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Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals

Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals

Titel: Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals
Autoren: Nora Roberts
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investiert. Man sollte annehmen, das würdest du verstehen.«
    »Ich sage dir, was ich verstehe.« Wütend drückte er die Zigarre aus. »Ich verstehe, dass ich es leid bin, an zweiter Stelle zu stehen. Hinter deinem verdammten Abschluss.«
    »Verdammt, Daniel, dir kann man überhaupt nichts erklären.« Sie stützte sich mit beiden Händen auf die Kommode und rang um Beherrschung. »Das hat nichts mit erster oder zweiter Stelle zu tun, es ist kein Wettbewerb.«
    »Was dann? Was, zum Teufel, ist es?«
    »Eine Frage des Respekts«, entgegnete sie ruhiger und drehte sich zu ihm. »Respekt und Achtung.«
    »Und was ist mit der Liebe?«
    Er sprach so selten von Liebe, dass die Frage sie beinahe aus der Fassung brachte. Tränen brannten in ihren Augen, und ihre Stimme klang brüchig. »Ohne Respekt ist Liebe ein leeres Wort. Von einem Mann, der mich nicht so akzeptieren kann, wie ich bin, möchte ich sie nicht. Und ich möchte sie keinem Mann schenken, der seine Probleme nicht ebenso mit mir teilt wie seinen Erfolg.«
    Daniels Stolz war so groß wie ihrer. Selbst jetzt, als er sie sich zurückziehen fühlte, klammerte er sich daran, als wäre es alles, was er besaß. »Dann wäre es dir vielleicht lieber, wenn ich aufhörte, dich zu lieben. Ich werde mein Bestes tun.« Er drehte sich auf dem Absatz um. Sekunden später hörte Anna, wie die Haustür laut ins Schloss fiel.
    Sie hätte sich weinend aufs Bett werfen können. Aber sie tat es nicht. Jetzt gab es nur noch eins. Mechanisch begann sie ihre Sachen zu packen.
    Die Fahrt nach Connecticut war lang und einsam. Noch Wochen später erinnerte Anna sich lebhaft daran. Sie fuhr die ganze Nacht hindurch, bis ihre Augen schmerzten und die Sonne aufging. Völlig erschöpft stieg sie in einem Motel ab und schlief bis zum Abend. Als sie erwachte, versuchte sie zu vergessen, was sie hinter sich gelassen hatte.
    Zum Glück fand sie eine Wohnung in der Nähe der Universität. Ihre Tage waren angefüllt mit Plänen und Vorbereitungen für das Studienjahr. Anna bedauerte nur, dass ihre Nächte nicht ebenso erfüllt waren.
    Während des Tages gelang es ihr, Daniel für längere Zeitspannen aus ihrem Kopf zu verbannen, aber in der Nacht lag sie in ihrem Bett und dachte an das Gefühl, wie es war, an ihn geschmiegt einzuschlafen. Oder sie aß abends allein in ihrer winzigen Küche und erinnerte sich daran, wie lange Daniel und sie stets am Tisch gesessen und geredet hatten.
    Sie ließ bewusst kein Telefon installieren. Das hätte es ihr zu einfach gemacht, Daniel anzurufen. Als die Vorlesungen und Seminare begannen, stürzte sie sich erleichtert ins Studium.
    Den anderen Studenten fiel auf, dass sie sich verändert hatte. Die umgängliche, vielleicht etwas zurückhaltende Miss Whitfield war verschlossen geworden. Sie sprach nur, wenn sie eine Frage stellen oder beantworten musste. Wer am späten Samstagabend an ihrer Wohnung vorbeifuhr, sah unweigerlich, dass bei ihr noch Licht brannte. Selbst den Professoren fielen die Schatten unter ihren Augen auf. Jede Frage blockte sie mit höflicher, aber unerbittlicher Zurückhaltung ab.
    Die Tage verliefen nach einem eintönigen Muster, doch das war ihr nur recht so. Wenn sie hart genug, lange genug arbeitete, konnte sie wenigstens sechs Stunden traumlos schlafen.
    Ein goldener September breitete sich über Connecticut, aber Anna bemerkte nicht einmal, mit welch wunderbaren Farben sich das Laub schmückte, stattdessen vertiefte sie sich in medizinische Lehrbücher und Anatomie-Klassen. Früher hatte sie immer Zeit gefunden, um ihre Umgebung zu bewundern, aber wenn sie jetzt einen Blick auf die Farbenpracht um sich herum warf, sah sie nur eine Klippe über dem Meer und die Wellen, die heranrauschten. Und für einen kurzen Moment, bevor sie sich zusammenriss, fragte sie sich, ob Daniel wohl schon sein Haus baute.
    Um sich zu schützen, hatte sie sogar den Kontakt zu Myra vermieden, auch wenn die Freundin ihr lange, besorgte Briefe sandte. Erst als das Telegramm eintraf, wurde ihr klar, dass sie sich nicht ewig verstecken konnte.
    Wenn Du nicht willst, dass ich in 24 Stunden vor Deiner Tür stehe, ruf an. Stop. Myra. Stop.
    Anna wühlte es zwischen ihren Aufzeichnungen über den Herzkreislauf hervor und betrat, mit Kleingeld bewaffnet, die Telefonzelle in der Cafeteria.
    »Hallo?«
    »Myra, wenn du vor meiner Tür stehst, wirst du auf der Fußmatte schlafen müssen. Ich habe kein Gästebett.«
    »Anna! Gott sei Dank! Ich hatte schon gedacht, du
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