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Die Macht des Amuletts

Die Macht des Amuletts

Titel: Die Macht des Amuletts
Autoren: Catherine Fisher
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Steins, seine erdrückende Gegenwart. Er wusste, dass er zu tief hineinging, geriet in Panik wegen des Gewichts der Erde über ihm und des winzigen fernen Lichtkreises, der den Rückweg andeutete. »Katie!«
    Sie musste hier sein. Er kannte Rowan und ihre Freunde, kannte ihre Vorgehensweise. In der letzten Kammer tastete er die dunklen Wände mit ausgestreckten Fingern ab und betete, dass er Katie berühren würde, aber die Angst wurde jetzt zu viel für ihn, er konnte sie nicht ertragen, er musste hinaus, musste laufen, damit die Finsternis ihn nicht mit ihrem tödlichen Zugriff erstickte. Keuchend duckte er sich mit gesenktem Kopf und beiden Fäusten auf den Boden. In der Kammer war eine Säule mit eingeschnitzten Spiralen. Schaudernd sackte er an ihr zusammen, er wusste, dass er jetzt keine Kraft mehr hatte. In der Dunkelheit vor ihm raschelte etwas, glitt hinunter und landete in einem Loch. Er starrte darauf. Dann griff er mit letztem Mut in die Finsternis. Ihre Hand packte die seine. Sie war so warm!
    Auf dem Jahrmarkt drängten sich die Menschen. Lammastag, das Erntefest war immer der Höhepunkt, der Tag, an dem am meisten los war. In allen Zelten gab es Auftritte, Tänzer und Musiker füllten die Bühnen. Mick beobachtete einen Mann, der auf Stelzen aus dem Wald kam, seine weiten gestreiften Hosen flatterten um die Stangen an seinen Knöcheln. »Einer von euch?«
    »Sie gehören alle mir.« Lächelnd kam Rowan heraus und stellte sich vor den Stand, die silbernen Armbänder glitten ihre Arme hinunter. »Alles gehört mir.« »Sogar ich?« »Besonders du.«
    Er lächelte und hauchte ein paar leise Töne in die Flöte. Dann spielte er richtig, setzte sich zurück und schloss die Augen; die Sonne schien warm auf sein Gesicht. Die ganze Nacht war er nicht zu Hause gewesen. Die ganze Nacht hatte die Musik gespielt und er konnte sie immer noch rundum hören. Sein Zuhause war fern und fremd, sein Vater und Sandy erschienen ihm wie Schatten. Hatten sie ihm je etwas bedeutet? Er erinnerte sich nicht. Da war noch jemand gewesen, aber an sie erinnerte er sich auch nicht. Er ging zu einer fröhlicheren Melodie über, schaute auf und sah, dass Rowan ihn immer noch beobachtete. »Wann gehen wir?«, fragte er munter. »Wenn das Ritual vorbei ist«, sagte sie. »Bei Sonnenuntergang.«
     
    »Ich verstehe einfach nicht, wie ich hier sein kann!« Völlig verwirrt betrachtete Katie die düsteren Bäume rundum. »Ich war unter dem Herrenhaus. Ich war in einer Art Keller.« Sie zupfte eine Spinnwebe von ihrer Hüfte und dachte an das Seil.
    »Nein, das stimmt nicht.« Er ließ sich auf einen umgestürzten Baumstamm fallen und rieb sich mit der feuchten Hand die Stirn. »Das haben sie dich glauben lassen. Bei ihnen kannst du deinen Augen nie trauen.«
    Sie sah zurück zur Grabkammer und ihrer gähnenden Finsternis. Dann sagte sie: »Es muss schwer gewesen sein hineinzugehen.«
    Er lächelte matt. »Ein wenig.«
    »Sehr.« Sie ging zu ihm und hockte sich nieder. »Ist alles in Ordnung?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich glaube schon.« »Ich hätte nie gedacht, dass du zurückkommst. Ich kann gar nicht glauben, dass du mich gefunden hast!« »Ich wollte gar nicht wiederkommen. Wahrscheinlich ist mir klar geworden, dass ich nicht vor mir davonlaufen kann.«
    Katie schaute ihn an. »Du weißt alles über sie, nicht wahr?«
    Er betrachtete seine Hände. »Alles über sie.« Dann schaute er auf. »Hör mal, sie wissen nicht, dass du heraus bist. Wenn wir an Mick herankommen können ... was ist los?« Sie starrte an ihm vorbei aus dem Wald, zum Himmel. Er war dunkel, mit blassen Wolken gesprenkelt, der Mond stand hoch und hell.
    »Oh Gott!«, flüsterte sie. »Wie lange waren wir dort drin?« Ihre Armbanduhr war stehen geblieben. Katie schüttelte sie wütend.
    Alex fuhr herum, er rannte, brach durch die stillen Zweige und sie lief ihm nach, bis sie am Seeufer herauskamen und zu ihrem Entsetzen die blauen Glühbirnen in bunten Girlanden am ganzen Ufer entlang hängen sahen. »Es ist Nacht! Wie kann es schon Nacht sein?« »Die Zeit läuft anders ...« »Aber die Sonne ist verschwunden!«, stieß sie hervor. »Wir müssen vor dem Ritual zurück sein, bevor sie Mick mitnehmen!«
    Der See vor ihnen kräuselte sich. Harfenmusik klang leise und kunstvoll vom Jahrmarktfeld herüber. Ferner Donner grollte in der schwülen Nacht. Im Wald hinter ihnen wurde überall gekichert. »Es hat schon angefangen«, sagte Alex.
     
    ZWANZIG
     
    Alte Hexe, du
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