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Die Macht der Angst (German Edition)

Die Macht der Angst (German Edition)

Titel: Die Macht der Angst (German Edition)
Autoren: Shannon McKenna
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Gott. Er wollte auf die Knie fallen.
    Zumindest hoffte er, dass sie noch sein Engel war. Kein Mensch konnte einen Engel für sich allein beanspruchen. Das war gierig und selbstsüchtig. Zu viel, um es zu erhoffen.
    Kev tat es trotzdem. Aber er konnte sich nicht rühren. Er war starr vor Angst.
    Und jetzt? Er hatte keine Ahnung, ob er willkommen war. Er wäre zu jeder Verzweiflungstat bereit, wenn er nur wüsste, welche die richtige war. Sollte er sich vor ihr auf die Knie werfen und sie anbetteln? Das Kommando übernehmen und sie in die Arme schließen? Er wagte es nicht.
    Edie sah aus, als würde sie wie Glas zerbrechen, wenn er sie berührte.
    Aber eins stand fest: Kev sollte die Botschaft besser nonverbal rüberbringen, denn wenn er versuchte zu sprechen, würde er zu weinen anfangen und vielleicht nie wieder aufhören. Auch er hatte seine Grenzen und wollte sich noch einen letzten Rest Selbstachtung erhalten.
    Er musste näher zu ihr, zu ihrer ätherischen Schönheit. Zu diesen wunderhübschen, strahlenden Augen. Sie waren so unendlich weit weg.
    Doch je näher er kam, desto mehr schienen sie sich zu entfernen.
    Edie rieb sich die Augen, dann sah sie wieder hin. Er war es tatsächlich. Doch sie könnte träumen. Oder halluzinieren. Es wäre nicht das erste Mal. Obwohl sie gelernt hatte, dass Halluzinationen im Wachzustand immer schreckliche, grausame Bilder brachten, und nicht die schönen. Was sie extrem unfair fand.
    Sie hatte noch immer damit zu kämpfen, Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden. Die Stress-Flashbacks hielten sie weiterhin fest im Griff, sie raubten ihr den Schlaf, sodass sich die Abwärtsspirale immer schneller drehte. Edie konnte zum Beispiel einen Löffel Honig in ihren Tee rühren und plötzlich Des Marrs Pistole unter ihrem Kinn fühlen. Oder sich in ihrem Schlafzimmer ankleiden und unversehens Ronnie gefesselt und geknebelt und von Flammen umzingelt auf ihrem Bett sehen. In solchen Momenten spürte Edie noch immer den Brieföffner in ihrer zitternden Faust.
    Sie hatte immer wieder grausame Krampfanfälle. Ihre Handgelenke fühlten sich wundgerieben an und brannten, obwohl die Abschürfungen von den Plastikfesseln längst verheilt waren. Ständig hatte sie Kopfweh, ihr war schwindlig, sie fühlte sich desorientiert und depressiv.
    Und dann die Träume von Kev. Wie er, sein langer Mantel hinter ihm herwehend, durch eine zerbombte Landschaft auf sie zukam. Mit leuchtenden Augen, seine Haare vom Wind zerzaust. Sein Gesicht voller Liebe. Dann verschwand er. Er löste sich einfach auf, was den wunderschönen Traum schlagartig in einen qualvollen Albtraum verwandelte.
    Edie blinzelte probehalber. Kev verschwand nicht. Sein Anblick blendete sie. Seit es passiert war, hatte sie die Welt hauptsächlich schwarzweiß wahrgenommen. Alles schien von einem dunkelgrauen Sargtuch bedeckt. Sogar der See, den sie sonst zu jeder Jahreszeit liebte, wirkte tot und leblos. Sie war umgeben von verdorrtem Brachland, wo nie wieder etwas wachsen würde. Aber Kev sah sie in Technicolor.
    Er wartete, dass sie etwas sagte, aber Edie bekam keinen Ton heraus. Sie wusste nicht, wie sie ihre Sprache wiederfinden sollte, darum tat sie das Einzige, das ihr einfiel: Sie streckte die Hand nach ihm aus.
    Seine Augen begannen zu strahlen. Mit wenigen langen Sätzen war er bei ihr, nahm ihre Hand und hielt sie so fest, als fürchtete er, sie könne sie ihm wieder entziehen.
    »Hallo, Edie«, sagte er heiser. »Wie geht es dir?«
    Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. »Ziemlich beschissen«, gestand sie.
    »Aber du lebst.« Seine Stimme war rau.
    Sie nickte kaum merklich. »Ja«, bestätigte sie leise. »Genau wie du.«
    »Genau wie ich«, echote er. »Obwohl dein Verhalten einen anderen Schluss zulassen würde.«
    Sie schluckte schwer. »Was meinst du damit? Wie habe ich mich denn verhalten?«
    »Als wärst du tot«, sagte er. »Als wäre ich tot.«
    Sie schloss die Augen, um sich gegen den Zorn, der in seinen Augen blitzte, abzuschirmen. »Oh, Kev«, wisperte sie. »Bitte. Tu das nicht.«
    Er murmelte etwas in diesem seltsamen, harschen Dialekt. »Entschuldige. Ich wollte nicht so auf dich losgehen. Ich hatte Ronnie versprochen, es nicht zu tun.«
    Edie schaute ihn an. »Ronnie hat dir gesagt, wo du mich finden würdest?«
    »Es wurde allmählich Zeit, dass mir irgendjemand irgendetwas sagte!« Sein Kummer und sein Zorn gewannen wieder die Oberhand. Edie zuckte zusammen.
    »Es tut mir leid«, sagte sie kläglich.
    »Mir
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