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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes
Autoren: Poul Anderson
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hin.
     
    Wilmer bekam fast einen Anfall, als er die Geschichte mit den Pferden hörte. Bergen pfiff nur leise vor sich hin. »Ich weiß nicht recht ...« Er zuckte mit den Schultern. »Am besten vermeiden wir jede Arbeit mit Tieren, die nicht unbedingt erforderlich ist. Dann verschließen wir alle Gatter und kontrollieren die Zäune. Ich gehe jetzt zu dem Alten und frage, was wir sonst unternehmen sollen.«
    »Von jetzt ab trage ich ein Gewehr«, sagte Wilmer.
    »Vielleicht gar keine schlechte Idee«, meinte Bergen.
    Während Archie Brock den ihm zugeteilten Abschnitt des Zaunes überprüfte, hatte er das unbehagliche Gefühl, eine Stille vor dem Sturm zu erleben. Nirgendwo war ein Tier zu sehen, weder Vögel noch Hasen noch Eichhörnchen ließen sich blicken. Brock überlegte sich, daß diese völlige Stille eigentlich unnatürlich war.
    Er konnte sich vorstellen, daß die Leute es mit der Angst zu tun bekamen, wenn alle Tiere plötzlich schlauer wurden. Wie konnten sie dann noch erwarten, daß die Tiere sich wie bisher einsperren, zur Arbeit benützen, melken und schlachten lassen würden? Wenn man sich vorstellte, daß Tom und Jerry ... Aber die beiden waren doch so freundlich!
    Und wurden die Menschen nicht auch klüger? Brock hatte den Eindruck, in den letzten Tagen mehr Gespräche als früher gehört zu haben, die sich nicht nur mit dem Wetter und den Nachbarn befaßten, sondern auch mit den bevorstehenden Wahlen oder technischen Problemen. Natürlich hatten die Leute schon immer über solche Dinge gesprochen, aber waren nie lange dabeigeblieben. Und Mrs. Bergen, die doch sonst nur vor dem Fernsehgerät saß, hatte sogar ein Magazin gelesen.
    Ich werde auch klüger!
    Diese Erkenntnis traf Brock wie ein Keulenschlag. Er blieb vor Überraschung unbeweglich stehen. Joe kam heran und beschnüffelte seine Hand.
    Ich werde klüger.
    Natürlich – das mußte so sein. Er hatte in letzter Zeit mehr als früher nachgedacht, hatte sich an alle möglichen Ereignisse erinnert und öfter als je zuvor gesprochen – was sollte das anderes sein? Die ganze Welt wurde klüger.
    Ich kann lesen, überlegte er sich. Nicht sehr gut, aber ich kenne das Alphabet und kann ein Micky-Maus-Heft lesen. Vielleicht versuche ich es jetzt einmal mit einem wirklichen Buch.
    In Büchern standen die Antworten auf alle Fragen, die ihn plötzlich bedrückten – Sonne, Mond und Sterne, weshalb gab es vier Jahreszeiten, wozu wurde ein Präsident gewählt, wie kam es zu Kriegen, wer lebte auf der anderen Seite der Welt ...
    Er schüttelte den Kopf, als könne er nicht begreifen, was plötzlich in ihn gefahren war. Bisher hatte er sich noch nie mit solchen Problemen beschäftigt. Dinge passierten und wurden sofort wieder vergessen. Aber ... Er sah sich fragend um. Wer bin ich? Was tue ich hier?
    Eine ungeheure Erregung ließ ihn nicht mehr los. Er lehnte sich an einen Baum, weil seine Knie nachzugeben drohten. Bitte, lieber Gott, laß es wahr sein. Bitte, mach mich wie die anderen.
    Dann richtete er sich auf und überprüfte weiter den Zaun, wie Mr. Bergen es ihm aufgetragen hatte.
    Abends, nachdem er seine Arbeit getan hatte, zog er sich seinen besten Anzug an und ging zu dem großen Haus hinüber. Mr. Rossman saß auf der Terrasse, rauchte seine Pfeife und hatte ein Buch auf dem Schoß liegen. Brock blieb mit der Mütze in der Hand vor ihm stehen.
    »Hallo, Archie«, sagte Mr. Rossman. »Wie geht es dir?«
    »Gut, danke«, antwortete Brock. Er drehte die Mütze zwischen den Händen. »Haben Sie einen Augenblick Zeit für mich, Mister Rossman?«
    »Selbstverständlich.« Der Farmer wies auf einen Stuhl neben sich. »Hier, nimm Platz.«
    »Vielen Dank. Ich ...« Brock fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Ich möchte Sie etwas fragen.«
    »Nur weiter, Archie.« Mr. Rossman lehnte sich in seinen Sessel zurück. Brocks Eltern hatten einen kleines Stück Land von ihm gepachtet, und als feststand, daß Archie es nie sehr weit bringen würde, hatte Rossman sich um den Jungen gekümmert. Das war einer der Züge, die diesen Millionär, der in seiner Freizeit Gutsbesitzer spielte und Rosen züchtete, so sympathisch machten. »Alles in Ordnung?«
    »Nun, es ... äh ... handelt sich um die Veränderung hier.«
    »Ja?« Rossman beugte sich nach vorn. »Welche Veränderung?«
    »Sie wissen schon. Die Tiere sind plötzlich schlauer geworden.«
    »Richtig.« Rossman zündete seine Pfeife neu an. »Hast du eine Veränderung an dir bemerkt,
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