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Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Titel: Die Mafia kommt zur Geisterstunde
Autoren: Stefan Wolf
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hatte ein Betonfundament
und ein Obergeschoß und war mit Brettern verschalt, baumrindenbraun. Aus dem
Schornstein quoll Rauch und mischte sich mit dem Nebel. Strom und
Telefonleitungen führten zum Dach.
    Die Straße endete vor der Hütte, war
zum unbefestigten Forstweg abgemagert, buchtete sich jedoch aus, damit
mindestens neun Wagen parken konnten. Jetzt stand freilich nur einer dort, ein
typischer Bauunternehmer-Mercedes.
    Dann ist der Terror-Typ noch drin,
dachte Tarzan. Oder hat er schlichtweg auf Sohlen das Weite gesucht?
    Nadliges Gesträuch bot Schutz beim
Anpirschen. Er luchste nach vorn. Deshalb trat er bis zum Knöchel in eine
Waldwassermulde. Linksseitiges Fußbad. Mist!
    Er erreichte die Rückwand, wo ein
Fenster mit grünen Läden nur wenig Licht einließ. Die Läden waren geöffnet. Auf
Gardinen hatte Lothar verzichtet, vielleicht um den Tieren des Waldes Einblick
zu geben.
    Tarzan schob sich bis an den
Fensterrahmen und riskierte ein Auge.

2. Diamanten im Brustbeutel
     
    Es war die gute Stube der Hütte.
Bauernmöbel schafften Behaglichkeit. Flickenteppiche bedeckten die Dielen. Vorn
wiesen zwei Fenster zur Straße, eine Tür — halbgeöffnet — gab den Blick frei in
einen Winzling von Diele.
    Eine Frau stand am Fenster und kehrte
Tarzan den Rücken zu. Sie trug knallenge Jeans und einen roten Pullover. Langes
Haar, rabenschwarz, hing auf die Schultern. Schmuckkämmchen steckten hinter den
Ohren.

    Tarzan blinzelte. Heh! Nicole war gefesselt.
Jedenfalls an den Füßen, wo sie Stiefelchen trug, die mit einer dicken Strippe
grob aneinandergeschnürt waren.
    Die Hände der Dame waren frei. Mit
denen stützte sie sich aufs Fensterbrett, wobei sie die Stirn an die Scheibe
preßte, damit ihr nicht entging, was sich draußen tat.
    Eine zweite Fessel — gleiche Strippe — lag
auf dem Boden: halb geknotet, halb geschlungen. Von ihr, konnte man meinen,
hatte Nicole sich schon befreit.
    Weit und breit keine Spur von einem
jungen Bartträger mit schiefstehender Nase.
    Tarzan verharrte, beobachtete und gab
seinen Gehirnzellen die Sporen. Wo war Lothar, der Bauunternehmer? Und wo war
der Brustbeutel mit den kostbaren Kieseln?
    Assessor Voss nahte. Er ließ den Motor
heulen wie ein Rallye-( Sternfahrt )-Sieger, wenn den der Triumph packt.
    Und jetzt geschah Seltsames.
    Mit gefesselten
Rückwärts-Schlußsprüngen hopste Nicole vom Fenster weg, zu einem Stuhl, auf den
sie plumpste wie ein Vorsicht-Glas-Paket ins Postauto.
    Gebückt faßten ihre Finger die
Fußfessel. Aber der Blick ging zur Tür. In dieser Stellung verharrte sie, fast
so starr wie eine ägyptische Pyramide. Nur das Haar rutschte nach vorn und
bildete Vorhänge rechts und links vom Antlitz.
    Voss machte Vollbremsung. Feuchter Sand
flog. Jedenfalls prasselte irgendwas in die Landschaft. Der Motor erstarb.
Kleeeeeng — fiel der Schlag zu. Schritte trappelten heran.
    Wo ist der Terrorist? überlegte Tarzan.
Wie soll ich ihn hinterrücks niedermachen, wenn er nicht da ist? Das schafft
nicht mal ein Judo-Weltmeister.
    Also verharrte er weiterhin — als
Trumpfkarte im Ärmel — und sah jetzt, wie der Assessor hereinstürmte. Mit
seinem bunten Pullover füllte er den Türrahmen, und alle Gesichtszüge drückten
Besorgnis aus.
    „Nicole! Was ist los?“
    Seit zwei Sekunden zerrte sie wild an
der Fußfessel. Jetzt richtete sie sich auf und sank mit einem Schluchzen an die
Stuhllehne.
    „Heinz! Gott sei Dank! Du hast es
gemerkt! Ich wußte, du würdest es merken. Entsetzlich! Ein Überfall! Es war ein
Überfall. In mir zittert noch alles.“
    Sie streckte ihm die Füße hin, an denen
aber nichts zitterte.
    „Eben konnte ich meine Hände befreien.
Dieser brutale Hund! Mich hat er gefesselt. Aber sieh erstmal nach Lothar. Er
liegt im Schlafzimmer. Ich glaube, er ist noch bewußtlos.“
    Mein Schwein pfeift, dachte Tarzan,
während Voss zum Schlafzimmer stürmte. Aber an der Tür fuhr er herum.
    „Wo ist der Kerl? Ist er weg? Der
Terrorist war ‘s, ja?“
    „Natürlich. Er hat sich nicht
vorgestellt. Aber es war so ein junger Bärtiger mit schiefstehender Nase.“
    Wie die Beschreibung im Radio, dachte
Tarzan und lief um zwei Ecken nach vorn, damit die Hübsche nicht merkte, daß er
auf Spähposten war.
    Er lief ins Haus, als hätte er jetzt
erst den Mut dazu.
    Voss war im Schlafzimmer. Man hörte
sein Fluchen durch die geöffnete Tür. Nicole hob den Kopf und äugte Tarzan an.
    Sie hatte echt braunen Teint (Haut) und sozusagen Rauch in den Augen.
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