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Die Lucifer Direktive

Titel: Die Lucifer Direktive
Autoren: Jon Land
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bist doch gerade erst gekommen.«
    »Ich möchte nach Providence zurück.«
    Dans Verletzungen waren gut verheilt. Sein Bein schmerzte nur beim Treppensteigen, und die Armschlinge hatte er bereits vor zwei Tagen abgelegt, obwohl der Bewegungsradius seines linken Arms immer noch ziemlich reduziert war. Quinn musterte ihn kurz und verglich ihn unweigerlich mit dem Jungen, der an jenem Samstag vor drei Wochen in sein Büro spaziert war. Damals waren Lennagins Augen unsicher und furchtsam gewesen. Heute lag immer noch eine Unsicherheit in ihnen, aber die Furcht war verschwunden, einer steinernen Leere gewichen, die von tief innen kam. Die Augen glichen denen eines Mannes, der den Film, den er sich anschaut, schon zu viele Male gesehen hat.
    »Wie war das Briefing?« fragte Quinn.
    »Gründlich und anstrengend, aber sie haben sich bemüht, es mir so angenehm wie möglich zu machen. Sie schienen zufrieden, daß ich nichts verheimlichte.«
    »Das war die Behandlung, die man sonst übergewechselten Spionen angedeihen läßt.«
    »Außerdem haben sie meine Schulden bei der Universität und der Studentenverbindung übernommen. Ich schätze, ich müßte ihnen dankbar sein.« Dan zögerte. »Übrigens, ich bin überrascht, daß Sie Ihren Schreibtisch noch nicht aufgeräumt haben. Was wird aus dem Rückzug in die Privatwirtschaft?«
    »Ich habe nicht den Nerv, jetzt eine neue Karriere anzufangen. Außerdem hat man mich gerade befördert und mir eine fette Gehaltszulage gegeben. Ich weiß zuviel, als daß sie mich laufenlassen könnten. In dieser Hinsicht haben wir beide etwas gemeinsam. Nenn also das neue Büro und die zusätzlichen Bucks Bestechung, wenn du willst, aber ich beklage mich nicht. Zumindest muß ich nicht mehr den Agentenführer spielen.«
    »Ich hatte überhaupt noch keine richtige Gelegenheit, mich bei Ihnen zu bedanken«, sagte Dan lahm.
    »Vergiß es, Kid. Ich bin nach Europa rübergekommen, weil ich wußte, ich bin der einzige, den du kennst und dem du vielleicht vertraust. Und ich meinte, es dir schuldig zu sein. Aber hätte ich vorher gewußt, daß dich nach Hause zu bringen bedeutet, durch den Kugelhagel von zig Maschinengewehren zu rennen und meine Eier aufs Spiel zu setzen, dann hätte ich mich vorzeitig pensionieren lassen und den Schafspelz der Legalität hier und jetzt an den Nagel gehängt. Himmel, bis vor einer Woche waren die einzigen Leute, auf die ich je geschossen habe, aus Pappe und trugen schwarze Ringe auf der Brust.« Quinn schwieg einen Moment. »Du gehst nach Providence zurück? Ganz?«
    »Im Juni wartet das Diplom auf mich, ob ich zurückgehe oder nicht. Man hat mir gesagt, daß ich jeden Abschluß haben kann, den ich will. Nicht daß es wichtig wäre, denn ich sehe mich zum gegenwärtigen Zeitpunkt ohnehin nicht auf den Arbeitsmarkt drängen.«
    »Was wäre die Alternative?«
    »Lucifer.«
    »Lucifer?«
    Dan nickte. »Sparrow hat mir erzählt, der Präsident habe ihn darum gebeten, die Organisation wieder aufzubauen, und vorgeschlagen, mich in das Projekt mit hineinzunehmen.«
    »Wann hat er dir das gesagt?«
    »Vor zwei Tagen.«
    Quinn wirkte verwirrt. »Das ist komisch, denn er trifft sich eben jetzt zum erstenmal mit dem Präsidenten, seit die ganze Chose vorbei ist. Aber ich könnte mir vorstellen, daß sie früher schon mal darüber gesprochen haben.«
    »Klar«, sagte Dan, aber irgendwie wußte er es besser.
    »Ist es das, was du möchtest, Kid, bei Lucifer mitmachen?«
    »Ich weiß nicht, Paul.« Dan wandte sich kurz ab, damit Quinn die Unsicherheit in seinen Augen nicht bemerkte. »Ich weiß nicht, was ich will. In Kairo sagte Koralski, daß man, wenn man diese Art zu leben einmal mitgemacht hat, nie wieder zur Normalität zurückkehren kann. Ich beginne zu verstehen, was er damit gemeint hat. Ich meine, in den letzten paar Wochen gab es Augenblicke, in denen ich mich so lebendig wie nie zuvor gefühlt habe.«
    »Wenn man bedenkt, daß du kurz davor warst, irgendwo in Europa in Fetzen geschossen zu werden, ist das ein verdammt seltsames Gefühl.«
    »Hab' es aber immerhin geschafft, heil zurückzukommen«, sagte Dan optimistisch.
    Quinn betrachtete ihn mit einem traurigen Lächeln. »Vielleicht, Kid. Vielleicht.«
     
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