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Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Titel: Die Mafia kommt zur Geisterstunde
Autoren: Stefan Wolf
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zwischen Lothar und Nicole. Und Terroristen stehen mir
bis hierher“, er strich sich über den Kehlkopf, „seit dem Geiseldrama in
unserer Schule.“
    Tarzan sagte nichts, sondern äugte in
die Landschaft. Er prägte sich die Beschreibung des Gesuchten ein: Jung, zur
Zeit bärtig, mit schiefstehender Nase.
    Vielleicht sehen wir ihn, dachte er,
und vielleicht... Aber nein! Dafür ist der Hubschrauber da. Außerdem will ich
nach Ahrbach zu OO.
    Später öffnete der Nebel seinen
glitschigen Vorhang. In der Ferne hob sich der Schlupfberg vor den übrigen
Bergen ab. Die Straße führte jetzt durch Wald. Zwei Dörfer lagen am Weg. Beide
rochen nach Dung.
    „Wenn ‘s noch weit ist“, sagte Tarzan, „und
sehr nahe ist es nicht, müssen Sie tanken, glaube ich. Die Benzinuhr sendet
Lichtsignale.“
    Voss hatte das nicht bemerkt und
fluchte. „Die letzte Tankstelle ist eben vorbei. Na, gut! Kehren wir um. Sonst
verröchelt mein Ofen auf freier Strecke.“
    Bei der Zapfstelle war Selbstbedienung.
Während Tarzan das besorgte, wollte Voss zum Telefon.
    „Ist besser“, meinte er, „ich sage, daß
wir uns um drei Minuten verspäten. Und daß ich in Begleitung bin. Vielleicht
besinnt Nicole sich dann und läßt die Furie (böses Weib) nicht so
raushängen.“
    „Hat Ihr Bruder Telefon in der Hütte?“
    „Ich sagte dir ja, sie ist gemütlicher
als ein Campingzelt.“
    Voss ging zur Kasse, wo auch das
Telefon stand.
    Er wählte, hörte das Läuten, wartete,
wurde nach dem siebten Läuten unruhig, überlegte, wo sie sein könnten — die
beiden. Aber dann wurde abgehoben.
    „Nicole Fiebig“, sagte Nicole.
    Ihre Stimme schien auf einem Drahtseil
zu balancieren.
    „Ich bin’s, Nicole. Wollte nur sagen,
daß ich auf dem Weg bin. Bin schon in Gernsrode, also gleich da.“
    Sie zog die Luft ein. „Nein, Heinz! du
kannst jetzt nicht kommen.“ Sie redete blechern — jedenfalls so, als hätte sie
Metall in der Kehle, aber keinesfalls Gold.
    Er glaubte, er hätte sich verhört.
    „Heh, sag mal! Bin ich im Wald? Ich
sollte zu euch kommen und schlichten, verdammt! Ich...“
    „Lothar und ich müssen jetzt allein
sein“, unterbrach sie ihn. „Versteh das! Du kannst nicht herkommen.“
    „Na, hör mal! Du bist gut. Kurz vor dem
Ziel kehre ich doch nicht um. Einer meiner Schüler ist dabei. Ein toller
Bursche. Er wird euch gefallen. Wir fahren dann weiter nach Ahrbach.“
    „Es geht wirklich nicht“, schrillte
sie. „Bitte, kehr um. Morgen rufe ich dich an.“
    Sie legte auf, bevor er was erwidern
konnte.
    Voss hielt inne, dachte nicht weiter,
riß die Augen auf und dann auch den Mund.
    Wie ein geölter Blitz sauste er zum
Wagen.
    Was hat er denn? dachte Tarzan. Da
scheint sich ja Schreckliches in der Verwandtschaft zu tun.
    „Hör mit dem Tanken auf, Tarzan! Wir
müssen weiter. Tempo! Ich glaube, der Terrorist ist in der Hütte. Und... und...
Nicole war völlig verdreht. Als stünde er hinter ihr — mit der Pistole in der
Hand.“

    Tarzan zog die Zapfpistole aus dem
Tankstutzen. „Bewaffnet ist er nicht, hieß es in der Durchsage. Aber vielleicht
hat er sich was besorgt, zumindest ein Messer.“
    „Soll ich die Polizei verständigen?“
Voss überlegte laut. „Soll ich... Oder? Nein! Nichts Genaues weiß ich noch
nicht. Und die Dorfgendarmen — bei allem Respekt. Erst sehen wir selbst nach,
wie?“
    Tarzan grinste. „Sie sind ein
Studienassessor nach meinem Geschmack. Selbst! Das ist es. Da weiß man doch wenigstens,
wen man beschimpfen soll, wenn ‘s in die Hose geht.“
    Voss lachte. Dann saßen sie im Wagen
und preschten weiter. Es regnete zur Abwechslung. Eine Sintflut klatschte auf
die Windschutzscheibe. Aber hinter der Wasserwand lächelte die Sonne.
    „Glaube nicht, daß ich mich täusche“,
meinte Voss. „Wie Nicole redete — das klang einerseits wie ein Signal,
andererseits, als hätte sie Herzfrösteln. Was mich wundern würde. Sie ist
nämlich kein Frischling in der kriminellen Szene.“
    „Hah?“ staunte Tarzan. „Wie soll ich
das verstehen, Herr Assessor?“
    „Du weißt jetzt schon soviel — du
kannst auch den Rest erfahren. Aber schweig wie ein Grab, sonst reiße ich dir
die Ohren ab. Nicole — du wirst es sehen — ist eine verführerische Person.
Leider! Sonst wäre Lothar nicht so vernarrt in sie. Aber Nicole ist auch
vorbestraft. Vor Jahren hat sie in Italien bei einem Bankraub mitgemacht. Zwar
nur als waffenlose Handlangerin, die Schmiere steht und für die Ganoven den
Kaffee kocht.
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