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Die Luecke im Gesetz

Die Luecke im Gesetz

Titel: Die Luecke im Gesetz
Autoren: Ingo Lenssen
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meinen Mandanten Irina K. und Stefan K. Sie hatten ein Berliner Testament aufgesetzt, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt hatten. Aber nun saßen sie vor mir, da sie gehört hatten, dass diese Lösung nicht unbedingt die beste sei, und wollten Näheres wissen. Das Ehepaar hatte zwei Kinder und ein Vermögen in Höhe von je 1.000.000,- €.
    Ich habe den beiden von dem Berliner Testament abgeraten, da Irina K. und Stefan K. durch dieses Testament die Möglichkeit geraubt wird, Erbschafts-Steuerfreibeträge gänzlich auszuschöpfen. Der Erbschafts-Steuerfreibetrag bei einem Ehegatten beträgt 500.000,- €, bei jedem Kind 400.000,- € (siehe Tabelle 2, S. 46). Würden sich also die beiden Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, so müsste jeder einen Betrag in Höhe von 500.000,- € versteuern. Dies natürlich nur für den Fall, dass die Kinder ihren Pflichtteilsanspruch nicht geltend machen. – Im Normalfall gehen intakte Familien davon aus, dass der Pflichtteil von den Kindern nicht eingefordert wird. – Wenn dem also so ist, dann müssen auf die verbleibenden zu versteuernden 500.000,- € 15 Prozent Erbschaftssteuer bezahlt werden, was immerhin einen Betrag in Höhe von rund 75.000,- € ausmacht. (Siehe Tabelle 1, S. 44)
    Ich habe den Ehegatten geraten, sich in ihrem Testament jeweils zu ½ einzusetzen und die Kinder mit jeweils ¼ zu bedenken. Mit diesem Testament müssen keinerlei Erbschaftssteuern bezahlt werden.
    Merke: Vererben Sie steuerbewusst, denn der Staat nimmt gern.
10. Testament und Ergänzungspfleger oder:
Der Fremde in der Familie
    Andrea S. war völlig verzweifelt. Vor Kurzem war ihr 35-jähriger Ehemann verstorben. Niemand hatte mit seinem Tod gerechnet, ein Herzinfarkt hatte ihn ins Grab gebracht. Andrea S. war nun mit ihrem 5-jährigen Kind allein. Ihr Mann war selbstständiger Handwerker gewesen. Das einzige Vermögen, das die Familie besaß, war ein noch nicht abbezahltes Einfamilienhaus. Aufgrund der geringen Witwenrente, die Andrea S. jetzt erhielt, war sie sich sicher, dass sie das Einfamilienhaus nicht würde halten können. Sie muss­te es verkaufen. Das wollte sie auch, aber es wurde ihr verboten. Und deshalb war sie bei mir.
    Wer konnte ihr verbieten, das eigene Haus zu verkaufen? – Es war der Ergänzungspfleger des Amtsgerichts.
    Andrea S. hatte mit ihrem Mann nämlich kein Testament verfasst, sie waren ja noch jung und hatten nicht an einen möglichen Todesfall gedacht. Aus diesem Grunde trat die gesetzliche Erbfolge ein. Die gesetzlichen Erben des 35-jährigen Ehemanns waren Andrea S. zur einen Hälfte und ihr 5-jähriger Sohn zur anderen Hälfte. – Sicherlich so, wie es ihr verstorbener Mann auch gewollt hätte.
    Doch für all die Fälle, in denen Andrea S. für ihren 5-jährigen Sohn ein Geschäft abschließen wollte, das eventuell auch einen Nachteil für den Jungen bedeutete, wurde vom Amtsgericht ein Ergänzungspfleger bestimmt. Und gerade der Verkauf eines Hauses kann für eine Person nachteilig sein, da dadurch von ihrem Vermögen etwas weggegeben wird. Das heißt, die Mutter konnte das Haus nicht einfach verkaufen, weil es ihrem Sohn zur Hälfte gehörte.
    Andrea S. hatte nun auf einmal einen völlig Fremden in ihrer Familie sitzen, der mit darüber bestimmen durfte, was mit dem Eigenheim passieren sollte. Der Rechtspfleger war natürlich nicht sicher, ob der Preis, den Andrea S. vom Immobilienmakler als Angebot für das Haus erhalten hatte, verkehrsüblich war. Er konnte sich kein Urteil darüber erlauben, da ihm die Sachkenntnis fehlte. Deshalb gab er ein Gutachten in Auftrag, mit dem das Haus geschätzt werden sollte. Das Gutachten kostete mehr als 2.500,- €. Bis das Gutachten fertig war, war der erste Verkaufsinteressent schon abgesprungen und ein neuer fand sich lange nicht, da der Verkaufspreis, der sich am Wert des Gutachtens orientierte, zu hoch war. Der Ergänzungspfleger fand erst nach Monaten den Mut, den Preis zu senken. Als das Haus dann endlich verkauft wurde, war der Verkaufspreis der, den Andrea S. ursprünglich veranschlagt hatte. – Nur, dass nun mehrere Monate in Unsicherheit und finanziellem Druck vergangen waren.
    Hätte Andrea S. mit ihrem Mann ein gemeinschaftliches Testament gemacht, in dem sie beide einen Ergänzungspfleger – zum Beispiel den Großvater oder die Großmutter – bestellt hätten, dann wäre der Ergänzungspfleger nicht vom Amtsgericht bestimmt worden. Im Zweifel hätte man sich dann auch die
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