Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die magische Fessel

Die magische Fessel

Titel: Die magische Fessel
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
fürchten mußte, in seinem Zorn Dinge zu sagen, die ihm späterhin leid tun könnten. Er sah wieder durch die drei Steine und wiederholte den lautlosen Befehl.
    Gleichzeitig öffnete Cryton seinen Mantel und ließ die Körperbemalungen sehen. Zwei-, dreimal hatte es den Anschein, als lösten sich die Umrisse der Schlangen auf. Immer verfestigten sie sich wieder – bis sich die Zaubersteine plötzlich wie von selbst vor Mythors Augen so ordneten, daß er durch alle drei in einer Linie hindurchsah. Zum letztenmal dachte er den Befehl, und dann war es, als würde Carlumen von einer undurchdringbaren Wolke grünen Schleimes eingehüllt. Von irgendwoher kam ein Schrei. Die Wolke riß auf, als führe eine mächtige Sturmbö in sie hinein und zerfetzte sie in tausend winzige Stäbchen.
    Alles war still. Nur das Stöhnen eines Verwundeten war von irgendwoher noch zu hören.
    Mythor gab Joby die Steine zurück, der sofort damit verschwand, um sie Gerrek wieder in die Bauchtasche zu stecken. Keine einzige Schlange war mehr zu sehen.
    »Es ist vorbei«, sagte Sadagar. »Und alle Wetter! Ihr beide versteht es offenbar schon ganz gut, zusammenzuarbeiten.«
    Vielleicht war es als Scherz gemeint. Mythor war nicht nach Lachen zumute. Seine Miene war wie versteinert, als er sich zu Cryton umdrehte und nur fragte:
    »Warum?«
    Der Götterbote schloß seinen Umhang und tat verwundert.
    »Was, warum?«
    »Warum mußten wir dich erst rufen. Du sahst, in welcher Gefahr wir schwebten. Warum kamst du nicht von allein?«
    Cryton legte ihm schwer eine Hand auf die Schulter. Ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Moment.
    »Weil du noch vieles lernen mußt, mein junger Held, darum.« Er legte den Kopf in den Nacken und schaute in die dunklen Schleier, unter denen Carlumen dahinfuhr.
    »Ich denke«, sagte Cryton dann, »daß es nun Zeit ist, den Knoten zu vollenden.«
    Damit drehte er sich um und verschwand in Richtung Kommandobrücke, ohne die Zurückbleibenden noch eines Blickes zu würdigen. Auch Mokkuf schritt kopfschüttelnd davon.
    »Nun sage du mir«, murmelte Sadagar, »ob du aus ihm schlau wirst. Oder will er uns nur zeigen, wie überlegen er ist?«
    »Vielleicht.« Mythors Zorn legte sich. Immerhin, dachte er, war Cryton bisher stets in dem Augenblick dagewesen, in dem man ihn wirklich brauchte. »Vielleicht, Sadagar. Doch vermutlich werden wir ihn nie begreifen.«
    Sie verschafften sich noch einen Überblick über die Zahl der Verwundeten, die bereits gepflegt und behandelt wurden, und gingen dann Seite an Seite zum Widderkopf.
    Die Magiekundigen erwarteten sie bereits. Sie hatten mit Cryton einen Halbkreis um Caerylls im Kristall gefangene Gestalt gebildet. Der Alptraumritter blickte durch sie hindurch, und Mythor wußte, daß er in diesem Augenblick seine Befehle über die Lebensadern an Carlumen gab.
    Das entscheidende Wagnis begann. Es war bereits in vollem Gang.
    Fronja drückte sich in Mythors Arm. Wie auch bei den vorigen Malen, schloß sie sich aus dem Kreis der Magiekundigen aus. Weder sie noch Mythor konnten nun noch etwas anderes tun als warten.

9.
    Das Steuerpendel über dem Heptagramm schlug, wie von Geisterhand geführt, nach einer Seite hin aus. Es zitterte dabei, als müßte es sich anderen Kräften entgegenstemmen, die es in die ursprüngliche Lage zurückdrängen wollten, doch es drehte sich, Zoll um Zoll wanderte die Spitze weiter voran.
    Banges Schweigen lastete über ganz Carlumen, die jetzt wie in einem halb durchsichtigen Schlauch durch immer neue Gefilde der Schattenzone im Leib der Schlange dahinglitt. Nun kam eine der Schlauchwände näher. Jedermann an Bord – außer den Magiekundigen – beobachtete, wie sich die Fliegende Stadt in Yhr drehte und den Bug gegen die Stelle richtete, wo die träge dahinziehenden Felder schwerer und leichter Luft, angefüllt mit Trümmerstücken und Gesteinsinseln, klarer zu sehen wurden. Jeder wußte, was von diesen Augenblicken abhing.
    »Es scheint… viel zu einfach«, flüsterte Fronja. »Mythor, und wenn Yhr sich nun nicht wehrt? Wenn sie uns auf dem eingeschlagenen Kurs vom Knoten weg folgt, nur um zu sehen, wann uns die Kraft ausgeht? Wenn sie sich nur wieder einen neuen Spaß mit uns macht!«
    »Es darf einfach nicht geschehen«, sagte der Gorganer tonlos. »Es darf nicht sein, Fronja! Daran müssen wir glauben, mit unserer ganzen Kraft glauben!«
    »In Vanga heißt es, daß der Glaube ganze Inseln versetzen kann. Doch hier…«
    Fronja schwieg. Carlumen stieß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher