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Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky

Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky

Titel: Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky
Autoren: Joss Stirling
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stellte.
    »Ich bin May Hoffman, Ihre Nachbarin von gegenüber. Und Sie sind die Brights aus England.«
    Wie es aussah, brauchte Mrs Hoffman keinen Gesprächspartner, um eine Unterhaltung zu führen. Ihr Temperament war geradezu beängstigend; ich ertappte mich bei dem Wunsch, mich wie eine Schildkröte in den Schutz meines Panzers zurückzuziehen.
    »Ihre Tochter sieht aber keinem von Ihnen beiden besonders ähnlich, was?« Mrs Hoffman rückte einen Farbeimer beiseite. »Ich habe Sie Vorfahren sehen. Wussten Sie, dass Ihr Auto Öl verliert? Das wollen Sie bestimmt reparieren lassen. Kingsley von der Werkstatt wird sich das umgehend ansehen, wenn Sie sagen, dass Sie auf meine Empfehlung kommen. Er verlangt sehr faire Preise, allerdings müssen Sie aufpassen, dass er Ihnen den Bringservice nicht in Rechnung stellt - der sollte nämlich inbegriffen sein.«
    Simon sah mich mit entschuldigender Miene an. »Das ist ausgesprochen freundlich von Ihnen, Mrs Hoffman.«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wir legen hier großen Wert auf gute Nachbarschaft. Das müssen wir - warten Sie nur ab, bis der Winter kommt, dann werden Sie’s verstehen.«
    Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf mich; ihre Augen waren hellwach. »Und du? Hast du dich in der elften Klasse der Highschool angemeldet?«
    »Ja, äh, Mrs Hoffman«, murmelte ich.
    »Das Halbjahr hat vor zwei Tagen begonnen, aber ich vermute, das weißt du. Mein Enkel ist ebenfalls in der Oberstufe. Ich werde ihm sagen, dass er ein Auge auf dich haben soll.«
    Mich überkam die albtraumhafte Vision einer männlichen Ausgabe von Mrs Hoffman, die mich durch die Schule schleuste. »Ich bin mir sicher, das wird nicht ...«
    Sie schnitt mir das Wort ab, indem sie auf die Auflaufform zeigte. »Ich dachte mir, Sie würden es zu schätzen wissen, Ihre neue Küche mit etwas Hausmannskost einzuweihen.« Sie schnupperte. »Wie ich sehe, hat Mr Rodenheim das Haus endlich renovieren lassen. Wurde auch Zeit. Ich habe ihm immer gesagt, dass dieses Haus ein Schandfleck für die Nachbarschaft ist. Na ja, Sie ruhen sich jetzt erst mal aus, hören Sie, und wir sprechen uns wieder, wenn Sie sich ein bisschen eingelebt haben.«
    Sie war weg, bevor wir die Möglichkeit hatten, uns bei ihr zu bedanken.
    »O-kay«, sagte Simon. »Das war ziemlich interessant.«
    »Bitte, lass das Ölleck gleich morgen reparieren«, sagte Sally in gespieltem Flehen und verschränkte die Hände vor der Brust. »Ich möchte auf keinen Fall in der Nähe sein, wenn sie herausfindet, dass du ihrem Rat nicht gefolgt bist - und sie kommt garantiert bald wieder.«
    »Wie ein Schnupfen«, stimmte er zu.
    »Sie ist schon ... ziemlich amerikanisch, oder?«, sagte ich zaghaft.
    Wir prusteten laut los - das Haus hätten wir auf keine andere Weise besser einweihen können.

    An diesem Abend packte ich meinen Koffer aus und räumte die Sachen in die alte Kommode, die ich mit Sallys Hilfe mit Schrankpapier ausgekleidet hatte; sie roch noch immer muffig und die Schubladen klemmten, aber mir gefiel der blass-weiße Lasuranstrich. Distressed Look, nannte Sally diesen Stil und erklärte, dass die Kommode absichtlich so hergerichtet worden war, dass sie möglichst abgerissen und alt aussah. Vermutlich gefiel mir dieser Look deshalb so gut, weil ich das Gefühl kannte, lädiert zu sein.
    Ich dachte über Mrs Hoffman und diese seltsame Stadt nach, in die wir gezogen waren. Alles fühlte sich hier so anders an - fremd. Sogar die Luft, die bedingt durch die Höhenlage nie auszureichen schien, sodass ich die ganze Zeit unterschwellige Kopfschmerzen hatte. Draußen vor meinem Fenster, umrahmt von den Ästen eines dicht am Haus stehenden Apfelbaumes, hob sich der dunkle Schattenriss der Berge gegen den fast schwarzen, bewölkten Nachthimmel ab. Die Gipfel saßen über die Stadt zu Gericht, mahnten uns Menschen, wie unbedeutend und vergänglich wir doch waren.
    Ich brauchte ziemlich lange, bis ich ausgesucht hatte, was ich an meinem ersten Schultag anziehen würde. Ich entschied mich für eine Jeans und ein T-Shirt von Gap, unscheinbare Klamotten, in denen ich aus der Masse der anderen Schüler nicht hervorstechen würde. Nach weiterem Überlegen kramte ich dann aber einen weiten Pulli hervor mit dem Union Jack in Gold vorne drauf. Ich sollte einfach akzeptieren, wer ich war.
    Das war etwas, was Simon und Sally mir beigebracht hatten. Sie wussten, wie schwierig es für mich war, mich an meine Vergangenheit zu erinnern, und drängten mich
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