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Die Macht des Geistes

Die Macht des Geistes

Titel: Die Macht des Geistes
Autoren: Poul Anderson
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Elektrochemische Phänomene? Woher wollen wir das wissen? Zunächst müssen wir weitere Untersuchungen anstellen.«
    »Vermutlich haben Sie recht«, stimmte Helga zu. Sie zündete sich eine Zigarette an und betrachtete Corinth mit dem eigenartigen Lächeln, das sie für einige wenige Bekannte reservierte. »Wie geht es übrigens Sheila?«
    »Oh, ausgezeichnet. Und Ihnen?«
    »Bei mir ist alles in Ordnung.« Die Antwort klang nicht gerade überzeugend.
    »Sie müssen gelegentlich wieder zum Essen kommen.« Corinth mußte sich mühsam auf das belanglose Gespräch konzentrieren. »Bringen Sie Ihren neuen Freund mit.«
    »Jim? Oh, der – ich habe ihm letzte Woche den Laufpaß gegeben. Aber ich komme gern einmal.« Helga stand entschlossen auf. »Okay, zurück in die Tretmühle, Kameraden.«
    Corinth sah ihr nach. »Ich möchte wissen, warum sie es nie schafft, einen Mann für sich zu behalten«, murmelte er nachdenklich vor sich hin. »Dabei sieht sie doch gut aus und ist intelligent genug.«
    »Sie will es gar nicht«, meinte Lewis.
    »Vielleicht haben Sie sogar recht«, sagte Corinth. »Sie haben Frauen schon immer gut verstanden. Und ich glaube, daß Sie ihr sympathischer als jeder andere im Institut sind.«
    »Wir hören beide gern Musik«, antwortete Lewis. Seiner Meinung nach war seit 1900 keine mehr geschrieben worden. »Und wir können beide längere Zeit den Mund halten.«
    »Schon gut«, lachte Corinth und stand auf. »Ich gehe jetzt wieder in das Laboratorium hinauf. Der Phasenanalysator liegt mir sehr am Herzen, aber diese neue Sache ...« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Können wir nicht auch die anderen benachrichtigen, damit sie uns helfen? Jeder nimmt sich sein Fachgebiet vor. Dann brauchen wir nicht lange auf die Ergebnisse zu warten.«
    Lewis nickte und folgte ihm schweigend hinaus.
     
    Am frühen Abend lagen die ersten Resultate vor. Als Corinth die Zahlen betrachtete, machte sein bisheriges Interesse plötzlich einer eisigen Furcht Platz. Er spürte in diesem Augenblick zum erstenmal, wie schwach, verwundbar und hilflos er als einzelner Mensch war.
    Sämtliche elektromagnetischen Phänomene hatten sich verändert.
    Die Veränderung war in keinem Fall bedeutend, aber allein die Tatsache, daß die scheinbar ewig gleichen Konstanten der Natur jetzt andere Werte hatten, reichte aus, um Hunderte von Philosophien zu stürzen. Aber das eigentliche Problem bestand aus einer anderen Frage. Wie bestimmt man die neuen Konstanten, wenn die Meßgeräte sich ebenfalls verändert haben?
    Aber selbst diese Messungen waren durchführbar. In unserem Universum gibt es keine absoluten Größen, denn alles existiert nur in Abhängigkeit von anderen Dingen. Wichtig war eigentlich nur, daß bestimmte Werte sich im Verhältnis zu anderen auffällig verändert hatten.
    Corinth war mit der Bestimmung elektrischer Konstanten beschäftigt gewesen. Für Metalle hatten sie sich nicht oder kaum wahrnehmbar verändert, aber Widerstand und Durchlässigkeit von Isolatoren hatten sich meßbar verändert – sie waren etwas bessere Leiter geworden.
    Diese Veränderung der elektromagnetischen Eigenschaften machte sich nur dort entscheidend bemerkbar, wo sie Präzisionsapparate betraf – zum Beispiel den Computer Gertie. Aber der komplizierteste und empfindlichste Mechanismus, den der Mensch kennt, ist die lebende Zelle; und Neuronen sind die am höchsten entwickelten und spezialisierten Zellen – besonders die verschiedenen Neuronen des menschlichen Gehirns. Hier machte sich die Veränderung deutlich bemerkbar. Die schwachen elektrischen Impulse, von denen die Funktionen der Nervenzellen abhängen – Sinneswahrnehmungen, Bewegungsreaktionen, Gedanken –, folgten rascher und intensiver aufeinander.
    Und die Veränderung hatte eben erst begonnen, so daß das Ende noch nicht abzusehen war.
    Helga stand plötzlich auf. »Ich brauche einen Drink«, sagte sie.
    »Ich kenne eine Bar in der Nähe«, meinte Lewis. »Kommen Sie, wir trinken einen Schluck, bevor wir weiterarbeiten. Was halten Sie davon, Pete?«
    »Ich fahre nach Hause«, antwortete der Physiker. »Viel Spaß.« Seine Stimme klang teilnahmslos.
    Er verließ das Gebäude, ohne darauf zu achten, wie spät es bereits war. Für die anderen war die neue Entdeckung noch aufregend und wunderbar; aber Corinth überlegte sich bereits, ob das Universum nicht zu einem Schlag angesetzt hatte, der die menschliche Rasse vernichten würde. Wie würden die Veränderungen sich auf
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