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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes
Autoren: Poul Anderson
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die Welt um mich herum in Trümmer fällt? Hören Sie, Pete, das tut sie schon seit mindestens fünfzig Jahren. Aber in dieser einen Episode sind bisher noch keine Schüsse gefallen, so daß ich keinen wirklichen Grund zur Aufregung sehe.«
    »Vielleicht kommt es noch dazu.« Corinth stand auf, legte die Hände auf den Rücken und starrte aus dem Fenster. »Sehen Sie nicht ein, Felix, daß dieser neue Faktor – wenn wir ihn überhaupt überleben – die Grundlagen der menschlichen Existenz verändert? Unsere Zivilisation ist von einer Art Menschen aufgebaut worden und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Aber jetzt verändert sich der Mensch selbst.«
    »Das bezweifle ich noch.« Mandelbaum zündete sich seine Pfeife an. »Wir sind weiterhin nichts anderes als hochentwickelte Säugetiere.«
    »Wie hoch war Ihr I.Q. vor der Veränderung?«
    »Keine Ahnung.«
    »Haben Sie sich nie einem Intelligenztest unterzogen?«
    »Doch, ich habe einige mitmachen müssen, wenn ich mich um Jobs beworben habe, aber ich war nie neugierig genug, mich nach dem Ergebnis zu erkundigen. Was ist ein I.Q. schon mehr als eine beliebige Zahl?«
    »Selbstverständlich bedeutet er mehr. Er kennzeichnet die Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten, Abstraktionen zu erfassen und ...«
    »Richtig, aber nur unter der Voraussetzung, daß man selbst Angehöriger der kaukasischen Rasse und der westeuropäisch-amerikanischen Zivilisation ist. Das sind nämlich die Leute, für die dieser Test entworfen wurde, Pete. Ein Buschmann aus der Kalahari würde lachen, wenn er wüßte, daß die Fähigkeit, überall Wasser zu finden, nicht berücksichtigt wird. Für ihn ist das wichtiger als die Fähigkeit, mit Zahlen zu jonglieren. Ich unterschätze den logischen und visuellen Aspekt einer Persönlichkeit keineswegs, aber andererseits teile ich Ihren rührenden Wunderglauben durchaus nicht. Der Wert eines Menschen hängt nicht nur davon ab, und ein Automechaniker ist vielleicht ein besserer Überlebenstyp als ein Mathematiker.«
    »Überleben – unter welchen Bedingungen?«
    »Unter allen, die Sie sich vorstellen können. Anpassungsfähigkeit, rasches Reaktionsvermögen und Zähigkeit – das sind die Eigenschaften, die am meisten zählen.«
    »Freundlichkeit bedeutet auch etwas«, warf Sarah schüchtern ein.
    »Das ist ein reiner Luxus, fürchte ich, obwohl uns natürlich erst diese Eigenschaften, die im Grunde genommen überflüssig sind, zu Menschen machen«, antwortete Mandelbaum. »Freundlichkeit wem gegenüber? Manchmal muß man einfach um sich schlagen. Es gibt Kriege, die notwendig sind.«
    »Sie müßten es aber nicht sein, wenn die Menschen intelligenter wären«, warf Corinth ein. »Wir hätten den Zweiten Weltkrieg nicht zu führen brauchen, wenn Hitler an der Besetzung des Rheinlandes gehindert worden wäre. Damals hätte eine Division genügt, um ihn im Schach zu halten. Aber die Politiker waren einfach zu dumm, um vorauszusehen, daß er ...«
    »Nein«, unterbrach Mandelbaum ihn. »Es gab nur einige Gründe, aus denen es nicht angebracht erschien, diese Division wirklich zu schicken. Und neunundneunzig Prozent aller Menschen wählen notfalls nicht die richtige, sondern die bequemste Lösung – selbst wenn sie durchaus intelligent sind –, und reden sich anschließend ein, sie brauchten die Konsequenzen irgendwie nicht selbst ertragen. Das ist einfach ein typisch menschlicher Zug. Die Welt wird so sehr von Haß und Aberglauben beherrscht, während zur gleichen Zeit so viele Menschen diesen Erscheinungen ›tolerant‹ oder ›großzügig‹ gegenüberstehen, daß es wirklich ein Wunder ist, daß in den letzten Jahrhunderten nicht mehr passiert ist.« Mandelbaum schüttelte den Kopf. »Vielleicht haben die Menschen, die praktisch veranlagt sind und sich rasch anpassen, doch recht. Vielleicht ist es wirklich besser, sich selbst und seine Familie über alles andere zu stellen. Einer meiner Söhne hat das bereits versucht. Er ist nach Chicago gezogen, hat einen anderen Namen angenommen und hat sich die Nase von einem Chirurgen operieren lassen. Ich glaube nicht, daß er sich seiner Eltern schämt, aber er hat sich und seiner Familie auf diese Weise eine Menge Schwierigkeiten erspart. Und ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht darüber im klaren, ob ich ihn wegen seiner Anpassungsfähigkeit bewundern oder wegen dieser Flucht einen Feigling nennen soll.«
    »Wir sind erheblich vom Thema abgewichen«, sagte Corinth verlegen. »Eigentlich wollten wir
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