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Die Marseille-Connection

Die Marseille-Connection

Titel: Die Marseille-Connection
Autoren: Massimo Carlotto
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brummte er. »Alle, egal, ob Polizisten oder Kriminelle. Gewalt gehört zu ihrem Leben, ihrem Alltag. Anders kann es nicht sein.«
    Er ließ sich wieder auf das Sofa fallen, erschüttert von der Aussicht, dass er diese grässlichen Stunden, in denen er nackt an einen Stuhl gefesselt und darauf gefasst war, gefoltert zu werden, sein Leben lang nicht vergessen würde.
    »Zum Glück hat dieser Folterknecht sich bestechen lassen«, sagte Banerjee.
    »Dieser Neandertaler.«
    »Seine Chefin war nicht besser. Aber trotzdem, der Südamerikanerverdient ein Denkmal. Wenn er nicht mitgespielt hätte, hättest du jetzt keine Fingernägel mehr, und diese fürchterliche Kommissarin würde mit dir spielen wie mit einer Marionette.«
    Peskow erschauderte. »Wie viel haben wir verloren?«
    »Fast alles. Grisoni hat ganz schön zugelangt, und Bremond und seine Leute konnten nicht anders, als sich zu fügen. Sich mit diesem Korsen arrangieren zu müssen, war in ihren Plänen nicht vorgesehen.«
    »Was für ein Typ ist dieser Grisoni?«
    Sunil zuckte mit den Schultern. »Der klassische Scheiß-Pate. So einer wie Saytsew oder wie die Freunde meines Vaters. Aufgeblasen, ignorant, gerissen … Er hat mir versprochen, das Gerücht in Umlauf zu setzen, du seist ebenfalls eliminiert worden.«
    »Schon wieder mal … Dass General Worilow das schluckt, ist nicht garantiert«, meinte der Russe. »Ich muss Ulitas verfrühten Abgang unbedingt dazu nutzen, mir eine neue Identität zuzulegen, diesmal endgültig.«
    »Jetzt, da wir den FSB los sind, können wir uns in aller Ruhe dem Geschäft widmen. Wir sind Genies in der Kunst, Geld zu machen, du wirst sehen, wir kommen in Rekordzeit wieder auf die Füße. Sorge du jetzt erst mal dafür, unsichtbar zu bleiben.«
    »Und du, was machst du?«
    »Als Erstes schaue ich, dass es dir in Giuseppes Klinik an nichts fehlt, dann kehre ich nach Alang zurück und kümmere mich ums Geschäft. Abfälle, Schiffe und Ersatzteile für reiche Europäer.«
    Aleksandr umarmte seinen Freund. »Danke!«, flüsterte er gerührt.
    »He, jetzt küss mich bloß nicht auf den Mund à la Breschnew«, witzelte der Inder. »Bei euch Russen kann man nie wissen …«
    Aleksandr ließ ihn los. »Danke!«, sagte er noch einmal.
    »Keine Ursache. Die Bad Boys von Leeds helfen sich doch immer.«
    Peskow nickte und versank in Gedanken.
    Sunil konnte nicht still bleiben. »Na, träumst du von deiner Süßen?«
    »Wen meinst du?«
    »Na, Inez. Deine große Liebe. Das Mädchen, das mich und Giuseppe um den Verstand gebracht und sich dann aus unerfindlichen Gründen für dich entschieden hat.«
    Peskow war verblüfft. »Seit wann wisst ihr das?«
    »Schon immer.«
    »Ich wollte es eigentlich gar nicht verschweigen, aber …«
    Mit einem Wink machte ihm Banerjee klar, dass er sich nicht zu rechtfertigen brauchte.
    »Du bist Russe, sie ist Schweizerin. Da ist so eine an sich blödsinnige Verschwiegenheit den besten Freunden gegenüber nicht verwunderlich.«
    »Mit neuer Identität könnte ich nach Zürich ziehen, oder?«
    »Ich halte das für keine gute Idee, da wird Worilow dich zuallererst suchen.«
    Aleksandr nickte. »Das stimmt, ich muss mir etwas anderes einfallen lassen.«
    Einige Stunden später ließ die Besatzung ein kleines Schlauchboot zu Wasser, das die beiden Passagiere zu einem Strand in der Nähe von Varazze brachte, an dem Giuseppe Cruciani sie schon erwartete.
    »Warum könnt ihr denn nicht mit dem Zug kommen?«, riefer, als er sie umarmte und mit Küssen bedeckte. »Ich hab mir die Eier abgefroren an diesem Scheißstrand. Ans Meer geht man nur im Sommer!«
    Der Neapolitaner zog sie in seine Witzelei hinein, und die gesamte Fahrt bis zur Klinik lachten sie und neckten sich gegenseitig. Das Hauptthema war natürlich Aleksandrs »heimliche« Liebe zu Inez. In Wirklichkeit war Giuseppe gar nicht so sehr zum Scherzen aufgelegt, aber seine Freunde mussten die Anspannung loswerden. Außerdem stand Aleksandr ein äußerst heikles Erlebnis bevor, und er sollte nicht dazu kommen, sich allzu sehr zu ängstigen.
    Trotz der späten Stunde wartete der Arzt im Behandlungszimmer auf sie.
    »Hier, das ist mein Freund Gaetano Bonaguidi«, sagte Cruciani zu Peskow. »Er ist der Beste, den es gibt. Und der Vertrauenswürdigste.«
    »Und der Teuerste«, lächelte der Chirurg.
    Giuseppe ging hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
    Der Russe betrachtete die Diplome und Fotos an der Wand. Bonaguidi hatte bei den renommiertesten plastischen
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