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Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals

Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals

Titel: Die MacGregors 05 - Stunde des Schicksals
Autoren: Nora Roberts
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wärst in den Atlantik gefallen.« Anna hörte das Klicken eines Feuerzeugs und einen tiefen Atemzug. »Immerhin wäre das besser zu verkraften gewesen, als zu glauben, dass du unhöflich genug bist, um meine Briefe nicht zu beantworten.«
    »Tut mir leid. Ich hatte viel zu tun.«
    »Du hast dich versteckt«, verbesserte Myra unverblümt. »Solange du dich nicht vor mir versteckt hast, toleriere ich das. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
    »Es geht mir gut.«
    »Natürlich.«
    »Nein, es geht mir nicht gut«, gestand Anna, weil es Myra war. »Aber ich bin wirklich beschäftigt. Ich stecke bis über beide Ohren in Büchern und Aufzeichnungen.«
    »Hast du Daniel angerufen?«
    »Nein, das kann ich nicht.« Anna schloss die Augen und legte die Stirn an das kühle Metall des Telefons. »Wie geht es ihm? Hast du ihn gesehen?«
    »Gesehen? An dem Abend, an dem du ihn verlassen hast, ist er fast durchgedreht. Er hat Herbert und mich um zwei Uhr morgens geweckt und wollte wissen, wo du bist. Herbert hat ihn beruhigt. Der Mann ist einfach erstaunlich – Herbert, meine ich. Seitdem haben wir ihn kaum zu Gesicht bekommen. Er ist oft in Hyannis Port auf der Baustelle seines Hauses.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen.« Er würde sehen wollen, wie das Haus wuchs.
    »Anna, wusstest du, dass er Cathleens kleinen Auftritt auf eurer Party mitbekommen hat?«, fragte Myra besorgt.
    »Nein.« Anna schüttelte den Kopf. »Nein, das hat er mir nicht erzählt. Oh …« Sie erinnerte sich an den Zorn, den er nur mühsam gebändigt hatte. Das erklärte eine Menge.
    »Er hat Herbert gesagt, dass er ihr am liebsten den dürren Hals umdrehen würde. Ich fand die Idee gut, aber Herbert hat es ihm ausgeredet. Daniel ist offenbar der Ansicht, dass er dich vor Beleidigungen schützen muss. Das ist ja wirklich süß von ihm, aber ich denke, wir können auf uns selbst aufpassen.«
    »Ich kann Daniel nicht heiraten, nur um nicht beleidigt zu werden«, murmelte Anna.
    »Natürlich nicht. Aber er hat sein Herz am rechten Fleck. Er liebt dich, Anna.«
    »Nur einen Teil von mir.« Sie schloss die Augen und beschwor sich, stark zu bleiben. »Tut mir leid, dass er euch da mit reingezogen hat. Ich hätte es wissen und verhindern müssen.«
    »Oh bitte, Anna. Du weißt doch, wie gern ich mich in so was hineinhänge. Anna, möchtest du darüber reden? Soll ich kommen?«
    »Nein. Jedenfalls noch nicht.« Anna rieb sich die Schläfen und rang sich ein Lachen ab. »Ich bin froh, dass ich deine Briefe nicht beantwortet habe. Mit dir zu sprechen hat mir gutgetan.«
    »Dann gib mir deine Nummer. Es gibt keinen Grund, warum wir nicht miteinander reden können.«
    »Ich habe kein Telefon.«
    »Kein Telefon?« Myra klang entsetzt. »Anna, Liebling, wie überlebst du das?«
    Diesmal lachte sie wirklich. »Du wärst noch schockierter, wenn du meine Wohnung sehen könntest.« Sie fragte sich, ob Myra je verstehen würde, warum sie die Nachmittage mit einem Dutzend anderer Medizinstudenten und einer Leiche verbrachte. Aber manche Dinge blieben besser ungesagt. »Hör zu, ich verspreche, ich setze mich heute Abend hin und schreibe dir einen langen Brief. Und nächste Woche rufe ich wieder an.«
    »Na gut. Noch einen Rat, Anna. Daniel ist ein Mann. Also hat er von Anfang an schon mal einen Punkt gegen sich. Vergiss das nicht.«
    »Danke. Grüß Herbert von mir.«
    »Mache ich. Und denk an den Brief, ja?«
    »Gleich heute Abend«, versprach Anna. »Bis bald, Myra.«
    Als sie einhängte, fühlt sie sich zum ersten Mal seit Wochen wirklich ruhig. Mit ihrer Abfahrt aus Boston hatte sie ihr eigenes Leben in die Hand genommen. Sie hatte eine eigene Wohnung angemietet, sich nach ihrer eigenen Zeitplanung für die Kurse eingetragen. Sie war jetzt selbst verantwortlich für Erfolg oder Scheitern, aber sie war nicht glücklich. Dafür war sie auch selbst verantwortlich, wie sie sich erinnerte, als sie den Korridor zurücklief. Es war an der Zeit, sich den Entscheidungen, die sie getroffen hatte, zu stellen. Und wenn sie allein leben musste – wie es aussah –, würde sie eben das Beste daraus machen.
    Ein Blick auf ihre Armbanduhr sagte ihr, dass ihr noch zehn Minuten bis zum nächsten Seminar blieben. Solange würde sie ins Freie gehen und das schöne Wetter genießen, anstatt die Nase ins Lehrbuch zu stecken.
    Draußen sah sie die Symphonie der Farben, die sie seit Wochen ignoriert hatte. Sie sah ihre Kommilitonen, die zum nächsten Seminarraum schlenderten oder sich auf
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