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Die Marseille-Connection

Die Marseille-Connection

Titel: Die Marseille-Connection
Autoren: Massimo Carlotto
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Chirurgen der USA gelernt.
    Der Arzt nahm Aleksandrs Kinn und musterte sein Gesicht. »Perfekte Proportionen, ich bezweifle, dass ich etwas ästhetisch ähnlich Perfektes hinbekomme«, erklärte er. »Sie riskieren, hinterher weniger attraktiv zu sein, genau das Gegenteil von dem, wofür meine Patienten sonst zu mir kommen.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich möchte ein Autoverkäufergesicht, verstehen Sie, was ich meine?«
    Bruna bewegte sich unruhig im Schlaf. Sie hatte sich mit Schlafmitteln vollgestopft. Trotzdem war ihr, als würde irgendeinIdiot an die Tür klopfen. Sie machte ein Auge auf und schielte zu Juan hinüber. Er schlief tief, hatte sich die Ohren gestöpselt, nicht mal Kanonendonner würde ihn wecken. Ein Blick auf die Uhr: Viertel nach sechs morgens. Das konnten nur die Bullen sein, doch dann dachte sie, niemand, auch nicht die Polizei, wusste, wo ihre alte Wohnung lag. Schwankend stand sie auf, suchte ein paar Sekunden lang ihre Hausschuhe, verzichtete letztlich aber darauf, zog sich auch nichts weiter über. Diese Affen hörten nicht auf zu klopfen. Wer auch immer das war, musste sich mit ihrem zweihundert Euro teuren Babydoll begnügen.
    Das Kommissarin Bourdet aber gerade zu schätzen wusste. »Du bist eine echte Schönheit, Bruna«, meinte sie bewundernd. »Wo ist Santucho?«
    »Vielleicht gar nicht hier.«
    B.B. verpasste ihr eine Ohrfeige. »Ich habe gefragt, wo er ist!«
    »Er schläft.«
    Die Kommissarin ging den Korridor hinunter und suchte das Schlafzimmer. Sie setzte sich auf den Rand des Bettes und machte die Nachttischlampe an, bevor sie Garrincha heftig schüttelte. Er schrak hoch, stinkwütend. Tausendmal hatte er Bruna gesagt, er wolle ganz, ganz sanft geweckt werden. Als er die Polizistin erkannte, zuckte er zusammen.
    »Guten Morgen, Madame«, stotterte er mit trockenem Mund. »Ich hatte nicht mit Ihrem Besuch gerechnet.«
    »Vor allem nicht hier, was? Du hast gedacht, du kannst dein Liebesnest vor mir verborgen halten?« Sie stieß ihn mit den Fingerspitzen vor die Stirn. »Du hast den Unterschied zwischen den Dorfpolizisten bei dir zu Hause und denen in Marseille immer noch nicht begriffen, was?«
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er fügsam.
    »Heute bin ich mit einer Frage aufgewacht, die ich mir einfach nicht beantworten kann, und vielleicht kannst du mir helfen.«
    »Wenn ich kann, sehr gern.«
    »Woher konnten die Freunde des Russen wissen, dass er, sagen wir, mein Gast war? Hast du eine Idee?«
    »Nein. Ich weiß nicht mal, was das für Leute sind.«
    »Weißt du, Juan, ich bin hergekommen, denn je länger ich darüber nachdenke, je stärker bin ich davon überzeugt, dass du mich hintergangen hast. Eine andere Erklärung kann es nicht geben. Ich habe dir schon gesagt, ich bin dein einziger Gott, und seinen Gott belügt man nicht. Willst du mir vielleicht endlich die Wahrheit sagen?«
    »Ich habe ihn einen einzigen Anruf machen lassen«, gab der Paraguayer zu. »Eine Minute, länger nicht.«
    »Mit wem hat er telefoniert?«
    »Mit einem Inder.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Ich weiß nicht«, log er, »ich habe nicht zugehört.«
    B.B. seufzte. »Du hast einen Riesenmist gebaut, Juan, und diesmal kann ich dir nicht verzeihen. Diesmal schicke ich dich zur Hölle.«
    Sie stand auf und ging aus dem Schlafzimmer, von Garrinchas Schreien gefolgt: »Sie können mich doch nicht für einen Scheißanruf in den Knast schicken, ich arbeite für Sie, ich mache das wieder gut. Ich mache sämtliche Banden platt, die hier dealen, und serviere Ihnen das Dreizehnte auf einem Silbertablett!«
    Die Kommissarin packte Bruna beim Arm und zerrte sie in die Küche. »Mach Kaffee, Hübsche.«
    Sie öffnete die Wohnungstür und ließ Delpech, Brainard und Tarpin herein. »Ihr seid dran.«
    Die drei Inspektoren stürzten ins Schlafzimmer, wo Garrincha gerade in die Hose stieg. Er wurde blass: »Scheiße, was denn noch?«
    Delpech kicherte hämisch, nahm ein zweimal gefaltetes Schreiben aus der Tasche, faltete es auseinander und wedelte ihm damit vor der Nase herum. »Weißt du, was das ist?«
    »Nein.«
    »Das ist ein Ausweisungsbescheid. Hier steht, dass der paraguayische Bürger Esteban Garrincha mit dem nächsten Flieger das Land verlässt.«
    Diese Nachricht traf ihn mit der Gewalt eines Blitzschlags. Er verlor die Beherrschung und verwandelte sich in ein waidwundes Tier. Wild schreiend warf er sich den drei Polizisten entgegen, die ihn nicht mit den Tasern ruhigstellten, sondern mit
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