Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken
Autoren: Ray Bradbury
Vom Netzwerk:
mit.«
    Er betrachtete sie, und sie schwiegen beide. Sie wandte sich ab.
    Die Vögel flogen weiter, zehntausend Feuerbrände im Wind.
     
    In der Morgensonne, die durch die Kristallsäulen schimmerte, begann sich der Nebel aufzulösen, auf dem die schlafende Ylla ruhte. Die ganze Nacht hindurch hatte sie so über dem Boden geschwebt, gestützt von dem weichen Nebel, der beim Schlafengehen aus den Wänden strömte. Die ganze Nacht hatte sie auf diesem stillen Fluß geschlafen wie ein Boot auf reglosen Wassern. Jetzt begann sich der Nebel aufzulösen, sie sank langsam herab und wurde behutsam am Ufer des Erwachens abgesetzt. Sie öffnete die Augen.
    Ihr Mann beugte sich über sie. Er schien schon stundenlang vor ihr gestanden und sie beobachtet zu haben. Sie wußte nicht, warum, aber sie konnte ihm nicht ins Gesicht sehen.
    »Du hast wieder geträumt!« sagte er streng. »Du hast im Schlaf gesprochen, so daß ich nicht schlafen konnte. Du solltest zum Arzt gehen!«
    »Mir fehlt nichts.«
    »Du hast im Schlaf eine ganze Menge geredet!«
    »Wirklich?« Sie machte Anstalten, aufzustehen.
    Die Morgendämmerung lag kühl im Zimmer. Leise Trauer erfüllte sie.
    »Was hast du geträumt?«
    Es wollte ihr nicht sofort einfallen, und sie mußte einen Augenblick überlegen. »Das Schiff. Es ist wieder vom Himmel herabgekommen und gelandet, und der große Mann trat heraus und unterhielt sich mit mir, erzählte mir lustige Dinge und lachte. Es war sehr nett.«
    Herr K berührte eine Säule. Dampfendes heißes Wasser sprudelte hervor, verdrängte die Kühle. Herr K machte ein undurchdringliches Gesicht.
    »Und dann«, fuhr sie fort, »hat mir der seltsame Mann, der Nathaniel York hieß, gesagt, daß ich schön sei, und hat mich – geküßt.«
    »Ach?« sagte ihr Mann und wandte erregt sein Gesicht ab.
    »Es war doch nur ein Traum«, sagte sie belustigt.
    »Deine dummen Träume interessieren mich nicht!«
    »Du benimmst dich wie ein Kind.« Sie ließ sich zurücksinken auf die dünnen Reste des Nebels. Einen Augenblick später lachte sie leise. »Mir ist noch mehr von dem Traum eingefallen«, gestand sie.
    »Na, was denn? Los, sag schon!« rief er.
    »Yll, warum bist du so aufgebracht?«
    »Sag’s schon!« verlangte er. »Oder hast du Geheimnisse vor mir!« Mit dunklem, starrem Gesicht stand er über sie gebeugt.
    »So habe ich dich noch nie erlebt«, erwiderte sie erschrocken und amüsiert zugleich. »Es ist doch nichts passiert! Dieser Nathaniel York hat mir gesagt – nun ja, er hat mir gesagt, daß er mich in seinem Schiff mitnehmen würde, hinauf in den Himmel und zurück zu seinem Planeten. Das ist natürlich alles lächerlich, nur ein Traum.«
    »Lächerlich – allerdings!« Er schrie es fast. »Du hättest dich hören sollen – wie du dich an ihn geworfen hast, mit ihm geflüstert, und geschäkert und gesungen hast, bei den Göttern, die ganze Nacht hindurch! Du hättest dich sehen und hören sollen!«
    »Yll!«
    »Wann landet er? Wann kommt er mit seinem verdammten Schiff?«
    »Yll, sprich leiser!«
    »Leiser? – Ich denke nicht daran!« Er beugte sich über sie. »Und wie war das in deinem Traum«, er packte ihr Handgelenk.







»Das Schiff ist drüben im Grünen Tal gelandet, stimmts? – Antworte!«

»J-ja, aber…«
    »Und es landet heute nachmittag, nicht wahr?« drängte er.
    »Ja, ja, ich glaube schon, ja aber doch nur in meinem Traum!«
    »Nun«, er ließ ihr Handgelenk los, »es ist gut, daß du wenigstens die Wahrheit sagst. Ich habe jedes Wort gehört, das du im Schlaf gesagt hast. Du hast vom Tal gesprochen und auch von der Landezeit.«
    Schweratmend stand er zwischen den Säulen wie ein Mann, der vom Blitz geblendet ist. Langsam beruhigte er sich. Sie beobachtete ihn. Er benahm sich wie ein Wahnsinniger. Schließlich stand sie auf und trat neben ihn. »Yll«, flüsterte sie.
    »Mir fehlt nichts.«
    »Du bist krank.«
    »Nein.« Er rang sich ein müdes Lächeln ab. »Nur kindisch. Verzeih mir, Liebling.« Er tätschelte sie unbeholfen. »Ich habe in der letzten Zeit zuviel gearbeitet. Es tut mir leid. Ich lege mich ein wenig hin.«
    »Du warst außer dir.«
    »Es ist wieder alles in Ordnung. Alles.« Er seufzte. »Vergessen wir die Sache. Weißt du, ich habe da gestern einen Witz über Uel gehört, den ich dir erzählen wollte. Was hältst du davon, das Frühstück zu machen, während ich dir den Witz erzähle? Und… davon reden wir nicht mehr. Einverstanden?«
    »Es war doch auch nur ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher