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Die magische Fessel

Die magische Fessel

Titel: Die magische Fessel
Autoren: Horst Hoffmann
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jedem, der es hören wollte, wie sehr er schon an einen Erfolg seiner Überredungskünste geglaubt hatte.
    »Sie hat dich getäuscht«, sagte Cryton auf der Kommandobrücke. »Und es mag gut so sein. Mit Yhr als Verbündeter hätten wir keine Feinde mehr gebraucht.«
    Ein Zischeln antwortete. Für die Dauer eines Atemzuges erschien der Körper der Schlange halbdurchsichtig über Carlumen, wie um den Sterblichen die Schrecken anzukündigen, denen sie sie nun wieder entgegenführen wollte.
    Und Carlumen wurde in dem Moment von Tinkers Ruh fortgerissen, in dem das Geisterbild verschwand. Die Fliegende Stadt wurde schneller und schneller, tauchte tief in einen Mahlstrom aus Treibgut der Schattenzone, schweren Lüften und treibenden Gesteinsbrocken ein, und fuhr dahin, gefangen im Leib der Schlange, Zielen entgegen, an die niemand an Bord denken mochte.
    Mythor aber wußte, daß nun der Zeitpunkt gekommen war, die in ihm brennende Frage an Nadomir zu richten. Er ließ den Königstroll in den Widderkopf rufen und fragte ohne lange Umschweife:
    »Was ist nun der Tillornische Knoten?«
    Was sich dahinter verbarg, glaubte er zu wissen, doch nicht, wie er geschlungen wurde. Nun, nachdem sich alle anderen Bemühungen als erfolglos erwiesen hatten und Yhr schon wieder ihren verschlungenen Pfaden folgte, war er überzeugter denn je davon, daß die Notwendigkeit bestand, die Schlange mit ihrem eigenen Leib zu fesseln.
    Aller Augen richteten sich auf den Königstroll, und Nadomir schien nun keinen Grund mehr zu sehen, die Antwort zu verweigern.
    »Einst«, begann er mit großem Ernst, »lebte im Lande Tillorn der König Absam. Dies war zu einer Zeit, als der Koloß von Tillorn, der sechste Fixpunkt des Lichtboten, noch aufrecht stand und die Landzunge, auf der er erbaut war, noch nicht zersplittert war.«
    Nadomir sah Mythor dabei bedeutungsvoll an, und nur ungern erinnerte der Gorganer sich an seine Abenteuer auf der Suche nach dem sechsten Fixpunkt. Es waren Erinnerungen an verlorene Freunde, an grausame Kämpfe und nicht zuletzt an das böse Spiel, das Luxon mit ihm getrieben hatte. Tillorn lag in Gorgan an der nördlichen Strudelsee, grenzte im Westen an Salamos, im Norden an das Karah-Land und im Osten an den Fluß Stille Mara. Es war ein bergiges, undurchdringlich bewaldetes Land voller Tücken und Gefahren. Nur die Splitter des Lichts, die Überreste der von Nadomir angesprochenen Landzunge, waren flach.
    Mythor nickte. »Weiter!«
    »Es war eine wildbewegte Zeit«, fuhr Nadomir fort, »denn aus aller Herren Länder kamen die Abenteurer, die Glückssucher und die Räuberbanden, um den Koloß zu bezwingen und in ihn einzudringen, um den Sonnenschild zu holen. Es waren Hunderte und aber Hunderte. Sie alle scheiterten und starben, vermutlich durch das Wirken einer Dunkelmacht. Ihre Leichen fand man in der Strudelsee treibend. Dies sah Absam sich eine Zeitlang an, bis er der Scharen überdrüssig wurde, die sich selbst durch den Tod nicht abschrecken ließen. Also, fragte der König seinen Berater, den weisen Königstroll Koraxett, wie man denn prüfen könne, wer würdig sei, den Koloß aufzusuchen, und wer nicht.«
    Nadomir wurde unterbrochen, als etwas hart gegen Carlumen schlug. Ein Blick aus dem Augenfenster zeigte Mythor, daß eine ganze Schule von Schattenwalen sich im Schlepptau der Fliegenden Stadt befand, offenbar in den Leib der Schlange geraten und nun wild entschlossen, Carlumen als vermeintlichen Feind zu rammen.
    Bevor Mythor jedoch nach den Bogenschützen und den Männern schicken konnte, die die Wurfböcke bedienten, entledigte sich Yhr auf ihre Weise der lästigen Riesen. Als ob sie fürchtete, daß sie ihr die Beute streitig machen könnten, spie sie sie aus ihrem Leib aus und schleuderte sie zurück in die Tiefen des Mahlstroms.
    Nadomir berichtete weiter:
    »Koraxett dachte über die Frage des Königs nach. Dann schlang er einen, wie es schien, unentwirrbaren Knoten, aus dem zwei Enden ragten. Wer den Tillornischen Knoten entwirren könne, so sagte er zu Absam, der sei ein Würdiger. Und so warteten sie, doch niemand kam, dem das unmöglich Erscheinende gelang. Im Gegenteil, je länger sich die Schatzsucher damit abmühten, desto mehr verwirrten sie den Knoten. Das Geheimnis wurde nicht gelüftet, bis Absam auf seinem Sterbebett den Königstroll bat, ihm doch die Lösung zu verraten, da er sich niemals mehr von seinem letzten Lager würde erheben können und den Knoten mißbrauchen. Ihn verlangte es nur nach
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