Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken
Autoren: Ray Bradbury
Vom Netzwerk:
Worte, die wir nicht verstehen.«
    Türen wurden zugeschlagen. Die Straßen lagen verlassen. Über den blauen Hügeln ging ein blaugrüner Stern auf.
    Überall auf der Nachtseite des Mars erwachten die Menschen und lauschten ihren Geliebten, die in der Dunkelheit lagen und vor sich hin summten.
    »Was ist das für eine Melodie?« fragten sie verwundert.
    Und in tausend Villen erwachten mitten in der Nacht Frauen von ihren eigenen Schreien. Tränen rannen ihnen übers Gesicht, und sie mußten getröstet werden. »Ruhig, ruhig, schlaf wieder ein. Hab’ keine Angst. Du hast nur geträumt.«
    »Morgen wird etwas Schreckliches geschehen.«
    »Nichts wird geschehen. Es ist alles in Ordnung.«
    Ein hysterisches Schluchzen. »Es kommt näher, immer näher und näher!«
    Es war ruhig auf dem Mars kurz vor Anbruch des neuen Tages, ruhig wie in einem tiefen schwarzen Brunnen; die Sterne spiegelten sich im Wasser der Kanäle, die Kinder atmeten tief und hatten sich in ihren Betten zusammengerollt, schliefen mit ihren Spinnen in den Händen; die Verliebten lagen sich in den Armen; die Monde waren untergegangen und die Fackeln kalt; die Amphitheater lagen verlassen da.
    Das einzige Geräusch kurz vor Aufsteigen der Dämmerung kam von einem Nachtwächter, der in der Ferne durch eine einsame Straße ging, ganz allein in der Dunkelheit, und dabei ein sehr seltsames Lied summte…

August 1999: Die Männer von der Erde
     
    Mit großer Ausdauer klopfte jemand an die Tür; er schien gar nicht wieder aufhören zu wollen. Frau Ttt öffnete.
    »Bitte?«
    »Sie sprechen ja Englisch!« rief der Mann verblüfft.
    »Ich spreche, was ich spreche«, sagte sie.
    »Klares, herrliches Englisch!« Der Mann trug eine Uniform. In seiner Begleitung waren drei weitere Männer, erschöpft, aber lächelnd und von oben bis unten schmutzig.
    »Was wollen Sie?« fragte Frau Ttt.
    »Sie sind eine Marsianerin!« Der Mann lächelte. »Die Bezeichnung kennen Sie natürlich nicht. So werden Sie auf der Erde genannt.« Er zeigte mit einer Kopfbewegung auf seine Männer. »Wir kommen von der Erde. Ich bin Kapitän Williams. Wir sind eben auf dem Mars gelandet. Und da wären wir nun, die Zweite Expedition! Es hat schon einmal eine Expedition gegeben, aber wir wissen nicht, was aus ihr geworden ist. Jedenfalls sind wir jetzt hier. Und Sie sind der erste Marsbewohner, den wir treffen!«
    »Marsbewohner?« Sie hob fragend die Augenbrauen.
    »Ich will damit sagen, Sie leben auf dem vierten Planeten dieses Sonnensystems, stimmt’s?«
    »Selbstverständlich!« sagte sie und musterte die Männer verständnislos.
    »Und wir…«, er legte seine dicke, rote Hand an die Brust, »… kommen von der Erde. Stimmt’s, Leute?«
    »Jawohl, Sir!« riefen sie im Chor.
    »Dies ist der Planet Tyrr«, sagte sie. »Wenn überhaupt, dann sollten Sie den richtigen Namen verwenden.«
    »Tyrr, Tyrr.« Der Kapitän lachte schnaufend. »Was für ein schöner Name! Abermeine liebe Frau, wie kommt es, daß Sie so perfekt Englisch sprechen?«
    »Ich spreche nicht«, sagte sie. »Ich denke. Telepathie, verstehen Sie? Guten Tag!« Und sie schlug die Tür zu. Im nächsten Augenblick klopfte der schreckliche Mann schon wieder.
    Sie riß die Tür wieder auf. »Was ist denn jetzt?« fragte sie ärgerlich. Der Mann stand noch immer dort, ein wenig verwirrt, er versuchte zu lächeln, breitete die Hände aus. »Ich glaube, Sie verstehen nicht recht…«
    »Was denn?« fragte sie.
    Der Mann starrte sie überrascht an. »Wir kommen von der Erde! «
    »Ich habe keine Zeit jetzt«, sagte sie. »Ich muß noch kochen und saubermachen und habe eine Menge zu nähen. Sie sollten sich lieber an meinen Mann wenden; er ist oben in seinem Arbeitszimmer.«
    »Ja«, sagte der Mann von der Erde verwirrt und blinzelte. »Gut, dann sprechen wir eben mit Herrn Ttt.«
    »Er hat zu tun.« Wieder knallte sie die Tür zu.
    Jetzt war das Klopfen von einer höchst unverschämten Lautstärke.
    »Nun hören Sie aber mal!« rief der Mann, als die Tür wieder aufgerissen wurde. Er drängte über die Schwelle, als wollte er sie überfallen. »So behandelt man doch keine Besucher!«
    »Und der ganze Dreck auf meinen sauberen Fußboden!« rief sie. »Hinaus mit Ihnen! Wenn Sie ins Haus wollen, müssen Sie sich erst die Schuhe abputzen!«
    Der Mann warf einen bestürzten Blick auf seine schmutzigen Stiefel. »Aber solche Kleinigkeiten sind doch jetzt wohl unwichtig«, sagte er. »Wir sollten das Ereignis feiern!« Er sah sie lange
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher