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Die Luecke im Gesetz

Die Luecke im Gesetz

Titel: Die Luecke im Gesetz
Autoren: Ingo Lenssen
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Lebzeiten des Erblassers alles geschenkt wurde, oder sich diese schon alles haben schenken lassen. Ich schlug ihm vor, die Erben aufzufordern, uns über die Schenkungen in den letzten zehn Jahren Auskunft zu erteilen.
    Und so machten wir es auch. Die Auskunft über die erfolgten Geschenke ergab, dass ein Einfamilienhaus und eine Eigentumswohnung gleich nach der Abreise meines Mandanten nach Australien und vor der Bestellung des gerichtlichen Betreuers von der Großmutter an die Erben verschenkt worden waren.
    Der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnete sich nun aus dem tatsächlichen Wert des von der Großmutter bewohnten Hauses und der Eigentumswohnung. Das Haus und die Eigentumswohnung hatten zusammen einen Wert von 900.000,- €, der Pflichtteilsergänzungsanspruch meines Mandanten betrug demnach 150.000,- €.
    Hartmut T. begab sich gleich am nächsten Tag zum Friedhofsgärtner und zum Steinmetz und ließ für seine Großmutter erst einmal einen anständigen Grabstein anfertigen und ihr Grab ordentlich bepflanzen.
    Merke: Es lohnt sich immer nachzufragen, was mit dem Vermögen des Verstorbenen passiert ist – auch wenn man nur der Pflichtteilsberechtigte ist.
2. Der unredliche Sohn
    Natalie K. hatte sich von ihrem ersten Mann scheiden lassen. Dieser Mann hatte sie während der Ehe immer wieder vergewaltigt und gedemütigt. Gleich nach der Scheidung hatte sie eine Therapie angefangen. Das Sorgerecht für ihr Kind wurde ihr damals entzogen, der Sohn blieb beim Vater. Eine normale Beziehung zu ihrem Sohn hat sie nie mehr aufbauen können. Dieser strafte sie durch Missachtung. Er meldete sich nur, wenn er Geld brauchte. Sie hat es ihm oft gegeben, in der Hoffnung, dass er das würdigte. Mittlerweile war er 30, sie 55 Jahre alt.
    Sie bat mich nun um Rat, weil sie überlegte, ihr Testament zu machen. Sie wollte ihre beiden Kinder aus zweiter Ehe als Erben einsetzen, der Sohn aus erster Ehe sollte nur den Pflichtteil erhalten, der auch so gering wie möglich ausfallen sollte.
    Um dies zu bewerkstelligen, riet ich ihr, alle zehn Jahre eine Schenkung an ihre Kinder aus ihrer zweiten Ehe zu machen. Mit solchen Schenkungen kann man Ansprüche vom Pflichtteilsberechtigten verringern. Das heißt, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalles nur noch wenig Geld für die Erben da ist, sind auch die Pflichtteile geringer.
    Merke: Den Pflichtteilsanspruch für Ihre »Liebsten« können Sie vielleicht auf null reduzieren. Lassen Sie sich im Zweifel beraten.
3. Helena S. und die bösen Kinder
    Frau S. saß vor mir und schilderte mir ihren Wunsch, unverzüglich in ein Seniorenheim ziehen zu wollen. Das einzige Problem seien ihre Kinder, die dies nicht wollten. Sie hatte aber den Wunsch, sich durchzusetzen, und ich sollte ihr dabei helfen. Zunächst wunderte mich der Wunsch der älteren Dame, denn viele ältere Menschen ziehen ja äußerst ungern in ein Seniorenheim. Da sie aber keine Verwandten in ihrer Umgebung hatte, die sich um sie kümmern konnten, war ihr Wunsch für mich doch nachvollziehbar. Was die Kinder gegen den Wunsch meiner Mandantin haben könnten, erschloss sich mir auf den ersten Blick nicht. Es konnte nur die Angst vor dem Verbrauch der möglichen Erbmasse sein. Denn klar war, dass Frau S. einen Großteil ihres Ersparten für den Heimplatz würde aufwenden müssen.
    Bald war für Frau S. ein schöner Platz gefunden. Nach einiger Zeit, als sie sich schon eine Weile dort eingewöhnt hatte, fragte sie mich, ob sie ihr Testament so schreiben könne, wie sie wolle. Sie wollte ihre Kinder enterben, glaubte dies aber nicht zu können.
    Doch falsch! Sie können Ihr Testament so verfassen, wie Sie es wollen. Ebenso wie Sie selbst bestimmen können, ob und wann Sie in ein Seniorenheim ziehen. Sie können Ihre Kinder auch enterben. Allerdings verbleibt den Kindern ein Pflichtteilsanspruch, der so groß ist wie die Hälfte des Erbanteiles, den das Gesetz vorsieht. Wie hoch dieser Anteil ist, richtet sich immer danach, wer die Erben sind und wie viele es sind. Erben die Ehefrau und zwei Kinder, so ist der gesetzliche Erbteil eines Kindes ¼, der Pflichtteil somit ⅛. War die Ehefrau bzw. Mutter der Kinder schon verstorben, so erben die Kinder jeweils ½, ihr Pflichtteil betrüge somit ¼.
    Frau S. vermachte ihr restliches Vermögen ihrer besten Freundin.
    Merke: Sie können Ihr Vermögen vererben, an wen Sie wollen!
    Aber: Eine kleine Einschränkung ersehen Sie aus nachfolgendem Fall 4:
4. Die Tierliebhaberin
    Theresa Z. lebte allein
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