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Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Die Mafia kommt zur Geisterstunde

Titel: Die Mafia kommt zur Geisterstunde
Autoren: Stefan Wolf
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Jedenfalls waren die grau. Die Wimpern waren
so lang, daß man glaubten konnte, sie reichten fast bis zur gewölbten
Oberlippe: Ein verteufelt hübsches Gesicht! Aber Nicole war kein Kätzchen,
sondern eher eine Wölfin.
    „Du bist wohl der Schüler?“ fragte sie.
    „Bin ich. Peter Carsten ist der Name.
Fräulein Fiebig, hah? Lassen Sie das Gefummel. Den Knoten kriegen Sie mit Ihren
lackierten Krallen nicht auf.“
    Er zog sein Taschenmesser hervor und
ließ die große Klinge aufblitzen. Aber bevor er die Strippe zersäbelte, hob er
die Handfessel auf.
    „Hm, hm... Selbst entschlüpft? Oder hat
Ihnen der Assessor geholfen. Nein? Dann sind Sie wohl Entfesslungskünstlerin im
Nebenberuf und... Nein, ich sehe ja gerade... Topf und Terror! Die Terroristen
werden auch immer blöder. Diese Fessel konnte ja jeder abstreifen — sogar ein
schwaches Weib wie Sie.“
    Mit Null-Ausdruck in der Miene schnitt
er die Fußfessel durch.
    „Paß auf!“ befahl sie. „Das sind teure
Schuhe.“
    „Keine Sorge. Auch die Füße bleiben
dran.“
    Er spürte ihren Blick. Dieses Luder!
Was hier gelaufen war, sah er im Geist vor sich wie einen Video-Film. Aber die
Folgerungen daraus verschob er auf gleich.
    „...nein, ich bin okay“, stöhnte
nebenan eine Baßstimme. „Mir fehlt nichts, Heinz, sei unbesorgt. Mein Schädel
hält was aus.“
    „Am Hinterhaupt hast du eine
hühnereigroße Beule, Lothar“, klärte Voss seinen Bruder auf. „Bloß gut, daß das
bei dir kein wichtiger Körperteil ist. Warst bewußtlos, wie?“
    „Völlig. Von Kopf bis Fuß. Habe
überhaupt nichts mitgekriegt. Ich will mein Eintrittsgeld wiederhaben. Oh,
Mann! Wenn ich lache, merke ich doch, daß der Schmerz voll in den Haarwurzeln
sitzt. Lebt Nicole noch? Oder wer ist die Frau nebenan?“
    „Spaßvogel! Nicole ist gut drauf. Kein
Niederschlag. Ah, das ist Tarzan. Mit ihm mußt du dich gutstehen.“ Er lachte. „Wir
Pauker halten uns daran.“
    Tarzan war ins Schlafzimmer getreten
und besichtigte den Bauunternehmer.
    Lothar Voss lag auf dem Bett, hatte
sich aufgestützt und eine gequälte Miene im Gesicht. Er sah Heinz ähnlich, war
aber etwa zehn Jahre älter, außerdem beleibter. Er machte nicht den Eindruck,
als müsse er um seinen Unterhalt kämpfen. Jetzt war er bleich. Das lose
Mundwerk verhinderte nicht, daß ihm kalter Schweiß auf der Stirn perlte. Ein
Niederschlag ist eben ein Niederschlag, und der Täter war nicht zimperlich
gewesen. Tarzan sah die Beule im Halbprofil. Mindestens von einem armdicken
Prügel rührte sie her.
    Tarzan grüßte, nannte seinen Namen und
erkundigte sich, ob es schlimm wäre. Dann wies er auf Lothars geöffnetes Hemd.
    „Sie haben eine Schramme am Hals. Hat
Ihnen der Täter einen Brustbeutel weggerissen?“
    „Waaaaas?“ Lothar brüllte, daß es
beinahe die Meisen aus den Zweigen warf. „Der... der ist weg. Neiiiiin!“

    Er merkte es erst jetzt, ebenso Heinz.
Entsetzen überfiel die Gebrüder, und Nicole, von allen Fesseln befreit,
stolperte nun auch noch herein.
    „Heißt das, Lothar, die Juwelen sind
weg?“
    „Weg! Völlig weg! Verschwunden!“ Er
wurde noch blasser. „Das ist schlimmer als die Kopfnuß. Das ist ein Verlust.
Keine Versicherung ersetzt mir das. Es sind zwei Dutzend lupenreine Steinchen.“
    „Was geschah eigentlich?“ fragte Heinz
Voss. „Ich meine den Ablauf.“
    Bruder Lothar stöhnte. „Ich war
draußen, seitlich vom Haus. Wollte gerade um die Ecke nach hinten, als hinter
mir Sand knirschte. Dachte, es wäre Nicole. Aber da kriegte ich auch schon den
Schlag auf die Rübe. Um mich war Nacht. Von da an weiß ich nichts mehr. Auf
gewacht bin ich eben erst, als du mich gerüttelt hast, Heinz. Hättest du auch
zarter machen können.“
    Vom Schlafzimmer führte eine Tür ins
Freie, die Hintertür der winterfesten Hütte.
    Tarzan öffnete sie. Vom Bett bis
dorthin — das waren zwei Schritte.
    Er deutete ins Freie, wo Regen aus denn
Zweigen der Tannen tropfte.
    „Standen Sie dort, als Sie
niedergeschlagen wurden?“
    Lothar nickte. „Dicht an der Tür.“
    „Der Verbrecher hat ihn reingezerrt und
aufs Bett geworfen“, schaltete Nicole sich ein. „Ich war im Bad und hörte die
Geräusche. Als ich rauskam, hat er mich bedroht. Er hatte einen Knüppel, ein
Messer und Haß in den Augen. Er sah aus wie dieser Terrorist, nach dem noch
gesucht wird. Hab ‘s im Radio gehört. Dann kam dein Anruf, Heinz. Ein falsches
Wort von mir, und dieser Kerl hätte auch mich geschlagen. Er fesselte
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