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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes
Autoren: Poul Anderson
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Luft und spürte erst jetzt, wie kühl es bereits geworden war. Dann hob er den Kopf und sah zu den Sternen auf, die heute besonders groß und hell zu strahlen schienen.
    Dann fiel ihm plötzlich ein, daß jemand einmal gesagt hatte, die Sterne seien wie die Sonne – nur weiter entfernt. Damals hatte er nicht recht verstanden, was das heißen sollte.
    Aber vielleicht stimmte es doch, denn auch ein Licht konnte aus der Ferne winzig sein, obwohl es in Wirklichkeit riesig groß war. Aber wenn die Sterne tatsächlich so groß wie die Sonne waren, mußten sie schrecklich weit entfernt sein.
    Er blieb plötzlich stehen und spürte, daß ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Mein Gott, wie weit die Sterne von ihm entfernt waren!
    Er begann zu laufen.
     
    Der Junge stand früh auf, obwohl er Ferien hatte und das Frühstück erst später auf dem Tisch stehen würde. Die Straße vor seinem Fenster wirkte in der Morgensonne sehr sauber und hell. Ein einzelner Lastwagen ratterte vorbei, und ein Mann, der einen weißen Kittel über dem Arm trug, ging auf die Molkerei zu. Sonst schien der Junge die ganze Welt für sich allein zu haben. Sein Vater war bereits vor einer halben Stunde aus dem Haus gegangen, Sis schlief noch und Mom legte sich meistens wieder eine Stunde ins Bett, nachdem sie Vater versorgt hatte.
    Später wollte er mit seinem Freund zum Angeln gehen, aber zuerst mußte er an seinem Modellflugzeug arbeiten. Das Flugzeug sollte wirklich prächtig werden: eine F-80 ›Shooting Star‹ mit zwei CO 2 -Patronen als Triebwerke an den Flügelenden. Aber heute morgen erschien ihm das Modell weniger gelungen als am Abend zuvor. Er hätte gern echte Düsentriebwerke dafür gebaut.
    Der Junge seufzte und schob die Arbeit beiseite. Er stand auf und holte sich Papier und Bleistift, um ein bißchen zu rechnen; er interessierte sich für Mathematik, und einer der Lehrer hatte ihm die Anfangsgründe der Algebra erklärt. Seine Mitschüler hatten sich darüber lustig gemacht, bis er sie nacheinander verprügelt hatte. Jedenfalls war Algebra viel interessanter als die übliche Rechnerei, denn hier konnte man wirklich etwas mit Buchstaben und Zahlen anfangen. Und der Lehrer hatte ihm gesagt, wenn er später Raumschiffe bauen wolle, müsse er noch viel mehr Mathematik beherrschen.
    Er begann mit einigen Zeichnungen. Verschiedene Gleichungen ergaben verschiedene Kurven. Eigentlich komisch, daß x = ky + c immer eine Gerade ergab, während x² + y² = C in jedem Fall einen Kreis darstellte. Aber was passierte, wenn man ein x veränderte, so daß es 3 statt 2 bedeutete? Was wurde dann aus dem y? Daran hatte er noch nie gedacht!
    Der Junge hielt den Bleistift fester und runzelte nachdenklich die Stirn. Man mußte die beiden Werte x und y sozusagen anschleichen, sie fast unmerklich verändern und dann ...
    Als seine Mutter ihn zum Frühstück rief, befaßte er sich bereits mit Differentialgleichungen.

2. Kapitel
    Peter Corinth kam aus dem Bad und warf einen Blick in die Küche, wo Sheila bereits Rührei mit Schinken auf dem Herd hatte. Er fuhr ihr mit der Hand durch die kurzen braunen Haare und gab ihr einen Kuß, als sie sich lächelnd nach ihm umdrehte.
    »Sie sieht wie ein Engel aus und kocht wie einer«, stellte er fest.
    »Was ist plötzlich in dich gefahren, Pete?« wollte Sheila wissen. »Sonst ...«
    »Mir ist nie der richtige Ausdruck eingefallen«, stimmte er zu. »Irgendwie habe ich das Gefühl, daß heute einer der Tage ist, an denen alles klappt. Aber vielleicht strafen die Götter mich für diese Hybris , indem sie mir Nemesis schicken. Ate : Gertie, dieses Biest, hat eine durchgebrannte Röhre. Aber dein Rührei versöhnt mich mit allen Schicksalsschlägen.«
    »Hybris, Nemesis, Ate.« Sheila runzelte die Stirn. »Diese Begriffe hast du schon einige Male benützt, Pete. Was bedeuten sie?«
    Er warf ihr einen erstaunten Blick zu. Sie waren jetzt zwei Jahre verheiratet, aber er war noch immer wie am ersten Tag in seine Frau verliebt. Sie war fröhlich und hübsch und konnte kochen – aber sie war nicht gerade das, was man als intellektuell bezeichnet, und wenn seine Freunde auf Besuch kamen, nahm sie selten an der Unterhaltung teil. »Warum willst du das wissen?« erkundigte er sich.
    »Ich habe nur eben daran gedacht«, antwortete sie.
    Er ging in das Schlafzimmer hinüber, um sich anzuziehen, ließ aber die Tür offen, um Sheila die Grundlagen der griechischen Tragödie zu erläutern. Der sonnige Morgen war für
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