, ihren Mann neu zu erobern und ihr Buch Versuche über die Wiederherstellung der Metalle durch Wasserstoffgas zu veröffentlichen.
    Tobes plante, eine Vater-Sohn-Beziehung zu Arian aufzubauen, was einiges Fingerspitzengefühl erfordern würde, weil da nun
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